Kapitel 41

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Nach der Schule fahre ich Betty schnell nach Hause.
„Danke fürs Fahren, Juggie. Telefonieren wir später?", fragt sie, nachdem sie sich zu mir rüber gebeugt hat und mir einen einen Abschiedskuss gegeben hat.
„Klar", antworte ich und streiche Betty zärtlich über die Wange. „Ich ruf dich an."
Betty lächelt mir zu, schnappt sich ihre Tasche und öffnet die Autotür. Beim Aussteigen dreht sie sich nochmal zu mir um. „Und, Juggie", sagt sie, „denk dran: bitte lass diesen Idioten in Ruhe. Ich will nicht, dass dir etwas passiert."
Ich nicke nur und versichere Betty, dass ich Sweet Pea nicht anrühren werde. Sie lächelt mir dankend zu und geht dann die einzelnen Stufen zu ihrem Haus hoch. Ich warte noch, bis die Tür ins Schloss fällt, dann fahre ich los.

„Hi, Dad", begrüße ich meinen Vater und werfe die Autoschlüssel auf den Küchentisch. Ich gehe direkt rüber zum Kühlschrank, nach der Schule habe ich immer einen Mordshunger.
Verwirrt schreckt FP hoch, er ist auf der Couch eingenickt. Normalerweise lasse ich ihn immer schlafen und gehe einfach an ihm vorbei. Aber diesmal brauche ich ihn ja.
„Wo warst du Junge? Wie viel Uhr ist es?", stöhnt mein Vater und greift nach der, zur seiner Enttäuschung, leeren Bierflasche.
„Wir haben 15:00 Uhr, ich komme von der Schule, Dad", sage ich und schütte mir eine ordentliche Menge an Cornflakes in einer Schüssel. Mein Dad kommt ebenfalls in die Küche, um sich ein neues Bier zu holen. Er trägt die Klamotten vom Vortag und seine Haare sind zerzaust. „Wie war die Schule, Junge?", fragt er, als er sieht, dass es kein Bier mehr gibt.
„Es war langweilig, hier, trink ein Wasser", sage ich und halte FP ein Glas hin. Ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen. In Wahrheit habe ich die restlichen Bierdosen und weiter alkoholische Getränke unter meinem Bett versteckt, damit er sie nicht findet.
FP macht irgendwelche Geräusche, sie sollen signalisieren, dass er zugehört hat, es ihn aber nicht interessiert.
„Dad, ich wollte noch mit dir sprechen", sage ich mit vollem Mund. Ich habe vergessen, die Milch heute morgen wieder in den Kühlschrank zu stellen, jetzt ist sie warm.
„Geht nicht, Junge. Ich muss zur Bar, ein paar Serpents haben sich gestern mit den Ghoulies angelegt. Die Polizei hat Wind von der ganzen Sache bekomme, sie halten ein paar Serpents fest. Willst du mitkommen?"
Beim letzten Satz zögert mein Vater ein bisschen, so etwas hat er mir noch nie angeboten. Wenn ich mitkommen würde, dann müsste ich Sweet Pea wieder sehen, und ich kann nicht vergewissern, ob ich ihn nicht doch verprügeln würde.
„Sweet Pea hat Betty heute angefasst. An stellen, wo man fremde Mädchen nicht anfasst", platzt es aus mir heraus. FP starrt mich an. Als ich klein war, da hat er mir alle Regeln und Gesetzte der Serpents erklärte, ich kann mich aber kaum an eins erinnern. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass das ein Regelverstoß ist, sonst wäre Toni nicht so auf ihn losgegangen.
„Sag das nochmal, Junge", murmelt mein Vater.
„Sweet Pea hat sie angefasst, obwohl sie es nicht wollte. Als Betty ihn gebeten hat, aufzuhören, hat er einfach weiter gemacht", sage ich. Ich hab keine Ahnung, wie FP reagieren wird. Sein Blick ist starr und emotionslos, wie immer.
„Warst du dabei, Junge?", fragt er schließlich, immer noch mit undurchdringlicher Miene.
„Ich nicht, aber Toni war es. Sie hat ihm ein paar gescheuert und Betty zu mir gebracht. Dann hat sie es mit erzählt", erkläre ich. Mein Vater nickt, es sieht so aus, als würde er überlegen. „Und was willst du jetzt von mir?"
FP schnappt sich seine Motorradschlüssel und öffnet die Tür. Verblüfft blicke ich ihm nach. Als ich den Motor aufheulen höre, renne ich nach draußen.
„Ich will, dass du mir hilfst, Dad! Dieser Kerl hat meine Freundin angefasst, verstehst du?", rufe ich und hoffe, dass er mir antwortet. Da schaltet mein Dad den Motor wieder aus und blickt mich aus seinen hellblauen Augen an. „Deine Freundin, Junge? Ich kenne dieses Mädchen nichtmal, vermutlich ist sie nur eine Fantasie von dir."
Ich komme die morschen Stufen unserer Veranda hinunter gepoltert. „Dad, bitte. Tu irgendwas, du bist der Serpent King, der Leader. Schmeiß Sweet Pea aus der Gang, oder am besten aus Riverdale!", bettele ich, nein, ich flehe sogar.
Mein Vater schnaubt verächtlich und dreht wieder den Schlüssel, der Motor heult ein zweites Mal auf.
„Ich kenne deine kleine Betty doch gar nicht. Du willst sie deinem Vater ja nicht vorstellen. Wenn du 18 wirst, dann bist du der King, dann kannst du Sweet Pea von mir aus rausschmeißen. Er ist mein bester Drogenkurier, ich kann es mir nicht leisten, ihn rauszuschmeißen, nur wegen einem Mädchen, das du anhimmelst."
Ich seufze. Wie kann man nur so eitel und egoistisch sein?
„Dad, Betty ist nicht irgendein Mädchen. Ich liebe sie, du hättest sie sehen müssen! Sie war außer sich, wegen Sweet Pea."!
Mir ist es etwas peinlich, so etwas vor meinem Dad zu sagen, obwohl es die Wahrheit ist. Wir reden nicht viel miteinander, eigentlich nie. Deswegen ist es umso wichtiger für mich.
„Wenn Sweet Pea unbedingt ein Mädchen will, dann soll er sich eine der Stripperin im Whyte Wyrm aussuchen, da gibt's genug", brummt mein Vater und zieht sich den Helm auf. Für ihn ist die Unterhaltung beendet, jedoch nicht für mich. „Dad, was kann ich tun, damit du mir hilfst?", frage ich, womöglich flehe ich schon wieder. FP überlegt angestrengt. „Stell sie mir vor. Ich will mit eigenen Augen sehen, wie viel dir an ihr liegt. Morgenabend gehen wir im Pop's essen, um 20:00 Uhr." Mit diesen Worten heult der Motor wieder auf, und mein Vater braust davon.
Scheiße. Was zur Hölle habe ich getan?

Falling in Love with You ✔️Where stories live. Discover now