Kapitel 6

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"So... Aber jetzt würde es mich doch interessieren, was uns die Ehre verschafft einen Elfen beherbergen zu dürfen." Taemin sah mich ebenso erwartungsvoll an, wie auch der Rest der Anwesenden.
Wir hatten mittlerweile das Essen beendet und saßen bei süßen Feenwein weiterhin zusammen um das Feuer.

Freundlicher Weise wurde ich nicht sofort mit dieser Frage überrumpelt. Ich war sehr dankbar, dass sich die Fernmänner erst selber vorgestellt hatten und so hatte ich einiges über sie schon erfahren dürfen.

Alle waren nun ehemalige Berater der Königin gewesen. Die allerdings jedesmal, wenn keine Einigung mit ihren Beratern wohl möglich schien, diese einfach zu "entsorgen" wollte, damit ihr niemand in ihren Plänen in den Weg kam. Was genau die Streitigkeiten waren, in denen es keine Einigung gab, erwähnte zwar keiner der Anwesenden, aber ich hatte ein etwas mulmiges Gefühl, um was es gehen konnte...

Ich seufzte und begann zu erzählen. "Naja... Ich fange Mal an, warum ich überhaupt in euer Reich wollte. Tatsächlich ist in meinem Dorf der Elfentod ausgebrochen und wir brauchen halt das Feenhaar, damit wir den Heiltrank dagegen brauen können. Sonst wird mein Dorf von dem ausgelöscht..."

"Der Elfentod?", Minghao sah mich geschockt an. Die anderen ebenso. Ich nickte und begann mit meinen Fingern zu spielen als Ablenkung.

"Genau. Und da ich einer der einzigen war, die verschont geblieben sind, sollte ich halt los, die Audienz bei der Königin suchen und dann dafür sorgen, dass mein Dorf das Feenhaar bekommt." Als ich kurz auf sah, bemerkte ich die ernsten Gesichtsausdrücke und die Blicke, die sie sich einander zu warfen. Ich war mir relativ sicher, dass sie mittlerweile ahnten, worauf meine Audienz mit der Königin herausgelaufen war.

"Ich hatte Glück, dass in dem Moment, als ich am Tor war, der Wanderheiler von euch zurück kam und es geschafft hat mir das Tor zu eurem Reich zu öffnen."

"Und dann konntest du einfach rein?"

Ich seufzte. "Nein. Ich wurde von der Wache umringt, noch ehe ich ein Schritt in die ein oder andere Richtung machen konnte. Jedenfalls haben die mich dann zum Palast eskortiert und zu der Königin. Ich hatte eine Schriftrolle bei mir, wo das Anliegen von unserem Ortsvorsteher niedergeschrieben stand. Das hat sie halt gelesen und naja..."

"Was hat sie gesagt? Wie hat sie reagiert? Hat sie gesagt, was sie jetzt vor hat?", Seoyeon sah mich mehr als ernst an.

Ich schluckte hart. "Sie... Sie will losziehen mit ihrem Heer und angefangen bei meinem Dorf sich rächen und die Elfen unterwerfen."

Die anderen zogen geschockt die Luft ein. Ich begann leicht zu zittern. Es fühlte sich nicht real an. Es war mehr wie ein Fiebertraum in dem ich zu stecken schien und keine Ahnung hatte, wie ich da irgendwie wieder heraus kommen sollte.

"Und dann hat sie dich hier herunter geworfen...", vervollständigte Taemin meine Ausführung.

Ich nickte zaghaft und trank noch einen kleinen Schluck.
Ich traute mich nicht zuzugeben, dass ich zudem erfahren hatte, dass es in keinster Weise ein gutes Ende für mich gegeben hätte. Denn in dieser Welt hatten magielose Wesen wie ich in keinem Volk einen Platz und ich wollte nicht, dass meine Gastgeber ihre Freundlichkeit nur deswegen zurück zogen.

Minghao seufzte tief und kniff sich ins Nasenbein. "Ich würde glaub lügen, wenn ich behaupten würde, dass keiner von uns genau das befürchtet hat..." Er sah in die Runde.

"Was machen wir jetzt? Jeder von uns weiß was sie vorhat. Wir haben es alle gehört. Im Endeffekt ist das ja auch der Grund, warum wir hier unten überhaupt hausen."

Es folgte erst einmal Schweigen. Jeder war in seinen Gedanken versunken und grübelte nach.

Nach gefühlter Ewigkeit seufzte Taemin. "Es hilft ja alles nichts, aber wir müssen raus und die anderen warnen. Weil, wenn sie die Elfen hat, dann sind die Kobolde, die Zwerge und die ganze anderen Völker an der Reihe. Sie wird nicht Halt machen, bevor sie jedes einzelne Volk aus Rache unterworfen hat." Er sah die anderen scharf an. Und nach und nach bekam er von allen ein zustimmendes Nicken.

"Aber wir müssen uns aufteilen.", gab Minghao zu bedenken. "Die Königin wird mit ihrem Heer zwar nicht fliegen, das wäre zu auffällig, aber wir dürfen trotzdem keine Zeit verlieren. Jimin, wie weit ist dein Dorf vom Tor entfernt?"

Ich zählte kurz nach. "Vier Tage war ich hierher unterwegs... Also vier Tagesmärsche.", gab ich dann Auskunft.

"Okay... Bis das Heer kriegs- und Abmarsch bereit ist, braucht es fast anderthalb Tage. Heißt gestern war der erste halbe Tag, dann sind sie somit jetzt zu dieser Zeit mit den Vorbereitungen durch. Dann gehen sie morgen los und ab dann haben wir vier Tage, bis sie am Dorf sind. Da sie kaum nach einem Marschtag direkt angreifen werden, haben wir mit heute Nacht sechs Nächte, bis es wirklich gefährlich für Jimins Dorf wird...", rechnete Taemin. Er kniff sich in die Nasenwurzel.

"Wir müssen heute Nacht schon los.", stellte er fest und stand auf.

Er verschwand kurz aus dem Raum, kehrte aber keine Minute später mit einem Stück Papier in der Hand zurück. Er setzte sich und rollte es aus. Ich erkannte eine gigantische Karte, wo allerlei Berge, Wälder und Dörfer eingezeichnet waren. Zudem war markiert, wo die einzelnen Völker angesiedelt waren.

Ich staunte nicht schlecht. Mir kam der Weg hierher schon gigantisch weit vor. Ich hatte keine Ahnung, dass unsere Welt so groß war.

"Kannst du etwa zeigen, wo sich dein Dorf befindet?", fragte der Alte mich.

Es brauchte kurz bis ich mich orientiert hatte, fand aber dann doch den drei gezackten Felsen, der den Eingang zu dem Tal markierte, von dem ich los gelaufen war.

Ich tippte mit dem Finger darauf. "Hier."
Nachdenklich nickten die anderen.

Seoyeon seufzte. "Es hilft nichts. Wir müssen fliegen, damit wir schnell genug sind. Ich will aber ungern, dass einer alleine fliegt... Wir sind nur zu Zehnt. Und haben neben den Elfen noch fünf Völker, die benachrichtigt werden müssen... Jimin..."
Er sah mich an. "Du wirst wohl alleine zu deinem Dorf zurück kehren müssen."

Ich sah ihn etwas geschockt an. Mir rutschte das Herz in die Hose und mir wurde wieder schlecht.

"Tut mir leid, aber wir anderen müssen zu den anderen Völkern fliegen und diese warnen, ansonsten ist dein Dorf schon von vornherein verloren. Aber...", er sah über die Schulter. Er zögerte kurz.

"... Der Tiger wird dich begleiten.", beschloss er.

Etwas geschockt sah ich über meine Schulter zu dem Tier. Das sah sowohl mich, als auch Seoyeon etwas überrascht und grimmig an, schien aber dann seinen Kopf als Bestätigung zu senken.

"Dann hat jeder einen Partner. Gut. Dann packen wir Mal unsere Reisesachen. Wir können währenddessen voll abklären, wer mit wem wohin fliegt. Und je eher wir loskommen umso besser." Damit rollte er wieder die Karte zusammen und verließ mit schnellem Schritt den Raum.

Die anderen Feen folgten ihm ebenso schnell. Zurück blieben der Tiger und ich.

Ich war den Tränen nahe. Ich hatte keine Ahnung was ich tun sollte. Ich wollte mir nicht ausmalen, was passieren würde, wenn ich mit so einer Nachricht in mein Dorf kommen würde. Vor allem, da ich immer noch kein Feenhaar hatte. Und sie wollten mich ja loswerden. Ich sollte ja als Sklave im Feenreich bleiben...

Warum musste ausgerechnet ich jetzt für das Schicksal meines Dorfes verantwortlich sein?

The Way To Your DestinyWhere stories live. Discover now