Kapitel 16

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Ich erwachte am nächsten Morgen wieder an dem weichen Tigerbauch. Ich blinzelte gerade aus, während ich liegen blieb.

Hatte ich das in der Nacht alles nur geträumt? Doch das zusammen gebundene Feenhaar und der leere hohle Ast vor mir, zeugten vom Gegenteil.

Ich starrte auf die schwarzen Tatzen, die nicht weit von meinem Gesicht ruhten. Ich wusste immer noch nicht, was ich über das Erlebte in der Nacht denken sollte.
Dass der Tiger in Wahrheit ein verfluchter Kobold war, hätte ja schon gereicht, um mich etwas zu überfordern, aber dass ihm so viel scheinbar an mir lag?

Er hatte mich getröstet, war von den Narben entsetzt gewesen, als er sie gesehen hatte, wollte dass ich... Glücklich werde?

Ich starrte ins Nichts. Bisher gab es niemand, der mir das gegönnt hätte. Vielleicht würde er seine Meinung ändern, wenn er wüsste, dass ich keine Magie in mir hatte...

Ich sah wieder zu den Pfoten. Ich würde es ihm heute Nacht sagen. Dann würde er es wissen und ich, ob nicht wieder umsonst irgendwo ein kleiner Funke Hoffnung gekeimt war.

Wir hatten, nachdem er sich vorgestellt hatte, nicht mehr viel geredet. Ich war heillos überfordert und er gab mir die Zeit das alles zu verdauen. Und nachdem mein "Kräutertee" fertig war und ich ihn getrunken hatte, war ich so müde, dass ich direkt eingeschlafen war.

Ich spürte, wie er sich langsam hinter mir zu regen begann. Fast unmerklich seufzte ich. Ich wollte nicht, dass der Tag begann, auch wenn die Sonne ihre Strahlen schon über die ersten Baumwipfel streckte. Ich wollte einfach so liegen bleiben und von den Problemen der Welt nichts wissen. Aber mir war leider doch bewusst, dass wir weiter mussten.

Ich seufzte und rappelte mich dann auf. Sofort fehlte mir die Wärme von meinem Begleiter, der sich wohl irgendwann zu mir gelegt hatte, um mich zu wärmen.

Ein Brummen ertönte hinter mir und der Tiger richtete sich ebenfalls auf. Er sah mich schlaftrunken an und gähnte erstmal ausgiebig.

Ich konnte nicht verhindern, dass sich ein leichtes Lächeln sich auf meine Lippen schlich. Er sah so einfach wie ein süßes müdes Kätzchen aus. Vor allem als er anschließend leicht schmatzte.

"Guten Morgen.", lächelte ich ihn an.

Für einen kurzen Moment sah er mich auch nur schlaftrunken an, ehe sich sein Blick klärte. Er stand auf und streckte sich einmal ausgiebig.

Ich musste mir jetzt doch auf die Zunge beißen, um nicht loszulachen. Offensichtlich war er, wenn er gerade aufgestanden war, mehr ein Kätzchen, als das "Biest" in das er verwandelt werden sollte. Er war in dem Moment einfach süß und knuffig. 

Als er mit seiner Morgengymnastik fertig war, schüttelte er sich einmal und widmete dann mir seine gesamte Aufmerksamkeit. Erwartungsvoll sah er mich an. Kurz war ich irritiert, was er genau jetzt von mir wollte. Belustigt verdrehte er die Augen und stupste dann den hohlen Ast an.

"Ach so...", ich errötete leicht vor Scham.

"Mir geht's deutlich besser. Dein Kräutertee hat echt geholfen.", antwortete ich ehrlich auf seine Frage.

Ich war wieder fit und war mir sicher, dass ich diesen Tag auch auf eigenen Beinen überstehen würde. Zufrieden nickte er und ging zum Wasser um etwas zu trinken. Still beobachtete ich ihn. Noch während er am trinken war, griff ich nach dem Proviantbeutel und holte das Trockenfleisch hervor.

Ich zögerte kurz, legte ihm allerdings das restliche Fleisch hin, behielt allerdings mein angefangenes vom Vortag, an dem ich dann selber anfing herum zu knabbern. Ich hatte schon längst eingesehen, dass Yoongi, sonst wieder angefangen hätte zu diskutieren. Und ich konnte heute auch gut wieder etwas essen.

Es war seltsam zu wissen, dass da tatsächlich hinter dem Fell in dem Tiger dieser Kobold steckte, dessen Namen ich jetzt auch kannte. Es erklärte zwar das, was ich als untierisches Verhalten definiert hatte, aber trotzdem... Es war einfach irgendwie seltsam.

Ein Knuffen an meinem linken Arm holte mich aus meinen Gedanken wieder zurück. Erstaunt stellte ich fest, das sowohl der Tiger, als auch ich mit Essen fertig waren. Ich war wohl echt nicht anwesend gewesen...

Ich sah zum Tiger, beziehungsweise zum Kobold, der mich mit seinen wundervollen Augen besorgt musterte. Ich seufzte und fuhr mir durch die Haare.

"Tut mir leid, war in Gedanken...", murmelte ich und fuhr mir durch meine Haare. Ich zögerte kurz bevor ich wieder zum Reden ansetzte.

"Ich mach mir nur Gedanken, wie der Tag wird...", erklärte ich. Das war nicht einmal wirklich gelogen.

"Wir... Kommen noch einmal an einem Dorf vorbei. Und abgesehen davon, dass wir sie auch warnen sollten..." Ich ignorierte das flaue Gefühl der Angst in meinem Bauch, wie die Reaktion diesmal aussehen würde und redete einfach weiter:

"Wir haben ja jetzt das Feenhaar. Vielleicht kann der Heiler mit Schillermoos die Medizin gegen den Elfentod brauen und wir kommen morgen doch schon direkt mit der Medizin in mein Dorf...", erklärte ich ihm den Plan, von dem ich hoffte, dass er funktionieren würde.

Überrascht spitzte der Tiger die Ohren, schien kurz zu überlegen und nickte dann.
Irgendwie blieb der Kobold in dieser Form für mich, trotz des Wissen aus der letzten Nacht, irgendwo mein tierischer Begleiter.

Aufmunternd stupste er mich an, dass ich dann auch aufstand. Ich nahm noch das Feenhaar und steckte es in die nun leere Provianttasche. Dann stand ich auch auf. Sofort war mein Begleiter neben mir und drückte sich aufmunternd an mein Bein.

Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Was mich auch heute am Tag erwarten würde, wusste ich, heute wäre ich nicht alleine.
Ob das immer noch der Fall war, wenn ich ihm am Abend von meinen fehlenden Fähigkeiten erzählt hatte, würde sich noch zeigen.
Aber für heute hatte ich jemanden an meiner Seite, der mir so nichts böses wollte. So bestärkt war ich auch nur selten in einen Tag gestartet.

Ich sah zum Himmel und schätzte die Zeit.

"Wenn wir uns beeilen, müssten wir kurz vor Mittag im Dorf sein.", überlegte ich und sah zu meinem Begleiter.

Er nickte, dass er verstanden hatte. Und so machten wir uns auf den Weg, zu unserem ersten Ziel an dem Tag.

The Way To Your DestinyWhere stories live. Discover now