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„Wie?", Luke schüttelte seinen Kopf und verschränkte die Arme. Das Loch war deutlich größer, als ich es in Erinnerung hatte.
Ich zuckte nur mit den Schultern.

„Es wird auffallen, wenn wir versuchen es wieder zu reparieren.", er sah mich kurz an.
„Hoffen wir mal, dass dich wirklich niemand gesehen hat.", er machte eine Pause. „Für uns beide." Er bedeutete mir ihm zu folgen.

Wir gingen die Treppen runter zu den Elex-Räumen.
Leicht nervös betrat ich den Raum mit der Aufschrift Ex-13, dicht gefolgt von einem nichts als Ruhe ausstrahlenden Luke.

Er  stellte sich an die Seite und lehnte sich an die Wand an, während ich unbeholfen mitten im Raum stand.

„Dann zeig mal, was du kannst."

Ich schloss kurz die Augen und spürte wie sich mein Blick veränderte, als ich sie wieder öffnete.
Es war wie ein zweites Ich. Ein deutlich selbstbewussteres Ich. Ich konnte alles um mich herum ausblenden und spürte förmlich wie sich das Elex einen Weg durch meine Hand bahnte und meine Handflächen zu glühen begannen. Ein Grinsen zierte mein Gesicht.

~~~

Erschöpft ließ ich die Tür hinter mir zu knallen und presste meine Lippen zusammen. Ich konnte einfach nicht mehr. Mein Atem wurde unruhig und ich merkte wie schon so oft in letzter Zeit, wie sich die erste Träne ihren Weg über meine Wange bahnte.
Was machte ich eigentlich hier? Was war der Sinn dahinter? Jeden Tag quälte ich mich durch das Training, ließ mich von Luke anschnauzen und brach abends zusammen, aber für was überhaupt?
Ich wollte nicht hier sein. Wollte es nie wirklich.

Meine Brüder waren das einzige, was mich wirklich hier hielt und die schienen tot. Natürlich war es nicht sicher, aber ich versuchte es mir selber schonend beizubringen, dass nicht alles immer so läuft, wie man es sich wünscht.

James und Kat würde ich wahrscheinlich vermissen. Sie sind mir mit der Zeit ans Herz gewachsen.
Wenn ich ganz ehrlich zu mir wäre, würde ich zugeben, dass auch Luke auf dieser Liste stehen würde. Aber das musste er nicht wissen. Das würde seinem Ego viel zu gut tun. Immer mehr Tränen tropften langsam meine Wangen runter.
Nur Personen hielten mich hier fest. Ich hatte keine eigenen Gründe. Ich öffnete die Augen.

Ich musste hier weg. Jetzt.

Ich sprang auf und zog mir einen Pullover über.
In einen Rucksack warf ich nur schnell das nötigste rein. Die Zeiten in denen die Wachen an bestimmten Gängen vorbeigingen, hatte Luke mir oft genug eingetrichtert und so kam es, dass ich schnell die leeren Gänge entlang lief, bis ich an dem Lüftungsschacht ankam, den ich schon öfters beäugt habe, als ich mit Luke dran vorbei gelaufen war, da er ziemlich groß schien.

Mit einem letzten Blick in beide Richtungen, machte ich mich an dem Gitter zu schaffen und began eine dünne Leiter hochzuklettern, die es in sich hatte, da wir deutlich tiefer unter der Erde waren als ich gedacht hatte. Erleichtert atmete ich aus als ich das Ende erreicht hatte und nichts als Stille hören konnte.
Vorsichtig entfernte ich das Gitter und lächelte als ich realisierte, dass ich mich in eine Art Wald befand. Endlich war ich frei.

Mehr als Vorsichtig begann ich einfach loszugehen. Ich hatte keine bestimmte Richtung im Kopf, was eigentlich nicht sehr intelligent war. Vielleicht wollte ich einfach hinter die Grenze? Ja. Das war es. Weder zur Regierung noch zu den Rebellen. Ich wollte niemandem angehören. Von niemandem anhängig sein. Uns wurde immer gesagt, dass sich hinter der Grenze nichts befindet, außer der Tod. Wilde Tiere, Mutanten etc. Schon oft hätten es angeblich Menschen versucht und seien grauenvolle Tode gestorben. Das versuchte uns die Regierung zumindest zu erklären, bei den Rebellen ist noch nie ein Wort darüber gefallen, soweit ich mich erinnern konnte.

„Doch, ganz Sicher war da jemand.", einige Stunden war ich jetzt schon Gedankenversunken in der Dunkelheit unterwegs ohne auch nur einem Lebewesen zu begegnen. Um so erschrockener war ich deshalb, als ich Stimmen hörte. Scheiße.
Hektisch blickte ich mich um und kletterte mit Leichtigkeit einen breiten Baum hoch. Vielleicht hatte mir das ganze Krafttraining ja doch was gebracht.

„Nein, hier ist niemand. Wer traut sich denn bitte so weit raus zu kommen? Städter ganz bestimmt nicht.", sprach eine zweite Stimme. Beides Männer.
Ich nahm die zwei Gestalten war, als sie ein paar Meter von meinem Baum entfernt stehen blieben.

„Und Rebellen?", seine Stimme klang verunsichert. Das waren Grenzgänger. Sie waren so etwas wie Normaden, allerdings nicht freiwillig. Sie wurden auf Grund ihres Verhaltens aus der Stadt geschmissen und ziehen normalerweise in kleinen Gruppen durch die Wälder und ehemaligen Städte um zu überleben. Nur leider waren sie auch für ihre Aggressivität bekannt.
„Was sollten die denn hier wollen? Die interessieren sich doch gar nicht für uns."

Ich blickte nach oben. Ob ich noch etwas höher klettern konnte? Vorsichtig zog ich mich an einem Ast hoch, doch als ich meinen Fuß auf einen kleineren Ast darunter setzen wollte, brach dieser plötzlich ab und fiel nur ein paar Meter entfernt von den beiden auf den Boden.

Und jetzt hatte ich ein Problem.

DividedWhere stories live. Discover now