Kapitel 2

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Unsanft wurde ich von einem kräftigen Schlag in meine Rippen geweckt. Mit einem schmerzvollen Stöhnen rollte ich mich zur Seite in der Hoffnung so von der Quelle des Schlages wegzukommen.

Ich blinzelte um mich an das Licht der aufgehenden Sonne zu gewöhnen. Über mir stand ein alter Mann, der… kaum hatte ich das Gesicht des Alten gesehen, lief ich knallrot an und sprang sofort auf meine Beine.

"Na, was machst du denn vor dem Tor zu den Feen, Jungchen?", fragte mich der alte Feenhändler und lächelte mich etwas verwirrt, aber dennoch freundlich an.

"Ich… ich… eh…", stammelte ich ängstlich, bevor ich einmal tief seufzte, um mein rasendes Herz zu beruhigen und dann nochmal zum Reden ansetzte.

"Ich brauche etwas Feenhaar.", trug ich mein Anliegen vor.
Der Alte hob überrascht seine eine Augenbraue.

"Dann bist du einer der Elfen in dessen Dorf der Elfentod ausgebrochen ist?", hakte er nach.

Unsicher nickte ich. Er seufzte nur darauf und nickte.

"Und deshalb hat du versucht hier herein zu kommen?", fragte er mich. Erneut nickte ich.

"Dann kannst du von Glück reden, dass ich heute wieder rein wollte. Denn wenn man nicht selber eine Fee ist und in unser Reich hinein will, hat man keine Chance hinein zu kommen.", erklärte er mir, ging an mir vorbei zum Tor, um wie ich daran zu klopfen.

Doch diesmal erklang kein normales Klopfen, wie es bei mir der Fall war. Es klang so, als würde er eine riesige Glocke läuten. Erstaunt sag ich ihn an, während er zurücktrat und das Tor abwartend ansah. Und kaum fünf Sekunden später begann das Tor sich tatsächlich zu öffnen und zu bewegen.

So als sei ihm plötzlich was eingefallen, drehte er sich mit einem Mal doch wieder zu mir. "Ach ja. Vielleicht sollte ich dich vorwarnen, dass… ist ja auch egal…"

Er hatte nicht einmal seinen Satz beendet, da standen plötzlich fünf bewaffnete Feen um mich herum und hielten ihre Speere auf mich.
Erschrocken stieß ich einen spitzen Schrei aus und zuckte etwas zurück.

"Was willst du hier?", zischte der Kleinste der Wachen. Wobei klein so eine Sache war. Der kleinste Geflügelte überragte mich auch um mindestens einen halben Kopf. Dabei dachte ich, dass Feen eigentlich kleiner wären als die Elfen. Gut ich war nicht gerade groß geraten, aber trotzdem!

"I… ich…", stotterte ich und lief rot an. Nicht einen Satz bekam ich heraus.

Doch zu meinen Glück, kam mir der Fahrende Händler zur Hilfe. "Der Kleine muss zur Königin. In seinem Dorf ist der Elfentod ausgebrochen und er braucht Feenhaar."

Die Wachen warfen ihm skeptische Blicke zu.

"Ist das wahr?", fauchte mich wieder der Kleinste an. Angsterfüllt nickte ich.

"Durchsucht ihn!", befahl der Kleinste, offenbar der Hauptmann der Wachen.

Ich wagte es nicht mich zu bewegen, als die Wachen mich abtasteten. Doch sie fanden bis auf die Pergamentrolle für die Königin, die ich unter mein Obergewand gesteckt hatte, fanden sie nichts. Ich hatte sonst ja auch nichts mitnehmen dürfen.

"Zeig mal her!", befahl der Hauptmann und ließ sich die Rolle geben.

Ohne Abzuwarten brach er das Siegel, dass eigentlich für die Königin bestimmt war, und begann das Pergament zu lesen.

"Nicht… das sollte doch die Königin…", ich ließ meinen Widerspruch einfach fallen. Meine Stimme war zu dünn, als dass ich irgendwas hätte bewirken können.

Aber während der Hauptmann die Rolle las, begann er zu grinsen. Hinterhältig zu grinsen.

Kaum hatte er fertig gelesen, rollte er das Pergament wieder zusammen, gab es mir aber nicht wieder zurück. "Also gut. Ich werde dich zur Königin geleiten. Dann werden wir ja sehen, wie es für dich und dein Dorf weitergehen wird."

Als er das sagte, lief es mir eiskalt den Rücken runter. Klar freute ich mich, dass ich meinen Ziel einen Schritt näher gekommen war, aber so wie er es gesagt hatte, konnte das eigentlich nichts Gutes bedeuten.

Nur hatte ich keine andere Chance als ihm zu folgen.

~

Beeindruckt sah ich mich um, als ich den Wachen folgte. Die Landschaft auf der anderen Seite der Mauer war kein Vergleich zu dem, was ich bisher kannte.

Die ganzen Pflanzen schienen gesünder und farbenfroher um die Wette zu strahlen und wirkten deutlich lebendiger. Dagegen schien die Welt, wie ich sie kannte, in dem Vergleich am sterben zu sein.
Auch die Felder schienen reifer und voller und von den knackigen, großen Früchten, die die Bäume trugen, wollte ich gar nicht erst anfangen.

Die Straße auf der wir uns bewegten war fein und in einem sehr detailreichen Muster gepflastert, wie ich es auch noch nie gesehen hatte. Das musste Monate lang gedauert haben, dachte ich.

Wir waren noch nicht lange gelaufen, als die ersten Häuser in Sicht kamen und dann sah ich auch Recht schnell unseren Zielort.

Groß und majestätisch erhob sich hinter den Häusern der Palast der Königin. Und hatte ich noch eben gedacht der Weg wäre schön beeindruckend gestaltet, so blieb mir bei dem Anblick die Spucke weg.

Die weißen Marmorsteine, die in der Sonne glänzten und die feinen Ornamente, die in diesen Stein geschlagen waren, waren einfach atemberaubend. Jedoch ebenso einschüchternd, dass mein Unbehagen, je näher wir kamen, nur noch weiter wuchs.

Das Getuschel, dass ich von den immer mehr werdenden Feen wahrnahmen, je näher wir an die Häuser herankamen, machte meine Situation auch nicht besser.

Unbehaglich heftete ich meinen Blick auf die Fersen des Hauptmannes, der vor mir lief. Ich hatte immer mehr den Eindruck, dass ich definitiv die falsche Person war, um diesen Auftrag auszuführen. Vor allem da es noch andere junge gesunde Elfen in meinem Dorf gab, die deutlich würdiger gewesen wären, diesen Auftrag durchzuführen. Nicht so ein magieloses Wesen, wie ich es eben war.

Es war reinste Folter so durch die Feenstadt eskortiert zu werden. Fast freute ich mich schon, als wir endlich den Palast erreichten. Doch als ich das gigantische Eingangstor über mir sah, rutschte mir das Herz erst recht in die Hose und ich schluckte.

Die Steine strahlten so eine Macht aus, die nur noch gruselig war. Ich hatte schon eine Ahnung, dass der Weg durch die Stadt noch nicht ansatzweise das Schlimmste von diesem Tag werden sollte.

The Way To Your DestinyWhere stories live. Discover now