Gekidnappt

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Lillys p.o.v.

Ich fühlte mich schwerelos. Um mich herum war nichts als Dunkelheit. Tiefschwarze, tröstende Dunkelheit.
Vielleicht sollte ich mich fürchten, aber das tat ich nicht. Im Gegenteil, ich fühlte gar nichts.
Alles war ganz weit entfernt, es war so ähnlich wie dieser kurze Zustand zwischen Wachen und Schlafen, wo einem die Realität noch nicht bewusst war.
Es war friedlich hier. Keine Probleme und keine Sorgen weit und breit.

Na ja, zumindest bis diese Dunkelheit Risse bekam.
Ich wollte nicht aus ihr auftauchen. Wollte diesen Frieden noch ein wenig länger genießen.
Doch ich konnte nichts dagegen tun.
Die Realität brach sich durch die Dunkelheit um mich.

"...ich nicht! Ausgerechnet hier? Sie werden ihr folgen und dann sind sie bei unserem Hauptversteck! Was sollen wir dann tun, hm? Es wird sich nicht so schnell ein anderer Ort finden lassen, der so gut geeignet ist! Was zum Teufel hast du dir nur dabei gedacht?!"

Die Stimme klang aufgebracht. Die Person schrie bestimmt, doch trotzdem hörte ich sie nur geschwächt, als würde die verbliebene Dunkelheit um mich herum wie Watte in meinen Ohren wirken.
Dennoch wurde ich mir von Sekunde zu Sekunde meiner Umwelt bewusster.

"Gott, Karl, reg dich nicht so auf! Es war die perfekte Gelegenheit! Die musste ich einfach ergreifen. Und ich hab aufgepasst, hab ihre und meine Spuren akribisch verwischt. Sie werden uns nicht finden. Und auch wenn sie nicht der Sohn des Alphas ist, kann sie uns von Nutzen sein.", entgegnete eine andere Stimme in einem versöhnlichen Ton.

Zwar drangen die Worte zu mir durch, doch ihre Bedeutung verstand ich nicht.
Dafür war ich noch zu geschwächt, noch nicht bei vollem Bewusstsein.

Erst langsam erkannte ich, dass ich fror.
Um mich herum war es kalt. Ich lag auf etwas Hartem. Bevor ich die Augen öffnete, schnupperte ich zuerst leicht.
Es roch wie in einem alten Keller.
Vorsichtig öffnete ich die Augen.
Um mich herum waren kahle Wände. Der Raum war klein, maß vielleicht höchstens 5 Quadratmeter.
An einer Stelle der Wand war eine Tür.

Leise stand ich auf. Tatsächlich ging es mir körperlich ziemlich gut. Dank sei meinen Werwolfsgenen.
Seelisch allerdings...jetzt, wo ich nicht mehr bewusstlos war, stürmte plötzlich alles auf mich ein. All die Geschehnisse der letzen Stunden zeichneten sich vor meinem inneren Auge ab. Wie Damien gesagt hatte, Ben hatte mit ihm gesprochen, hinter meinem Rücken. Wie ich Ben dabei erwischt hatte, wie er meine Privatsphäre verletzte.

Ich wollte nicht daran denken müssen. Also schob ich das alles erst einmal ganz weit weg. Darum konnte ich mich jetzt nicht kümmern. Zuerst musste ich hier rauskommen.
Ich ging langsam auf die Tür zu und drückte dann die Klinke hinunter, ganz vorsichtig, um ja keinen Laut zu riskieren.
Doch die Tür ging nicht auf. Sie war offensichtlich abgeschlossen. Natürlich.
Ich war nun wohl eine Gefangene.
Scheiße. Als hätte ich nicht genug Probleme.

Entkräftet ließ ich mich auf den Boden plumpsen, plötzlich war es mir egal, ob man mich hörte.
Tiefe Hoffnungslosigkeit durchflutete mich.
Das geschah mir wohl nur Recht, oder?

Dass ich gefangen genommen wurde, genau zu diesem Zeitpunkt.
Das musste bestimmt vorherbestimmt sein.
Hoffentlich setzten meine Geiselnehmer meinem wertlosen Leben ein Ende.
Ich würde sie nicht daran hindern.
Denn Mal ehrlich, ich brachte doch nur Schmerz.
Meinem Mate war ich keine gute Freundin.
Meine Eltern hatte ich auch enttäuscht, indem ich damals abgehauen bin.
Ganz zu schwiegen von den vielen Leuten, denen ich früher Schmerzen hinzugefügt hatte.

Wieder machte ich mich ganz klein, rutschte in eine Ecke und gab mich meinem Schicksal hin.
Ich kämpfte nicht mehr. Ich gab auf.
Darin war ich wohl am besten.
Darin, aufzugeben. Das hatte ich schließlich schon immer getan.
Denn ich hatte nicht gegen die Angst angekämpft. Hatte nicht gegen Damien angekämpft.
Nein, ich war schon immer nur schwach gewesen.
Ich hatte es auch jetzt nicht geschafft, Ben alles zu erzählen.
Ich hatte unsere Beziehung zerstört, bevor sie richtig hatte anfangen können.
Hatte die Angst einfach nicht besiegen können.

I wanna be free, MateWhere stories live. Discover now