Kapitel 33

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Der Rest des Weges verging in meinen Augen wie im Fluge. Vermutlich lag das auch nicht zuletzt daran, dass Geumjae mir in aller Ausführlichkeit aus seiner Lehrzeit bei den anderen Völkern erzählte und was er dabei gelernt hatte.

Ich versuchte ihm zwar zu folgen, wenn er mit seinem Fachchinesisch anfing, aber oft hatte er einen Satz beendet und ich hatte sobald er den nächsten begann schon vergessen, was er gesagt hatte. Was aber nicht hieß, dass es nicht uninteressant war. Ich lernte so ein wenig über das Vorgehen der anderen Heiler und fand das einfach spannend.

"Ich glaube wir sind gleich da.", unterbrach der Kobold irgendwann unser Gespräch und deutete nach vorne.

Ich folgte seinem Finger und erkannte ein paar hundert Meter weiter, wie sich das Gelände absenkte. Das musste dann wohl unser Ziel sein. Unser Zug näherte sich immer mehr der Senke und als wir den Rand erreicht hatten, blieb Yoongi kurz stehen. Allerdings wäre ich auch kurz stehen geblieben.

"Wow..." Ich staunte nicht schlecht.

Offenbar waren die Waldbewohner vor uns schon angekommen und wuselten fleißig umher, um ihr Lager aufzubauen. Dadurch dass zu diesem Volk drei Wesensarten gehörten, wirkten sie deutlich bunter, als das Heer der Kobolde. Ich sah wunderschöne Dryaden, anmutigende starke Zentauren und die ungewohnten Gestalten der Faune.

"Wir schlagen unser Lager nordwestlich von den Wäldlern auf." Ein junger Kobold ritt von vorne nach hinten durch unsere Reihen durch und teilte diese Info allen mit.

Yoongi setzte sich auch wieder in Bewegung und holte wieder zu seinem Bruder auf, der einfach weiter geritten war. Unser Zug peilte also die Stelle etwas hinter den Waldbewohnern an, als Geumjae etwas auffiel.

"Nein, wie gut ist das denn bitte?", rief er erfreut, lenkte sein Pferd von dem Zug weg und beschleunigte es, um auf die Aufbauenden des Waldheeres zuzusteuern.

Yoongi sah mich fragend an, doch ich zuckte auch nur mit den Schultern. Also folgte der Tiger kurzerhand seinem Bruder, der schon das Lager erreicht hatten und von seinem Pferd gestiegen war. Als wir bei ihm angekommen waren, war er eben dabei einem Faun um den Hals zu fallen.

"Ich hätte nicht damit gerechnet, dich hier zu sehen.", strahlte der Kobold und auch der Faun lachte ebenso.

"Ganz ehrlich, das wollte ich gerade auch sagen.", lachte er. Die zwei lösten sich wieder von einander.

"Sag bloß, du hast es geschafft und darfst jetzt hier als Heiler dabeisein?", wollte Geumjae wissbegierig wissen. Doch der Faun grinste jetzt noch breiter.

"Noch besser. Mein Großvater vertraut mir mittlerweile so sehr, dass ich jetzt seine Aufgaben alle übernommen habe und er nur noch eine beratende Backup-Funktion hat." Geumjaes Augen wurden groß.

"Das ist ja noch besser, oh herzlichen Glückwunsch, Hoseok!", rief er freudestrahlend aus. Dann schien er uns auch Mal zu bemerken.

"Oh, hab gar nicht gemerkt, dass ihr mir hinterher seid..", lächelte er verlegen.

"Aber wenn ihr schon einmal hier seid, kann ich euch ja auch vorstellen. Das ist Hoseok. Ich war bei seinem Großvater in Lehre. Und er hat halt damals auch eben gelernt und wohl mehr als erfolgreich.", grinste er den Faun an, der auch weiterhin am strahlen war. Er verneigte sich höflich.

"Freut mich endlich einen Elfen kennenlernen zu dürfen. Ich hatte bisher leider das Pech noch keinen Kontakt mit deinem Volk zu haben. Und dann hast du noch so ein lustiges Reittier." Seine Vorstellung lockte dem "lustigen Reittier" nur ein gereiztes Knurren hervor.

"Eh... Hobi?", verlegen kratzte sich Geumjae am Hinterkopf.
"Dieses lustige Reittier..."

"Ja?", der Faun sah ihn fragend an.

"Ich hatte dir ja von meinem toten Bruder erzählt..."

"Ja, das hattest du. Warum...?"

"Naja... So wie ich heute herausgefunden habe, ist er wohl doch nicht so tot, wie ich geglaubt hatte." Verständnislos sah der Faun ihn an. Der Kobold seufzte und nickte zu dem Tiger.

"Offensichtlich wurde er verflucht und existiert jetzt in einem Tigerkörper..."

Hoseoks Blick ging zu dem Tiger und starrte ihn an. "Du willst mich doch verarschen..."

Synchron schüttelten beide Brüder und ich den Kopf. Es dauerte kurz bis aus seinem perplexen Blick wieder ein strahlendes Lächeln wurde.

"Das ist ja großartig!", rief er begeistert.

"Dann bist du..." Er überlegte kurz. "... Yoongi?"

Langsam nickte der Angesprochene.

"Wie cool!", lachte er, doch stockte dann auf einmal.

"Moment... Hattest du nicht damals gesagt, dass dein Bruder eher der größte Stinkstiefel gewesen sei, der niemanden näher als einen Meter an sich herangelassen hat?", hakte er nach.
Geumjae warf uns einen langen Blick zu, den ich nicht wirklich einordnen konnte.

"Ja, das habe ich...", gab er zu.

"Aber was es damit auf sich hat, habe ich auch noch nicht herausgefunden.", fügte er hinzu.

Ich verstand nicht, über was sich die zwei gerade unterhielten. Doch Hoseok schüttelte irgendwann seinen Kopf und sah dann zu mir.

"Wie heißt du denn, kleiner Elf? Deinen Namen habe ich noch nicht gehört.", lächelte er mich freundlich an.

Ich wurde leicht rot und antwortete ihm schüchtern: "Ich heiße Jimin."

"Sehr erfreut.", grinste er mich an.

Und ich musste zugeben, dass man diesen dauergrinsenden Faun nicht nicht direkt ins Herz schließen konnte. Er sah kurz über seine Schulter und überlegte kurz.

"Eigentlich bin ich mit meinem Heilerzelt soweit fertig mit Aufbauen und einrichten. Wenn es euch nicht stört, würde ich einfach mit euch mitkommen. Ich hab dir noch so viel zu erzählen Geumjae- Hyung!"

Der Angesprochene sah zu uns und ich zuckte nur mit den Schultern. Warum sollte ich auch etwas dagegen haben? Ich war so gesehen ja auch nur Gast.

"Sehr gerne.", wandte er sich dann an den Faun, der vor Freude einen Luftsprung machte.
Meine Augen weiteten sich, als er mit einer Leichtigkeit einen so hohen Sprung machte.

Und so schwang sich Geumjae wieder auf sein Pferd und schlug die Richtung des neuen Koboldlagers ein, während Hoseok neben ihm nun hertänzelte. Anders konnte man es nicht nennen, wie sich der Faun mit seinem tierischen Unterleib fortbewegte. Ich musste unweigerlich wieder grinsen. So sah er einfach knuffig aus. Auch seine kleinen Hörner, die durch sein Haar blitzen, verstärkten diesen Ausdruck einfach noch mehr. Wir liefen an anderen Faunen vorbei, deren Hörner deutlich größer und gefährlicher aussahen, als die des jungen Heilers.

Yoongi folgte stumm den zwei, die sofort in ein munteres Gespräch über seltsame Krankheitsfälle und lustige Patienten verfallen waren.

Ich hörte nur mit halben Ohr zu und beobachtete das mir unbekannte Volk, wie sie ihr Lager weiter aufbauten. Die meisten, die meinem Blick begegneten grüßten tatsächlich freundlich, wenn sie eine Hand in dem Moment frei hätten, oder nickten mir zu. Schüchtern erwiderte ich die Gesten. Es war für mich so absolut ungewohnt, dass mir jemand so offen begegnete.

Doch irgendwann spürte ich eine unangenehme Gänsehaut in meinem Nacken.

Als ich mich umsah, woher das kommen könnte, sah ich eine gemischte Gruppe älterer Waldwesen. Sie starrten alle mich mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck aus. Ich hob irritiert die Hand zum Gruß, aber auch das bewegte sie zu keiner Reaktion. Ich drehte mich wieder unwohl nach vorne, aber mir brannte ihr Blick immer noch im Nacken. Ich fröstelte leicht.
Was wollten die von mir?

The Way To Your DestinyWhere stories live. Discover now