Kapitel 62

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„Betty, ist alles in Ordnung?"
Archie kniet sich neben mich und schaut mich besorgt an. Stöhnend drücke ich die Spülung und lasse mich erschöpft gegen die Kabinenwand fallen. „Das hier ist das Mädchenklo, was machst du hier?", stoße ich hervor und schließe vor Übelkeit die Augen.
„Ich wusste ja nicht, dass du auf die Toilette rennst. Du bist einfach aufgestanden und weggelaufen", protestiert Archie und hält mir etwas Toilettenpapier hin.
„B, Archie, was ist passiert? Ist alles in Ordnung?", ruft Veronica, die sich nun auch zu mir runtersetzt. Ich nicke etwas wehleidig und Archie erzählt von meinem Vorfall.
„Archie, bitte hol Betty etwas Wasser", bittet Veronica und schiebt ihn leicht zur Seite. Er nickt nur und verschwindet dann unter angewiderten Blicken von ein paar anderen Mädchen, die sich vor dem großen Spiegel in der Mädchentoilette die Wimpern tuschen.
„Meine Güte, Betty, du hast mir so einen Schreck eingejagt", murmelt Veronica fassungslos und nimmt mich in den Arm. Ich seufze nur, mich hat es ja auch geschreckt.
„Wahnsinn. Jughead ist jetzt wohl ein richtiger Serpent."
Und schon wird die Wunde wieder aufgerissen. Ich spüre wieder, wie sich die Übelkeit in mir breitmacht und schiebe Ronnie leicht weg. Mit wackeligen Beinen stehe ich auf und gehe, noch immer etwas benommen, zu den Waschbecken rüber.
„Er ... soll machen, was immer er will", sage ich mit unsicherem Unterton. Als ich mir die Hände wasche, kann ich Veronica mir verschränkten Armen im Spiegel sehen.
„Betty, das kannst du nicht auf dir sitzen lassen. Dieser Typ ist sowas von dreist! Erst belügt er dich und jetzt tut er auch so, als wäre er der größte Bad Boy von ganz Riverdale, nur weil er ein unschuldiges Mädchen dermaßen verletzt hat."
Sie kommt auf mich zu und nimmt meine Hände. „Betty", flüstert Ronnie und drückt meine Hände ganz fest, „damit kommt Jughead nicht davon. Glaub mir, dieser Widerling wird noch alles bereuen, was er dir angetan hat."
Als Veronica meine Hände wieder loslässt, erkennt sie die Blutflecken an ihren Fingern. „Wie zur Hölle?", murmelt sie und blickt erst auf ihre Hände, dann auf meine.
„Oh, mein Gott. Betty, du blutest ja!", schreit sie und blickt auf meine Handflächen. Durch das Händewaschen hat sich das Blut mit dem Wasser vermischt und fließt nun noch schneller.
Veronica reißt ein paar Papiertücher aus dem Spender und wickelt sie um meine Hände. „Ich bringe dich zur Krankenschwester. Und danach nach Hause", sagt sie und zieht mich sanft bis zur Tür.
„Nein, V, bitte nicht", sage ich, als wir auf dem Flur stehen. Die Tücher sind schon vollkommen durchnässt mit Blut, und ich ernte ein paar erschrockene und komische Blicke von den anderen Schülern.
„Betty, was auch immer da passiert ist, sollte behandelt werden", sagt Veronica entschieden und zieht nun nicht mehr ganz so zaghaft an meinem Arm.
„Ronnie, das ist halb so schlimm. Wirklich!", beteuere ich und es stimmt. Durch die Taubheit, die schon seit Tagen in meinem Körper herrscht, fühle ich nichts mehr außer den Schmerz, den Jughead mir hinzugefügt hat. Jeden physischen Schmerz nehme ich kaum noch wahr.
Plötzlich wird Veronica leicht zur Seite geschubst, und zwar indem ein großer, schlaksiger Kerl sie mit seinen muskulösen Armen zur Seite drängt. Veronica wird kurz, aber mit einer gewissen Härte, gegen die Wand geschubst.
„Hey, pass auf wo du hinläufst, du Idiot!", ruft sie dem Jungen hinterher und streicht sich die Bluse glatt. Ehe diese Worte ausgesprochen sind, wünschte ich, sie hätte es nicht gesagt.
Der Typ dreht sich um und lächelt Ronnie verschmitzt an.
Überall auf dieser Welt hätte ich dieses fiese Lächeln erkannt, das mir noch immer Gänsehaut bereit.
„Was, wenn nicht, Kleine?", sagt Sweet Pea mit tiefer Stimme.
Wie automatisch beginnt mein Herz wieder zu rasen.
Ich will etwas sagen, am liebsten will ich rennen, doch meine Füße scheinen am Boden zu kleben.
„Sonst hast du meine neuen Louis Vuittons gleich im Gesicht", zischt Veronica und in der Gruppe von Serpents, die sich wie eine Mauer hinter Sweet Pea gestellt haben, geht ein Raunen durch.
Sweet Pea lacht verächtlich und kommt einen großen Schritt auf Veronica zu. Er ist ein gutes Stück größer als sie, sodass Ronnie ihren Kopf in den Nacken legen muss, um in seine tiefschwarzen Augen gucken zu können.
„Klingt ja gefährlich", murmelt er und streicht Veronica eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Danach geht wieder ein Raunen durch die Menge, da Veronica blitzschnell Sweet Pea's Hand weggefegt hat und ihm eine ordentliche Ohrfeige geben hat.
„Was mich noch ein einziges Mal an, du Perverser", zischt sie und zieht ihn am Kragen seines abgenutzten Hemds zu ihr auf Augenhöhe, „dann werde ich dich umbringen."
Veronica schubst Sweet Pea mit aller Kraft, doch der taumelt nur ein paar Schritte nach hinten.
„Leute, was ist hier los?"
Die Stimme, die mich früher immer zum Lachen gebracht, und nun zum Weinen bringt, ertönt wie ein Donner hinter mir.
Veronica dreht sich sofort um und packt mich wieder am Arm. Dabei ruft sie noch: „Serpents, macht einen Abgang!"
Doch die Gruppe an jungen Serpents, die seit der Eskalation am Wochenende deutlich kleiner geworden ist, bleibt standhaft.
Veronica zuckt lustlos mit den Achseln. „Von mir aus, bleibt, wo ihr seid. Wenn ihr euch das Blutbad ansehen wollt, ist mir das recht."
Mit diesen Worten geht sie auf Jughead zu und lässt mich los.
„Ronnie ...", krächze ich, da meine Kehle ganz trocken ist. Jughead hat bis jetzt jeden Blickkontakt mit mir gemieden, doch nun scheint er besorgt.
„Veronica, was ist passiert?", fragt er und nickt mit dem Kopf in Sweet Pea's Richtung.
„Hat er etwas damit zu tun?"
Er wendet sich wieder zu mir. „Betty, hat er...", doch Veronica unterbricht ihn. „Halt deine Klappe, Jughead", keift sie. Dann geht sie einen weitern Schritt auf Jug zu, der nun etwas nervös einen kleinen Schritt nach hinten macht.
„Du denkst also, dass du einfach so davonkommst, richtig? Du denkst wirklich, dass das Alles keine Konsequenzen für dich hat? Du hältst dich wohl für besonders schlau. Soll ich dir etwas sagen?" Veronica geht immer mehr Schritte auf Jughead ein, dieser taumelt immer weiter zurück.
„Du hast dich messerscharf geschnitten, mein Lieber. Du fühlst dich wie der Größte, weil du einem unschuldigen Mädchen alles, sogar die Jungfräulichkeit, gestohlen hast."
Nun geht ein leises, dümmliches Lachen durch die Menge.
„Irgendwann, Jughead Jones, irgendwann, da wirst du dir wünschen, niemals nach Riverdale gekommen zu sein. Du denkst, du kennst mich? Schon wieder geschnitten, eine schöne, tiefe und klaffende Wunde. Du willst spielen? So, wie du mit Betty gespielt hast? Von mir aus. Aber ich habe eine neue Regel."
Nun bleibt sie Stehen, genau wie Jughead.
„Wir spielen mit offenen Karten, verstanden?"
Und bevor Jughead antworten kann, liegt Veronica's geballte Faust schon auf seinem Kiefer und er am Boden.

Falling in Love with You ✔️Where stories live. Discover now