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„Wo ist Luke?", fragte ich, als ich neben James meine üblichen Runden lief. Er war derjenige der mich heute Morgen unsanft aus meinem Schlaf gerissen hatte.

„Hat noch n Termin.", antwortete er knapp, als wir in den Trainingstrakt einbogen und ich beschloss, es darauf zu belassen.

Das Training verlief nicht besonders ereignisreich. Ich war nicht sonderlich gut, aber zur Abwechslung wurde ich nicht von Kindern halb so alt wie ich vorgeführt.
Die Tür der Halle knallte beabsichtigt laut ins Schloss. Die wenigen Leute in der Halle drehten sich zum Eingang, darunter auch ich, was James nutzte um mich zu Fall zu bringen und Ashton um mich festzuhalten.

Luke schien nicht sonderlich begeistert zu sein, als er auf uns zu kam.
„Und?", fragte James, während Ashton mich wieder losließ, ohne mich aber vorher nochmal unsanft zurück auf den Boden zu schubsen. Ich pustete eine Haarsträhne aus meinem Gesicht und warf ihm einen genervten Blick zu, bevor ich mich aufsetzte.
Luke schüttelte nur den Kopf.
„Sie ahnt was."

„Hat sie..?", brachte sich nun Ashton mit ein.
„Versucht.", Luke machte eine Pause. „Aber hat nicht ganz so funktioniert.", er grinste schwach.

An diese Lückentexte gewohnt, machte ich mir gar nicht erst die Mühe nachzufragen, sondern verdrehte stattdessen mehr als dramatisch meine Augen.

„Wie läufts sonst?", er nickte in meine Richtung.
„Gar nicht so schlecht. Mit noch ein bisschen Training wird da was draus. Allerdings lässt sie sich gerne ablenken. Vor allem von dir." Ich schnaubte und trat ihm gegen sein Bein, sofern das im Sitzen möglich war. James lachte aber nur.

„Ja, hab ich auch schon gemerkt.", Luke verschränkte die Arme.
Arrogantes Arschloch.





„Darf ich mich vorstellen. Edward.", er reichte mir die Hand, als ich völlig erschöpft aus der Simulation trat. Ich war gut im Umgang mit den verschiedenen Waffen. Luke wusste das und forderte mich dementsprechend.
Etwas verwirrt schüttelte ich sie. Ich war ohnehin nicht besonders gut mit Namen, warum ich mir also ständig neue merken musste, konnte ich absolut nicht nachvollziehen.

„Ich bin beeindruckt. Das scheint dir ziemlich gut zu liegen. Oder vielleicht hat Luke dir es einfach nur gut beigebracht."

Ich lächelte ein bisschen bedröppelt, da ich immer noch nicht wusste, wer das war, der da vor mir stand und was er von mir wollte.
„Glaubst du echt, sie ist bereit?"

Luke, der bis jetzt mit den Händen auf dem Rücken verschränkt, unsere kurze Interaktion beobachtet hatte, brachte sich nun mit ein.

„Wenn nicht", er seufzte. „werden wir improvisieren müssen."
Luke biss sich auf die Lippe, nickte aber dann ergeben. „Mitkommen."

Wir betraten einen Raum im Trainingstrakt, der mir trotz seiner zahlreichen Sicherheitsvorkehrungen bisher noch nicht aufgefallen war. Zielstrebig nahm er eine Jacke und eine Hose von verschieden Bügeln, sowie ein dünnes, langärmeliges Oberteil durch das zwischendurch feine, silberne Fäden liefen, die man nicht auf den ersten Blick erkennen konnte. Achtlos warf er mir alles zu und ging auf eine  Schränkesammlung zu, aus denen er einige kleinere Dinge nahm, allerdings für sich behielt.
Bestimmt schob er mich schnell wieder heraus und durch die Gänge zu meinem Zimmer.

„Ich komm dich Freitag um viertel vor fünf abholen. Sei fertig!"
Ohne sich noch einmal umzudrehen, ließ er mich verwirrt zurück.




Zu sagen, dass ich nervös war, wäre bodenlos untertrieben gewesen. Mein Herz pochte so wild, dass ich dachte, es käme mir aus dem Hals raus, als ich mit der gesamten roten Garde in ein kleines schwarzes Flugzeug stieg und mich neben James setzte.
Es war eine kleine Übungsmission hatte Edward gesagt. Wir würden nur ein bisschen für Unruhe sorgen und nach Veränderungen in der Stadt Ausschau halten. Hier und da kleine Zettel verteilen und Graffitis versprühen.
Es waren bei weitem nicht alle damit einverstanden gewesen, dass ich mitkam. Vor allem Ryder hatte ziemlich offensichtlich etwas dagegen. Ich sei unter anderem zu inkompetent und unsportlich. Er und andere zogen über mich her, als würde ich nicht direkt vor ihnen stehen und alles mitanhören. Überrascht war ich nicht, leicht verletzt schon, dass einige so wenig von mir hielten, dass sie sich aktiv gegen mich stellten.

Am Ende war zu meiner Überraschung Luke derjenige der die Diskussion beendete, indem er sich für mich aussprach. Ryder schenkte mir daraufhin einen Todesblick aber wagte es genau wie die anderen nicht, ihm zu widersprechen, wobei mir durchaus auffiel, dass auch die, die still geblieben waren, nicht auf meiner Seite waren.

Die letzten Tage war ich intensiv darauf vorbereitet worden und vor allem für Parcours wurde ich bis spät in die Nacht nicht aus der Halle gelassen und hatte einiges an Selbstbewusstsein dazu gewonnen.
Dies war allerdings nun wie verflogen, als ich nun in der schwarzen Uniform nervös alles zurechtzupfte.
Man hatte mir mehrmals versichert, dass ein Großteil daran kugelsicher war und selbst einigen speziellen Waffen der Wachen standhielt, allerdings war das noch lange keine Garantie dafür, dass ich es unverletzt oder überhaupt lebend wieder zurück schaffte.

„Du siehst beunruhigt aus.", grinste James, schien aber keine Antwort zu erwarten.
Ich öffnete meine Augen und schaute aus dem kleinen Fenster nur um festzustellen, dass in naher Ferne bereits die grellen, kühlen Lichter der Stadt blendeten.
Ich murmelte nur etwas unverständliches und rutschte etwas gerader in meinem Sitz.

„Zwei Minuten. Bereit machen.", ertönte es über den Lautsprecher.
Um mich herum schnallten sich die ersten ab und zurrten ihre Uniformen fest.
„Zwerg!", Luke trat mir leicht gegen mein Schienbein und hielt mir eine schwarze Handwaffe entgegen.

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