Kapitel 42

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Ich sitze im Pop's und warte auf Toni. Wir wollten uns hier treffen, ich habe ihr von dem Gespräch mit meinem Dad erzählt. Ich kann es Betty noch nicht sagen, es ist zu früh. Toni hat immer einen guten Rat, deswegen habe ich sie hierher bestellt.
Im Pop's ist es ungewöhnlich leer. Montagabends sitzen hier eigentlich viele Schüler, die ihre Hausaufgaben machen oder Nachhilfe geben. Häufig sind hier auch viele Arbeiter, die abends vorbeikommen um einen Kaffee oder ein schnelles Abendessen zu bestellen.
Außer mir sitzen hier nur ein Paar, er heißt Moose und sie heißt glaube ich Midge, ich kenne sie aus meinem Literaturkurs.
Ich habe mir einen Cheeseburger und Pommes bestellt, beides habe ich schon fast aufgegessen, ich habe Toni noch ein paar Pommes übrig gelassen.
Wie aufs Stichwort höre ich die Ladentür aufschwingen, und Toni kommt herein, in Begleitung von ihrer Freundin Peaches.
„Hey, Jones", begrüßt Toni mich und lässt sich auf die rote Lederbank gegenüber von mir fallen. „Ich hab Peaches mitgebracht, wir hatten eigentlich ein Date."
Peaches hebt die Hand und murmelt etwas mit ihrer rauen Stimme.
„Du und FP, ihr habt gestritten?", stellt Toni fest, während sie die restlichen Pommes isst.
Ich nicke. „Ja. Ich habe ihm von Sweet Pea erzählt, aber er wollte nicht helfen. Er will Betty zuerst kennenlernen, bevor er uns hilft. Aber es ist zu früh, Toni. Viel zu früh, ich kann es ihr doch jetzt noch nicht sagen."
Ich bin schon fast am schreien, so sehr regt es mich auf.
„Jughead, beruhig dich. Wir kriegen das hin, verstanden?"
Toni hat über dem Tisch nach meiner Hand gegriffen und drückt sie leicht. „Jones, ich lasse dich nicht im Stich, hörst du?"
Ich nicke langsam. Toni öffnet wieder den Mund, schließt ihn dann aber wieder.
„Was ist?", frage ich und ziehe leicht meine Hand weg. Sie zögert. „Ach, ich habe heute nur etwas mitbekommen. Ich weiß auch nicht, ob es wirklich stimmt", murmelt sie und starrt zu Boden.
„Was meinst du? Sag es!", dränge ich, ich habe das Gefühl, dass es nichts Gutes ist.
Toni macht eine lange Pause, sieht Peaches an und spricht dann endlich: „Ich habe heute mitbekommen, wie Betty und Archie miteinander geredet haben. Über einen Kuss, in Archie's Auto."
Ich starre sie an, ich kann nicht glauben, was Toni gerade gesagt hat. „Toni, nichts für ungut, aber Betty würde so etwas niemals tun, glaub mir. Du musst dich verhört haben", sage ich und klaue mir die letzte Pommes.
„Wie du meinst, Jones. Ich glaube aber nicht, dass deine kleine Betty so unschuldig ist. Wenn du mal die rosarote Brille absetzten würdest, dann könntest du es auch sehen", faucht sie und haut mit der flachen Hand auf den Tisch. Pop guckt zu uns herüber, um sicher zugehen, dass wir uns gleich nicht an die Gurgel springen.
„Was sehen?", frage ich und verenge meine Augen zu Schlitzen. Toni beugt sich langsam vor und sieht mich durchdringend durch ihre dunklen Augen an. „Dass Betty immer noch Hals über Kopf in diesen Archie verliebt ist, du Idiot. Du bist ein scheiß Spielzeug für sie!"
Ihre Stimme ist ein leises Zischen, genau wie bei einer Schlange.
Ich springe auf und knalle einen Zehn Dollar auf den Tisch, fürs Essen.
„Du weißt doch gar nicht, worüber du da redest, Toni!", zische ich zurück. „Glaub ja nicht, dass ich die jetzt noch helfen werde, Jones. Du bist ein hoffnungsloser Fall. Sieh dich doch mal an, du bist ein armer Junge aus einer Gang. Betty ist das perfekte Mädchen, hast du sie dir mal angesehen? Ehrlich, Jughead, du bist doch nicht auf den Kopf gefallen."
Ihre Worte treffen mich mitten in die Magengrube. Toni ist meine einzige richtige Freundin. Solche Worte aus ihrem Mund zu hören, schmerzt.
„Babe, beruhig dich." Peaches legt einen Arm um Toni und redet behutsam auf sie ein.
„Nein", sagt Toni. „Nein. Jughead, du bist mir wichtig. Meine Zukunft als Serpent liegt in deinen Händen. Du bist mein Freund, schon seit Jahren. Ich lasse nicht zu, dass dieses Mädchen dich komplett verarscht."
„Betty verarscht mich nicht! Mein Gott, sie liebt mich. Warum versteht das keiner?", schreie ich. Pop schaut schon wieder zu uns rüber, die paar Gäste im Pop's haben sich ebenfalls umgedreht, oder das Diner verlassen.
Ich nicke Pop entschuldigend zu und stürme dann aus dem Laden. Ich höre Toni und Peaches hinter mir diskutieren. Ich laufe auf den Parkplatz, schließe mein Auto auf und setze mich hinein. Dann knalle ich die Tür laut zu. Im Rückspiegel erkenne ich, wie Toni, gefolgt von Peaches, aus dem Diner gelaufen kommt.
„Du kannst vor deinen Problemen nicht wegrennen, Jones!", ruft Toni. Durch den Rückspiegel kann ich die Tränen auf ihren Wangen sehen.
Aber mich interessiert es nicht. Ich starte den Motor und fahre los.

„Jug-head, wie schön dich zu sehen. Betty ist in ihrem Zimmer und lernt für eine wichtige Klausur. Komm herein, aber bleib bitte nicht zu lange, diese Klausur ist äußerst wichtig für Ihre Collegebewerbungen."
Ich stehe vor Betty's Haustür. Alice hat mir die Tü geöffnet, ihr scheint es wieder besser zu gehen. Sie trägt ein Kostüm, bestehend aus einem grauen Stiftrock und einem Jackett im gleichen Grauton. Darunter schimmert eine luftige weiße Bluse.
„Danke, Ms. Cooper. Ich werde mich beeilen", sage ich und schreite an ihr vorbei, die Treppen hinauf zu Betty's Zimmer.
„Die Schuhe, Jug-head. Ich habe gerade gewischt!", ruft sie mir hinterher. Oben im Flur streife ich mir meine dreckigen Chucks ab und lasse sie neben der Treppe stehen.
Dann geht eine Tür auf.
„Jug, was machst du denn hier?"
Betty kommt aus ihrem Zimmer zu mir gelaufen. Sie bleibt kurz vor mir stehen, dann küsst sie mich. „Hast du mich angerufen? Sorry, mein Handy war aus. Ich hab den ganzen Nachmittag über gelernt."
Sie zieht mich rüber in ihr Zimmer. Ich weiß noch, als ich das aller erste Mal hier drin war. Hier habe ich sie geküsst, zum ersten Mal.
„Juggie, ist alles okay?", fragt Betty besorgt, als ich einfach nur reglos in ihrem Zimmer stehe. Ich sehe mich ein wenig um, ihr Zimmer ist wie immer aufgeräumt. Nirgends liegt auch nur irgendwas rum.
„Wir müssen reden, Betty", sage ich nach einer Weile und lasse mich auf ihr gemachtes Bett fallen. Betty schluckt und setzt sich neben mich. „Was ist denn passiert?", fragt sie und nimmt meine Hand. Sie sieht mich ganz traurig aus ihren wunderschönen grünen Augen an. Nein, sie kann Archie nicht geküsst haben. Das würde meine Betty niemals tun.
Ich atme hörbar aus und versuche, die Worte, die ich gleich sagen werde irgendwie in einen sinnvollen Satz zu formen.
„Toni hat mir erzählt, dass sie mitbekommen hat, wie du und Archie darüber geredet habt, dass ihr euch geküsst habt", sage ich schließlich. Die Worte hören sich so bescheuert an, das kann doch gar nicht wahr sein.
„Oh."
Ich sehe Betty an. Ihre Augen füllen sich langsam mit Tränen.
„Oh?", sage ich, als wäre das schon die Bestätigung.
„Betty, hast du wirklich ... du und Archie ... ist es wahr?"
Ich kann es nicht glauben. Das hat sie niemals getan. Nein, das ist ein Streich. Alles in mir sträubt sich dagegen, es zu glauben.
„Betty, rede doch bitte", bringe ich heraus und starre sie an. Ihre Miene ist emotionslos, nur ihre Augen zeigen mir, was sie fühlt. Betty beginnt stumm zu weinen. Wortlos, und ohne jegliche Schluchzer, rollen ihr die Tränen über die Wangen. Sie tropfen auf ihre Hände, rollen über auf meine, die sie immer noch mit ihren warmen Fingern verschlungen hat.
„Betty ...", flüstere ich. Da öffnet sie den Mund, schließt ihn aber wieder. Dann öffnet sie ihn wieder, aber es dringt nur ein großer, verzweifelter Schluchzer aus ihr heraus.
„Jug, ich ... es tut mir so leid. Aber ... so war es nicht", stammelt Betty.
Ich will sie ja in den Arm nehmen. Ich will ihr sagen, das alles gut ist. Ich will ihr sagen, dass ich sie liebe.
Aber ich kann es nicht.
„Er hat mich geküsst, Jughead. Wirklich, ich habe es nie erwidert. Er hat es am Mittwoch gemacht, in seinem Auto, nach der Probe. Und da habe ich ihm gesagt, dass ich dich liebe. Ich habe es ihm gesagt, und ich habe es auch gemeint. Deswegen habe ich den Song nicht mehr mit ihm gesungen. Weil er uns kaputt machen wollte, Juggie." Die Worte sprudeln nur so aus Betty. Ich muss jedes Wort, was sie gerade gesagt hat, erstmal verarbeiten.

Falling in Love with You ✔️Where stories live. Discover now