Wie tot

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Lillys p.o.v.

"Guten Morgen, Lilly!", weckte mich eine muntere Stimme. Eine Stimme, die eindeutig zu fröhlich war zu dieser Uhrzeit. Okay, nicht dass ich wüsste, wie viel Uhr es gerade war, aber mein Körper war nicht bereit, jetzt aufzustehen, also sagte das schon alles.

Murrend zog ich mir die Decke über den Kopf.
Doch sogleich wurde sie mir weggezogen. Es war zu früh, als dass ich die Kraft hätte aufwenden können, mich gegen den Deckendieb zu wehren.
Also vergrub ich nur brummelnd den Kopf unter meinem Kopfkissen.

Trotzdem hörte ich ein schweres Seufzen.

"Lilly.", leider war ich nun wach genug, dass ich die Stimme als Olivias identifizieren konnte.
"Ich hab dich ja echt lange schlafen lassen, aber irgendwann musst du nunmal aufstehen."

Ich gab wieder nur ein brummelndes Geräusch von mir.
Dafür, richtige Worte, geschweige denn Sätze zu formulieren, war ich einfach noch zu träge.

Die Matratze sank ein wenig ein, als sich jemand aufs Bett plumpsen ließ.
"Es gibt Frühstück.", sagte Olivia.
"Macella hat ein leckeres Porridge mit Blaubeeren, Granatapfelkernen und Zimt für dich gemacht. Allerdings werde ich es essen, wenn du nicht sofort aufstehst."

Porridge. Blaubeeren. Granatapfelkerne. Zimt. All das drang zu mir durch.
Hm. Das hörte sich wirklich ausgesprochen lecker an.

"Außerdem steht ein frisch gepresster Orangensaft und dazu ein Erdbeershake für dich bereit.", fügte Olivia hinzu.

Okay. Sie hatte es geschafft.
Immer noch müde, aber jetzt richtig wach, zog ich das Kopfkissen von meinem Kopf und fragte:
"Uhr?", mehr Worte wollte mein Mund so früh einfach nicht formen.

Doch das machte nichts, Olivia verstand mich auch so.
Froh, dass sie mich hatte wach kriegen können, lächelte sie mich an.
"Es ist 10:34 Uhr.", antwortete sie.

10:34 Uhr. Erst nach und nach sickerte mir die Uhrzeit in den Kopf. Und dann saß ich plötzlich kerzengerade im Bett.
"Aber heute ist Donnerstag. Schultag. Scheiße, warum hat mein Wecker nicht geklingelt? Wir kommen zu spät zur Schule, Olivia!"

Ich weiß nicht, wieso ich so panisch war. Ich meine, es war ja nicht so, als ob ich liebend gern zur Schule ging.
Und doch wollte ich sie nicht verpassen.
Denn wenn eins noch doofer war als Schule, dann den ganzen Scheiß zu Hause nachzuholen.

"Beruhige dich, Lilly. Wir sind beide krank gemeldet. Gestern hab ich auch schon den Wecker ausgeschaltet.", sagte Olivia in einem sanften Ton.

Fassungslos sah ich sie an. Warum sollte sie so etwas tun?
Sie musste mir die Frage vom Gesicht abgelesen haben, denn sie zuckte mit den Schultern und erklärte dann:
"Ich dachte, du brauchst Mal einen Tag Ruhe nach dem...na ja, nach allem, was so passiert ist."

Bei ihren Worten wollte wieder alles über mich hereinbrechen.
Bens Verrat. Meine Entführung. Dieser unglaubliche Schmerz. Die Umarmung und der Flashback.
Wie ich mich von Ben abgewandt hatte.
Wieder wollten die Emotionen mich überschwemmen und zum Meeresgrund der Gefühle hinunterziehen. Doch ich konnte das nicht zulassen.
Wenn ich erst einmal am Grund angekommen war, würde ich nicht wieder hochkommen.
Also kämpfte ich dagegen an, verdrängte alles ganz weit nach hinten.
Schloss die Augen und atmete tief durch.
Es dauerte eine Weile, bis ich die Augen wieder öffnete.

Olivia hatte mich wohl die ganze Zeit beobachtet, denn wieder zeichnete sich Sorge in ihrem Gesicht ab.
So langsam konnte ich das echt nicht mehr sehen.
Also blickte ich weg und fragte:

"Du hast was von Porridge gesagt?"

Olivias p.o.v.

Alle waren schon bei der Arbeit oder wegen was anderem aus dem Haus, weswegen Lilly und ich allein am Esstisch saßen.
Ich hatte bereits gefrühstückt, aß jetzt aber noch einen leckeren Schokopudding, den Macella gemacht hatte.

I wanna be free, MateWhere stories live. Discover now