Kapitel 20

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Es dauerte nicht lange und der Kobold war wieder da. Er hatte wie auch die Nacht davor irgendwelche Kräuter eingesammelt und hatte auch wieder einen hohlen Ast gefunden.

Doch diesmal setzte er keinen Tee an. Ein Feuer hatten wir ja eh keins entfacht. Er packte die Kräuter in den hohlen Ast, nahm einen weiteren Stock der am Boden lag und begann die Kräuter zu zerstampfen.

"Woher weißt du so viel über Kräuter?", fragte ich, ihn bewundernd.

Er sah kurz auf, bevor er weiter stampfte. Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht.

"Meine Mutter ist die Kräuterkundige, von dort wo ich herkomme. Kräuterkundige sind bei uns das, was bei euch die Heiler sind.", erklärte er.

"Mein Bruder hat tatsächlich auch diese Gabe vererbt bekommen, in diesem Bereich so aufzugehen. Ich leider nicht so ganz.", zuckte er mit den Schultern und begann dann zu lachen.

"Ehrlich gesagt, war ich das komplette Gegenteil. Ich komme eher nach meinem Vater und mich reizt die Ferne. Mich reizt das Abenteuer, die Wildnis um mich herum, der Nervenkitzel von einem Diebeszug...", seine Augen funkelten nur so vor Leidenschaft.

Ich war beeindruckt. So etwas hatte ich in dieser Art und Weise so noch nie beobachten können.

"Naja... Aber ich komme halt auch in der Hinsicht nach meinem Vater, dass ich mir manchen Risiken erst zu spät, nein... viel zu spät bewusst werde und mich dementsprechend auch schon mehr als einmal verletzt habe. Meine Mutter hatte das irgendwann nicht mehr eingesehen, dass ich tagelang meine offenen Wunden nach Hause getragen habe, nur dass sie sich dann um die schlimmeren Folgen kümmern musste...
Jedenfalls hatte ich dann von ihr und meinem Bruder ein Crashkurs bekommen, wie ich mich im schlimmsten Fall selbst verarzten kann. Und so langsam habe das Gefühl, dass das eine mehr als richtige Entscheidung war. Immerhin kann ich so mich auch um dich kümmern und deine Leiden etwas erträglicher machen.", zwinkerte er mir zu.

Ich errötete wieder und sah zur Seite. Ich verstand es immer noch nicht, warum er mir so sehr half und unterstützte.

"So..." Offensichtlich war er mit seiner Pampe fertig und stellte sie beiseite.

"Was machst du da?!" Entsetzt sah ich ihn an, als er plötzlich ohne Vorwarnung sein Hemd auszog und es anfing in Streifen zu reißen.
Verwundert sah er mich an.

"Ich brauche irgendwas womit ich den Kräuterbrei gleich fixieren kann. Und sind wir ehrlich? Ich brauche mein Hemd deutlich weniger als du deins.", zuckte er mit den Schultern, als wäre das das normalste der Welt.
Ich konnte den Typ echt nicht begreifen...

Mein Blick blieb an seinem Oberkörper kleben und ich schluckte trocken. Ich hatte noch nie ein anderes Wesen so... freizügig gesehen und bei allen guten Göttern, war der Kobold vor mir gut gebaut.
Scharf zeichneten sich seine Muskeln unter seiner Haut ab, die von Kraft und Ausdauer zeugten.
Wenn ich ihn so sah, schämte ich mich fast schon für meinen Körper...

"-min, hörst du mir überhaupt zu?", hörte ich seine Stimme irgendwann zu mir durchdringen.

Ich schüttelte den Kopf, um wieder meiner Gedanken Herr zu werden und sah zu dem Kobold, der mich belustigt musterte.

"Wenn du fertig mit Starren bist, solltest du zumindest deine Rippen so frei machen, dass ich mir die Mal anschauen kann.", grinste er mich an.

Ich merkte wie ich rot anlief, wandte mein Blick ab und begann, wie befohlen, mein Hemd hoch zu rollen, um meine linke Seite, wo ich den Tritt abbekommen hatte, frei zu legen.

Nur bekam ich meinen linken Arm vor Schmerzen kaum hoch. So gut es ging raffte ich mein Hemd hoch und versuchte es unter meine Achsel zu klemmen.
Der Kobold beobachtete meine Bemühungen und schüttelte seinen Kopf.

"Das hat so keinen Sinn. Komm ich helfe dir.", beschloss er, griff an den Saum meines Hemdes und zog es vorsichtig mir über den Kopf.

Auch wenn mir bewusst war, dass er mich im Endeffekt nicht nur einmal schon komplett nackt gesehen hatte, wurde ich knallrot. Ich wusste echt nicht mehr was ich denken oder fühlen sollte.

Stumm betrachtete der Kobold die Stelle wo ich getreten wurde.
"Das sieht echt übel aus...", murmelte er mehr zu sich.

Jetzt linste ich dann doch auch vorsichtig zu meiner Seite und riss geschockt meine Augen auf.
Eine nicht gerade kleine Stelle hatte sich schwarz- rot gefärbt.
So übel hatte es mich bisher auch noch nie erwischt... Ich schluckte.

"Darf ich?", mein Gegenüber wartete kurz, bis ich langsam nickte.

Dann legte er seine Hand vorsichtig auf die Stelle und begann sanft meine Seite abzutasten. Seine Berührungen ließen meine Haut unter seinen Fingern kribbeln und jagten mir Gänsehaut über den Rücken. Er war zwar ausgesprochen vorsichtig, aber ich verzog dennoch mein Gesicht vor Schmerzen. Die Stelle tat einfach zu sehr weh.

"Würde mich nicht wundern, wenn der Elfant dir tatsächlich die Rippen gebrochen hat.", knurrte er leise.

Ich sah ihn irritiert an. "Elfant?"

Er hielt in seiner Bewegung kurz inne, als er nach dem Kräuterbrei griff und fing dann an zu lachen.

"Ach so.", er wandte sich mir zu und grinste mich verlegen an.

"Das ist eines der Koboldslang- Worte für die Elfen. Im Endeffekt eine Kombination aus Elf und Elefant. Weil sind wir Mal unter uns... Ihr Elfen stellt euch schon im Vergleich zu uns an wie Elefantentrampel. Vor allem wenn es um Geschicklichkeit geht.", lachte er.

Ich saß nur vor ihm und schwieg. Keine Ahnung, was ich jetzt darauf antworten sollte.

"Aber keine Sorge, ich finde du bist ganz sicher kein Elfant.", grinste er mich an.

"Eh... Danke?", murmelte ich unsicher.

Ich wusste, dass er das wirklich ernst meinte und nicht nur sagte, weil es ihm unangenehm war. Allerdings machte es das nicht wirklich besser.

"Aber das Arschloch von heute Mittag war auf jeden Fall einer..." Er wurde wieder ernst und wandte sich wieder meiner Verletzung zu.

Vorsichtig nahm er etwas von dem Brei und strich ihn auf mein gewaltiges Hämatom. Augenblicklich spürte ich eine kühlende Wirkung und seufzte leicht auf.

Ich sah wie sich ein sanftes Lächeln auf die Lippen des Kobolds schlich. Aber unbeirrt dessen, trug er noch den Rest auf und nahm dann die Stoffstreifen aus seinem Hemd und begann meine Seite zu bandagieren. Nach ein paar Minuten war er fertig.

"Geht das so?", fragte er mich.
"Tut es dir irgendwie weh, oder ist es locker genug?"

Ich spürte kurz in mich hinein.

"Sitzt glaube ich ganz gut.", antwortete ich ihm.
"Sitzt zwar gut fest, aber tut nicht weh."

"Perfekt, das wollte ich hören.", lächelte er und stand auf, um den Rest, der von seinem Hemd übrig geblieben war in der Quelle nass zu machen und einmal auszuwringen.

Er reichte mir den nasskalten Lappen und deute auf sein Gesicht.
"Halt dir das auf die Schwellung im Gesicht, das tut dann auch ganz gut."

Ich folgte seinem Rat und seufzte auf. Das tat so gut...

Ich ließ mich vorsichtig auf den Boden sinken und legte mich hin, meinem Körper wieder Ruhe gebend.

"Danke Hyung.", nuschelte ich durch den Lappen vor meinem Mund. Es war keine Frage, dass er der offensichtlich Ältere von uns beiden war.

Ich spürte etwas durch meine Haare streichen. Ich blinzelte und sah den Kobold über mir lächelnd sanft meinen Kopf kraulen.

"Nicht dafür, Kleiner."

Ich schloss meine Augen und genoss diese ungewohnte Berührung, die sich in keinster Weise schlecht anfühlten. Hätte er länger weiter gemacht, wäre ich wohl schnell eingeschlafen, doch nach nur wenigen Minuten hörte er abrupt auf, dass ich verwirrt meine Augen öffnete.

Zuerst verstand ich nicht was ihn störte, doch ich folgte seinem Blick in den Himmel und hörte es dann auch.

Ein leises sirrendes Geräusch, dass sich nach Feenflügeln anhörte.

The Way To Your DestinyWhere stories live. Discover now