Kapitel 13

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Es war wunderschön draußen. Wir hatten die kurze Strecke zur nächsten Brücke schnell hinter uns gebracht und standen jetzt wieder am Wasser.

Die Morgensonne strahlte auf das Wasser herab und auf die Nebelschwaden, die sich nach dem Regen auf die Wasseroberfläche gelegt hatten. Kraniche flogen aus dem Nebel empor und suchten sich am Wasser eine neue Stelle zur Futtersuche. Die Luft war frisch und klar und man roch den nassen Wald, was allerdings kein unangenehmer Duft war. Die Natur schien nach dem Sturm fast wie neu geboren wieder zu sein.

Ich fröstelte leicht, als sich der Nebel auf meiner Haut absetzte. Ich zog mein Hemd etwas enger um mich und schlang meine Arme um meinen Oberkörper. Meine Bewegungen wurden von meinem Begleiter kritisch beäugt.

"Na komm, gehen wir weiter.", ließ ich meine Stimme erneut kratzen. Je weiter die Sonne aufstieg, desto wärmer würde es ja werden.

Ich betrat die Brücke, um unseren Weg weiter zu führen. Der Tiger neben mir tat es mir gleich. Doch diesmal lief er so nah neben mir, dass er mich immer wieder mit seinem Fell streifte. Diese Nähe war absolut ungewohnt für mich, aber sie war schön und irgendwie tröstlich.

Und ich genoss es langsam mit meinem Begleiter unterwegs zu sein. Ich konnte zwar immer noch nicht sagen, was zu seinem 180 Grad Charakterwandel geführt hatte, aber so langsam verstand ich, was die Feen mit seinen fürsorglichen Charakter meinten. Und so langsam schloss ich die schwarze Großkatze echt ins Herz.

Meine Gedanken gingen zurück in die Höhle, wo ich ihn gekrault hatte. Sein Fell war so unglaublich weich gewesen, von der warmen Haut darunter kaum zu schweigen.

Ich betrachtete ihn vorsichtig von der Seite. Er war echt ein majestätisches Tier und sah mit seinem schwarz weiß gestreiften Fell einfach edel aus. Ich wusste, dass es in der Tierwelt neben dem Phänomen Albinismus, wo die Tiere komplett weiß geboren wurden, auch das Phänomen Melanismus gab, wo sie komplett schwarz waren. Doch ich hätte nie damit gerechnet einem solchen Tier einmal über den Weg zu laufen. Aber ich musste zugeben, er gefiel mir so tatsächlich besser, als seine Orange- schwarzen Geschwister.

Ich richtete meinen Blick wieder nach vorne zu der nächsten und gleichzeitig letzten Insel, die wir in dem Fluss überqueren mussten. Noch eine Brücke und dann hatten wir es geschafft und wir hatten es geschafft. Wir hatten wieder festen Boden unter den Füßen.
Nachdem uns der Sturm auf den Brücken so heftig erwischt hatte, war ich doch ganz froh kein Wasser mehr unter mir zu haben. Ich hatte den leichten Eindruck, dass es dem Tiger neben mir doch auch ähnlich erging.

Es war mittlerweile Mittag geworden und die Sonne stand hoch am Himmel, als wir das nächste Wäldchen betraten. Angestrengt hielt ich die Augen nach einer kleinen Quelle auf. Ich hatte schrecklichen Durst und musste etwas trinken. Zum Glück wurde ich schnell an einem kleinen Felsenüberhang fündig.

Gierig stürzte ich mich auf die Knie und begann zu trinken. Als ich mich satt getrunken hatte, ließ ich mich etwas zurück sinken. Der Tiger war ein paar Meter weiter von mir ebenfalls mit Trinken beschäftigt.

Als ein kleiner Wind die Grashalme um mich zu bewegen begann, fing ich an zu zittern. Ich zog mein Hemd noch näher um mich herum und schlang erneut meine Arme um meinen Oberkörper. Ich atmete lang aus und versuchte meine Kräfte wieder zu sammeln. Auch wenn ich mir gegenüber dem Tiger versuchte nichts anmerken zu lassen, kämpfte ich schon eine Weile mit meiner Kraft.

Schon den Weg über die zwei Brücken hatte mich gut angestrengt und einiges von meiner Kraft gekostet. Außerdem spielte mein Körper verrückt. Solange wir in der Sonne liefen und kein Wind ging war alles in Ordnung, aber sobald eine kleine Wolke vor die Sonne zog, oder eine sanfte Brise aufkam, begann es mich zu frösteln. Außerdem tat mir von dem leichten Anstieg, den wir hier im Wäldchen hatten, die Lunge weh. Von den Kopfschmerzen, die ich schon seit Stunden hatte, wollte ich gar nicht anfangen.

Stumm nahm ich die Tasche und holte mein angefangenes Stückchen Trockenfleisch hervor. Ich hielt es in der Hand, aber sobald ich es in Richtung Mund führte, stieg mir der Geruch in die Nase und mir wurde schlecht. Ich zögerte kurz, aber es hatte keinen Sinn. Frustriert seufzte ich und packte das Stück wieder in die Tasche.

"Wir sollten weiter...", murmelte ich und sah zum Tiger.

Der hatte mich allerdings schon ins Auge gefasst und wohl mein Versuch schärfstens beobachtet.
Ich stand auf. Jedenfalls versuchte ich es. Ich taumelte leicht nach vorne, konnte mich allerdings noch rechtzeitig abfangen.

"Aish..." Die Kopfschmerzen wurden, jetzt wo ich stand, zu einem heftig pochenden Schmerz. Ich kniff mir in den Nasenrücken, bis der Schmerz wieder abgeebbt war. Als es wieder ging, löste ich meine Position.

In dem Blick des Tigers lag pure Besorgnis, doch ich winkte ab. Was sollte er schon für mich tun können?

"Muss gehen...", presste ich hervor und machte mich wieder auf den Weg.
Sofort war der Tiger wieder an meiner Seite und ich spürte wieder sein Fell an meinem Bein streifen.

Wir liefen weiter durch den Wald, bis es heller wurde, der Wald sich lichtete und den Blick auf eine größere weite Grasfläche frei gab.

Doch ich musste zugeben, dass mir die Pause wohl nicht so gut getan hatte. Die Kopfschmerzen waren deutlich präsenter als davor da und mir war gleichzeitig heiß und kalt.

"Da müssen wir rüber. Dort hinten in der Ferne kannst du gerade so den nächsten Wald erkennen, wo wir als nächstes hin müssen.", erklärte ich dem Tiger und deutete in die Ferne.

Ich spürte wie er sich kurz an mein Bein drückte. Eine kleine aufmunternde Geste. Ich lächelte leicht und stolperte dann weiter.

Doch sobald wir aus dem Wald waren, wurde es für mich zur Hölle.

Die Sonne knallte auf uns herunter und meine Kopfschmerzen verschlimmerten sich mit einem Mal noch einmal mehr. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen und stolperte einfach vorwärts. Verzweifelt versuchte ich mit meinen Händen die Sonne abzuschirmen. Alles blendete mich, ich konnte nichts mehr erkennen.

Meine Kopfschmerzen pulsierten und ich schwitzte und fror gleichzeitig. Meinem Körper wurde es zu viel und dann passierte es.

Meine Beine gaben nach und ich stürzte auf den Boden. Schwer atmend blieb ich liegen und versuchte gegen den Sturm in mir anzukommen. Doch ich war zu schwach.
Ich blinzelte, als sich ein Schatten über mich legte. Der Tiger stand über mir und sah mich entsetzt an. Kraftlos hustete ich.

"Tut mir leid."

Ich versuchte wieder aufzustehen, aber brach erneut wieder zusammen. Schwer atmend blieb ich im Gras sitzen, nicht in der Lage mich weiter zu bewegen. Aber wir mussten sich weiter!

Doch bevor ich es erneut versuchen konnte, spürte ich eine Pfote auf meinem Bein. Ich sah hoch und sah den Tiger wie er mich fest ansah und sich dann direkt vor mir auf den Boden legte. Er deutete mit seinem Kinn auf seinen Rücken.

"Ich... Soll... Du willst mich tragen?", fragte ich heiser.
Bestimmt nickte er.

"Aber... Bin ich nicht zu schwer?"

Ein belustigtes Schnauben kam nur als Antwort.

Ich zögerte noch kurz, bevor ich mich mehr auf ihn rollte, als kletterte. Ich hatte ja keine andere Wahl, wenn wir weiter wollten.

Er stellte sicher, dass ich wirklich auf ihm lag, ehe er mit mir zusammen aufstand. Ich hing wie ein nasser Sack auf ihm. Zum Glück ohne das ich in Gefahr lief herunterzufallen.

Ich versuchte wach zu bleiben, aber ich war zu fertig. Ich war wohl doch zu lange der Kälte im Regen ausgesetzt gewesen.
Der Rücken des Tigers war auch viel zu weich und warm, als dass er mich abhalten konnte einzuschlafen.
Und so dämmerte ich mit eine wohligen Gänsehaut weg.

The Way To Your DestinyOn viuen les histories. Descobreix ara