Kapitel 9

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"Bald sollten wir am Dorf sein.", murmelte ich leise zu mir selbst.

Wir machten kurz Pause, um aus einem kleinen Rinnsal zu trinken. Als ich das Wasser, was ich in meinen Händen aufgefangen hatte, zu meinem Mund führte, bemerkte ich wie der Tiger aufgehört hatte zu trinken und stattdessen mich ansah.

"Oh...", gab ich etwas dümmlich von mir und trank erst das Wasser leer, bevor ich zum Reden ansetzte.

"Wir kommen auf dem Weg noch an zwei anderen Dörfern vorbei.", setzte ich zum erklären an, als ich erneut meine Hände mit Wasser füllte.

"Und vielleicht schaffe ich es ja dort, dass mir wenigstens einer zuhört.", fügte ich leise hinzu.

Der Tiger starrte mich nur weiterhin an. Deuten konnte ich diesen Blick allerdings nicht.

Zudem war ich auch selbst zu sehr in Gedanken vertieft, an wen ich mich wenden sollte. Ich war zwar schon ein paar Male in dem Dorf gewesen, um Botengänge zu erledigen, doch selbst die Stimme erhoben hatte ich bisher nicht.

Leider war ich als magieloser Elf auch irgendwie bekannt wie ein bunter Hund und egal wo ich hinkam, wurde mir das Reden in der Öffentlichkeit verboten. Ich hoffte einfach, dass ich bei den Heilern vielleicht dafür Gehör finden würde.
Hauptsächlich hatte ich ja denen etwas gebracht oder geholt, was der Heiler aus meinem Dorf in dem Moment brauchte. Und diese hatten in den Dörfern eigentlich immer einen recht hohen Stellenwert.

"Dann gehen wir Mal weiter...", seufzte ich und stand wieder auf.

"Wobei... Nochmal etwas Fleisch?" Nachdem der Tiger zögerlich nickte, packte ich nochmal ein Stück aus und legte es ihm hin. Ich wartete bis er es aufgegessen hatte und wir weiter konnten.

Hier in dem Waldgebiet konnten wir gut Strecke machen. Es war relativ flach und es gab kaum Unterholz, das uns behinderte. Ein schöner Nadelwald, dessen Boden mit weichem Moos bedeckt war.

Ich war ganz dankbar, dass wir die kleine Quelle noch entdeckt hatten um daraus zu trinken. Denn sobald wir am großen Fluss waren, würde sich diese Gelegenheit erst einmal nicht mehr bieten. Und aus dem Fluss wollte ich wirklich nicht trinken. Zu groß war das Risiko sich dabei etwas einzufangen, wofür wirklich keine Zeit war.
Ich sah zurück zu dem Tiger und stellte fest, dass dieser fertig war.

"Dann Mal los...", murmelte ich und setzte mich wieder in Bewegung. Ebenso der Tiger.

Ich hatte keine Ahnung was für den Sinneswandel gesorgt hatte, aber im Gegensatz zu der Nacht, schien das Tier nicht mehr so ungeduldig zu sein. Er rannte nicht mehr vorne weg und schnaufte nicht mehr so grummelig, wie noch vor ein paar Stunden. Ich konnte mich zwar nicht mit ihm unterhalten, aber so war er wenigstens ein angenehmerer Begleiter, als vorher. Und so setzten wir unseren Weg schweigend nebeneinander fort.

Es dauerte nicht lange und wir stießen auf einen Weg, der sich braun durch die sonst grüne Umgebung schlängelte. Ich seufzte leise und betrat den Weg, der uns nun bald in das Dorf führen würde.

Wir liefen vielleicht eine halbe Stunde, als ich in der Ferne die hölzernen Palisaden ausmachen konnte, die das Dorf vor wilden Tieren schützen sollten.

"Willst du lieber draußen warten, oder...", fing ich an, als wir nur wenige hunderte Meter vom Eingangstor entfernt waren.
Doch anstatt er verzögerte, trottete der Tiger ungeachtet meiner Frage weiter und ich musste beschleunigen, dass ich wieder aufholte.

"Dann kommst du wohl mit.", murmelte ich und hoffte, dass die Bewohner wegen ihm keinen Aufstand machen würden.
Ich betrat wenige Schritte hinter ihm das Dorf.

Die Waldelfen, die im Dorf zugange waren, reagierten erstaunlicher Weise relativ entspannt auf den Tiger. Erstaunt blieben sie stehen und beobachteten, wie der Tiger weiter seinen Weg lief und es schien als würde seine Anwesenheit sie gar nicht stören.

Sobald sie allerdings mich sahen, wandten sie sich augenblicklich angewidert ab und zogen sogar ihre Kinder wieder ins Haus. Ich sah auf den Boden. Auch wenn ich es irgendwo gewohnt war, würde es wohl nie aufhören weh zu tun.

Ich spürte den irritierten Blick des Tigers auf mir, aber ich wollte jetzt nichts sagen. Vermutlich hätte das auch noch mehr Probleme gemacht.

Als der Tiger kurz verzögerte, lief ich dann voraus und lotste ihn zu dem Haus des Heilers, das auf der anderen Seite des Dorfes lag als der Eingang durch den wir gekommen waren.
Ich hörte es in seinem Haus rumoren, also musste er tatsächlich anwesend sein. Ich atmete nochmal durch und klopfte dann mit zittriger Hand gegen die Tür.

"Einen Moment!", kam es zurück. Ich hörte es rumpeln und dann wurde die Tür aufgemacht. Es dauerte keine Sekunde bis das freundliche Gesicht des alten Mannes zu Ekel wechselte.

"Was willst du?", blaffte er mich unfreundlich an.

Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen. "Ich will euer Dorf warnen. Die Feenkönigin will das Volk der Elfen auslöschen und..."
Weiter kam ich nicht.

Mein Kopf flog zur Seite und fast zeitgleich spürte ich schon die Schmerzen und das Brennen in meiner Wange.

"Wer hat dir bitte die Erlaubnis gegeben zu sprechen, du Bastard?", fauchte er mich an.
"Wie ich sehe hast du keine Nachricht dabei. Also belästige mich nicht weiter mit unnützen Gebrabbel! Wenn ich nicht den Trank auf dem Feuer hätte, würde ich dafür sorgen, dass du wieder Manieren lernst und vor allem wo du hingehörst, du wertloses Etwas!"

Er schubste mich zurück, dass ich strauchelte und stürzte. Ich war noch nicht Mal auf dem Boden aufgekommen, als die Tür schon zugeschlagen wurde.

Ich presste die Lippen zusammen und rappelte mich langsam wieder auf. Ich spürte wie der brennende Blick des Tigers auf mir ruhte, doch ich sah ihn nicht an.

"Gehen wir weiter. Hier wird man uns nicht zuhören.", sagte ich leise mit belegter Stimme.

Mit gesenktem Kopf führte ich den Tiger durch das zweite Tor, das deutlich näher war. Möglichst schnell hier weg, ohne weitere Konfrontationen heraufzubeschwören. Erst als wir den Palisadenring verlassen hatten entspannte ich mich wieder etwas.

Ich hatte schon so etwas befürchtet. Ich fragte mich, ob ich den Feen nicht doch etwas hätte sagen sollen, weil wenn niemand mir Gehör schenken würde, dann wären sämtliche Elfen dem Untergang geweiht. Aber dafür war es zu spät.
Ich konnte nur weiter machen und versuchen das Schlimmste zu verhindern, beziehungsweise darauf vorzubereiten. Mir blieb nichts anderes übrig. Ich seufzte und blickte nach vorne.

"Wir laufen da entlang weiter, dort geht es zum Fluss.", sagte ich zu dem Tiger und deutete nach vorne auf den Weg.

Ich spürte den Blick von dem Schwarzen Tier auf mir. Allerdings war ich nicht in der Lage ihm die Antworten zu geben auf die Fragen, die er wohl jetzt hatte.

The Way To Your DestinyWhere stories live. Discover now