Kapitel 69

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„Betty, was denkst du darüber?"
Es ist Montag.
Veronica, die netterweise ihren Stolz abgelegt hat und nun wieder mit mir redet, und ich sitzen gemeinsam mit Kevin und Joaquin, seinem neuen Freund, im Aufenthaltsraum.
Jedoch, habe ich mich zugehört.
Ich höre niemandem mehr zu.
Egal, wo ich bin, egal, was ich mache, immer kreisen meine Gedanken um ein und dieselbe Person.
Es ist einen Monat her.
Ein Monat, indem sich alles verändert hat.
Indem ich alles verloren habe.
Ich habe wenig geschlafen.
Seit Wochen schlafe ich schlecht, aber nun schlafe ich kaum noch.
Jede Nacht wache ich von einem neuen Albtraum auf.
Und es ist immer das Gleiche.
In meinem Traum geht es um das Ritual.
Ich sehe, wie ein Dutzend erwachsener und kräftiger Männer auf Jughead einschlagen.
Blut spritzt durch die kühle Luft.
Jughead's schmerzvolle Stöhne sind zu einem kaum aushaltbaren Schreien geworden.
Ich stehe nur weniger als 10 Meter von dem Gemetzel entfernt.
Ich will schreien, um Hilfe rufen, auf ihn zu rennen, ihn befreien ... doch es geht nicht.
In meinem Traum kann ich mich nicht bewegen.
Nicht einmal meine Augen blinzeln, sodass ich mir alles bis zum bitteren Ende ansehen muss.
„Hallo? Betty? Was hältst du von der Idee?"
Ich zucke vor Schreck kurz zusammen und sehe verwirrt in Joaquin's strahlend blaue Augen, die mich schon seit einer Weile fixieren.
Doch, die gerade gestellte Frage kam nicht von ihm.
Veronica zupft mir nun ungeduldig am Ärmel. Die ganze letzte Unterhaltung habe ich nicht mitbekommen.
„B, ich rede mit dir! Es gebt um den Weihnachtsbasar. Der ist in weniger als zwei Wochen, und ich habe einfach nur eine grandiose Idee dafür!"
Kevin schnaubt verächtlich. „Ronnie, eine Kussbude ist keine "grandiose Idee". Das ist total old school, glaub mir."
Veronica schmollt beleidigt, doch feiert natürlich direkt mit weiteren Argumenten und verfällt in eine richtige Diskussion.
Mein Blick klebt am Fußboden, da ich mich nicht traue, aufzuschauen. Ich kann buchstäblich fühlen, wie Joaquin's durchdringen Augen auf mir lasten.
Warum muss er denn nun mit uns abhängen?
Warum kann er nicht, wie sonst auch, bei seinen Serpents sitzen?
„Okay. Betty, was hältst du von einer Kussbude zu Weihnachten?"
Kevin's Frage war nun eindeutig an mich gerichtet, obwohl ich mich aus dem Gespräch heraushalten wollte.
Ich blicke auf, und das Erste, was ich sehe, sind Joaquin's quälende Augen.
„I-ich weiß nicht", stottere ich und wende den Blick wieder ab. „Das hat ziemlich wenig mit Weihnachten zu tun. Außerdem, wer würde denn bitte Leute dafür bezahlen, damit sie einen küssen?"
Kevin drückt mir vor Stolz einen Kuss auf die Wange, anscheinend war meine Antwort goldrichtig.
„B, überleg doch mal. Wenn wir die richtigen Girls finden, zum Beispiel wie Cheryl und Josie und Toni, dann verdienen wir damit eine Menge! Mir ist es eigentlich auch egal, was ihr davon denkt. Meine Idee habe ich dem Schülerkomitee schon vorgestellt, und die lieben es." Veronica lächelt triumphierend und legt mir einen Arm um die Schulter.
„Warum wusstest du nichts davon? Du bist doch die Vorsitzende des Komitees?", fragt Kevin verwundert.
Ich zucke gleichgültig mit den Schultern. Ich habe die meisten der letzten Treffen verpasst, daher bin ich wohl schon lange nicht mehr auf dem ersten Stand.
„Wie dem auch sei, B, du bist meine beste Freundin und ich will, dass du in mein Team kommst."
Veronica steht lachend auf und zieht mich an den Händen mit hoch.
„Was für ein Team?", frage ich verwirrt, doch in Ronnie's Augen glänzt schon der Ehrgeiz.
„Ich mache dich zu meinem Sous Chef, meine Liebste. Wir beide werden mit unserer Kussbude die meisten Lorbeeren sammeln, vertraue mir!"
Seufzend lasse ich mich wieder in die gemütliche rote Couch sinken.
„Von mir aus", sage ich nach einer Weile und willige ein. Etwas Ablenkung könnte ich schon gebrauchen.
„Aber ich werde niemanden küssen. Erst recht nicht für Geld."
Warum denn nicht?", lacht Kevin, „Jughead würde bestimmt 100 Mäuse zahlen, um dich zu küssen."
Veronica stößt einen verächtlichen Laut aus und Joaquin nimmt endlich seinen klebenden Blick von mir. Kevin schaut durch die Runde, und als sein Blick an mir hängen bleibt, versteht er.
„Oh. Sorry, Leute. War wohl ein bisschen zu früh. Tut mir leid, Betty."
Ich bemühe mich um ein Lächeln, was mir schwerfällt, und nehme seine Hand.
„Schon gut, Kev", krächze ich und spüre, wie das Lächeln in meinen Wangen weh tut.
„Ich dachte, du und Jughead seid wieder zusammen?", meldet sich Joaquin zu Wort und starrt mich wieder an.
„Wie bitte?", schrillt Veronica und sieht erst ihn, dann mich an.
„Betty, das stimmt doch wohl nicht..."
„Warum würdest du das denken?", unterbreche ich und lehne mich etwas vor, um Joaquin genauso anstarren zu können.
„Ich habe dich gestern gesehen. Im Trailer Park. Erst hast du ein paar Typen bedroht und dann bist du zu Jug's Trailer gegangen. Er hat dir halbnackt die Tür geöffnet und dich dann reingelassen. Das wirkt für mich schon, wie ein geheimes Rendezvous."
Seine Stimme ist kühl und gedämpft, als wolle er nicht, dass alle mitkriegen, was er sagt.
Als er fertig ist, schnappt Veronica hörbar nach Luft und Kevin haucht ein „Oh, mein Gott".
Ich bin komplett baff.
Joaquin hat mich gestern beobachtet?
Im Trailer Park?
„B, du hast Serpents bedroht? Bist du auf deinen eigenen Tod aus, oder was?", murmelt Veronica und greift nach meiner Hand, doch ich ziehe sie weg.
„Ronnie, das Entscheide ist doch, dass sie wieder Sex mit Jughead hatte. Warum tust du so etwas? Das steht Nancy Drew aber gar nicht!", witzelt Kevin, um die Spannung zu lockern, doch es gelingt ihm nicht.
Wütend springe ich auf.
In meinen Ohren rauscht mal wieder das Blut und mein Herz zerreißt mir fast in der Brust.
Zitternd vor Wut beuge ich mich zu Joaquin herunter. „Ich habe nicht mit Jughead geschlafen. Ich war nur bei ihm, um ihm von dieser ganzen ... Serpent-Sache abzubringen. Ihr seid gefährliche Kriminelle. Ich wollte nicht, dass er dahinein gezogen wird, aber jetzt ist es mir egal", zische ich.
Meine Wangen glühen vor Emotion.
Joaquin steht ebenfalls auf.
Erst gar nicht so viel größer als ich, nur etwas einen halben Kopf.
„Du hast ihm das Ultimatum gestellt, nicht wahr? Entweder du, oder wir. Und er hat sich für die Serpents, für uns, für mich, entschieden, nicht wahr?" Joaquin lacht ein leises, raues Lachen und beugt sich dann vor, bis hin zu meinem Ohr.
„Hör mir mal zu, Cooper. Wir Serpents gewinnen immer. Wenn wir noch nicht gewonnen haben, dann ist es noch nicht vor."
Dann sieht er mir wieder mit diesem eisigen Blick in die Augen, anschließend verlässt er den Raum.
„Grüß Jughead von mir, wenn du's das nächste mal versuchst", ruft Joaquin noch im Vorbeigehen.
Dann ist es ruhig.

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