Kapitel 5

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Seoyeon führte mich aus dem Raum, in dem ich aufgewacht war. Doch hier außen erkannte ich nach wie vor kaum etwas. Es gab kaum Lichtquellen und wenn doch, sah ich hauptsächlich Felswände oder so bunt gemauerte Wände, wie ich auch im Raum hatte. Nur vereinzelt ließ sich noch so etwas wie Moos erahnen.

"Vielleicht zur Erklärung, wo wir sind...", fing der Ältere an zu erzählen, wie er mich durch die Steine führte.

"Wie du dir vermutlich schon denken kannst, befinden wir uns hier in einer Höhle. Deswegen ist es hier mit der Verfügbarkeit von Licht eher so bedingt nur möglich.", erklärte er.

"Aber da wir hier unten überhaupt leben können und das relativ gut, nehmen wir dieses kleine Übel in Kauf. Wenn die Königin wüsste, dass alle, die sie tot sehen will hier unten fröhlich miteinander hausen... Ich will es mir lieber nicht ausmalen." Er schüttelte den Kopf. Ich sah ihn an.

"Dann... Wurde ich wirklich dieses Loch herunter geworfen... Und ihr dann auch?", fragte ich ihn.

"Ja, ja.", antwortete er und nickte. "Im Endeffekt wirft die Kröte hier jeden herunter, der ihr nicht passt. Wobei es halt doch dann die sind, mit denen sie etwas wichtiges zu tun hat. Das normale Fußvolk bekommt das eigentlich nicht ab. Deswegen bin ich gleich auf deine Geschichte gespannt, wie es vor allem ein Elf geschafft hat, zum einen ins Reich zu kommen und dann gleich die Königin so zu verärgern, dass du bei uns landest.", lachte er leise.

Ich schwieg erstmal als Antwort. Ich hatte ja selber keine Ahnung, was da wirklich passiert war.

"So, aber da wären wir." Er unterbrach meine Gedanken und öffnete die behelfsmäßige Tür, die vor uns im Dunkeln aufgetaucht war.

Von innen leuchtete uns heller Feuerschein entgegen und ich hörte das Lachen von anderen.

Ich folgte Seoyeon in die warme Stube und betrat hinter ihm einen deutlich größeren Raum, in dessen Mitte ein Feuer brannte und drumherum acht weiter Personen saßen und sich angeregt unterhielten.

"Ah, Seoyeon.", wurde er begrüßt. "Wie ich sehe, geht es unserem Neuzuwachs auch wieder gut."

Seoyeon lachte. "Genau, die Medizin hat ihre Wirkung getan. Das ist Jimin.", stellte er mich vor.

Schüchtern nickte ich, als ich von den Anwesenden in Augenschein genommen wurde. Doch keiner der Blicke war in irgendeiner Weise missbilligend.

"Dann willkommen Jimin.", grinste einer, den ich auch etwa so alt wie Seoyeon schätzte. Er klopfte neben sich auf den Boden, wo es noch Platz hatte.

"Setzt euch doch. Taemin sollte demnächst mit dem Essen kommen. Ich bin übrigens Minghao."

Ich folgte Seoyeon und ließ mich vorsichtig zwischen ihm und Minghao auf den Boden sinken. So wirklich wohl fühlte ich mich nicht, da die ganze Aufmerksamkeit auf mir ruhte und bisher solche Situationen für mich eher ungünstig ausgegangen waren.
Doch bevor ich ins Kreuzfeuer genommen werden konnte, schwang die Tür wieder auf und ein kleinerer Mann mit längerem Bart kam mit einem großen dampfenden Topf vor sich hinein gerauscht.

"Essen ist fertig.", grinste er und knallte den Topf in die Feuerstelle auf einen Platz, der für diesen Topf reserviert zu sein schien.

Kaum stand der Topf auf seiner Warmhaltestelle, rauschte er an eine Wand, wo ein klappriges Regal stand und lud sich die Schüsseln auf den Arm, die darin standen. Sofort war er zurück und begann aus dem Topf mit einem gewaltigen Schöpfer die Schüsseln zu befüllen und an die anderen zu verteilen.

Ich lief knallrot an, als mein Magen auf den unwiderstehlichen Geruch, der aus dem Topf kam, mit einem gewaltigen Knurren reagierte. Sofort blickte der Neuankömmling in meine Richtung auf und brach dann in schallendes Gelächter aus.

"Du bist wohl der Neue.", stellte er fest und belud die nächste Schüssel mit einer noch größeren Portion als davor.

Er reichte sie dann direkt mir. "Na dann ess mal Junge. Wir wollen doch nicht, dass du bei uns verhungerst."

Mit roten Wangen nahm ich die Schüssel und bekam von Minghao direkt ein paar Stäbchen dazu gereicht.

"Fang ruhig schon an. Du scheinst es wohl gerade nötig zu haben.", zwinkerte er mir aufmunternd zu.

Vorsichtig begann ich den deftigen Eintopf zu essen. Ich musste mich echt zurück halten nicht zu schlingen, denn ein so leckeres Essen hatte ich noch nie gegessen und mein Körper verlangte nach Nahrung. Trotzdem leerte ich in Rekordzeit die Schüssel, was mit einem erneuten Lachen des Kochs quittiert wurde.

Er nahm mir die Schüssel wieder ab und füllte sie erneut. "Sehr gut, wenn es scheinbar so gut schmeckt. Ess soviel du willst, dass du wieder zu Kräften kommst."

Ich konnte nicht anders, als das ansteckende Lächeln zu erwidern. "Dankeschön."

Das Essen tat so gut und während ich aß, folgte ich still den Gesprächen der anderen.

"... Du hättest sehen sollen wie schnell der Ladenbesitzer plötzlich rennen konnte, als er gemerkt hatte, dass ich nicht alleine an seiner weggeworfenen Schätzen war.", lachte ein etwas Jüngerer, der sich mit Taemin dem Koch unterhielt.

Taemin erwiderte das Lachen. "Das kann ich mir so gut vorstellen. Sie hören schon so viel von unserem "Monster" und tun auf große Klappe, aber sobald sie unseren Tiger sehen, bekommen sie doch auf einmal Schiss."

Ich verschluckte mich, als mir wieder in Sinn kam, was mich direkt im Loch erwartet hatte.

Seoyeon klopfte etwas besorgt auf meinen Rücken. "Nicht so hastig, Kleiner. Alles gut?"

"T... Tiger? Dann... Dann hab ich mir den auch nicht eingebildet?", hustete ich entsetzt.

Minghao seufzte leicht. "Nein, hast du nicht. Aber keine Sorge. Unser Großer ist nicht so gefährlich und stürmisch, wie er sich am Anfang uns allen gegenüber verhalten hat. Im Endeffekt ist er derjenige, der uns hier hin geschleppt hat und dem wir überhaupt unser Leben hier unten zu verdanken haben. Und er unterstützt uns, wo es nur geht. Wir können es natürlich auch nur vermuten, aber wir denken, dass er von der Königin hier unten eingesperrt wurde, damit er ihre Widersacher schön zerfleischt, dass sie das nicht selber machen muss. Dass er nur halt das Gegenteil macht, hätte sie wohl auch nicht erwartet.", zuckte er mit den Schultern.

Unsicher sah ich zu den anderen, die nur bestätigend und aufmunternd nickten.

"Außerdem...", fügte Taemin nach kurzem zögern hinzu. "... Würde er wohl sonst nicht hinter dir so entspannt da liegen und schlafen."

"Bitte was?!", mit einem spitzen Schrei fuhr ich einmal herum und erkannte erst jetzt den schwarzen Pelz, der hinter mir keine zwei Meter entfernt an der Wand lag.

Ein leises Grollen ertönte und langsam erhob sich der Kopf aus dem Pelzberg, dem ich schon einmal ins Gesicht sehen musste. Ich schluckte.

Nur diesmal, musste ich mir tatsächlich eingestehen, sah er nicht ansatzweise gruselig aus. Er sah mich nur müde und... etwas genervt an.

Seoyeon lachte leise. "Vielleicht entschuldigst du dich. Er hasst es geweckt zu werden."

Ich starrte ihn an und senkte etwas beschämt den Kopf, als ich verstand, dass wohl wirklich keine Gefahr von ihm ausging. "Tut... Tut mir leid..."

Als Antwort grollte es noch einmal und der Kopf legte sich zurück auf die Pfoten. Ich schüttelte den Kopf und drehte mich zurück zum Feuer. Das war definitiv der seltsamste Tag bisher in meinem Leben.

The Way To Your DestinyWhere stories live. Discover now