Kapitel 61

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„Habt ihr die Nachrichten gesehen? Die Schlägerei im Pop's war schlimmer als ich dachte. Mein Dad dachte, dass er das Drogenproblem in Riverdale gelöst hatte, aber jetzt muss er noch einmal von vorne damit anfangen."
Veronica, Kevin und ich sitzen in der Mittagspause im Gemeinschaftsraum und reden über das vergangene Wochenende.
„Meine Eltern waren total sauer auf mich. Warum muss so etwas auch auf meiner Party stattfinden?", meckert Ronni und fährt sich frustriert durch das weiche Haar. „Betty, wo warst du eigentlich, als es ausgeartet ist? Archie meinte, er hätte dich mit nach Hause gebracht? Wieso denn?"
Veronica scheint auf einmal ziemlich interessiert zu sein und beugt sich etwas zu mir herüber.
Ich blicke flüchtig zu Kevin, der mir mit seiner Mimik versucht, etwas mitzuteilen.
„Äh, mir ging es an dem Abend nicht so gut. Archie wollte nicht, dass ich alleine nach Hause gehe, deswegen hat er mich gefahren", stottere ich und knibbele an meinen Fingernägeln herum.
Fragend zieht Veronica eine Augenbraue hoch. „Aha, und was ist mit Jughead? Warum hat er dich nicht nach Hause gebracht?"
Ist das ein Verhör, oder wie?
Ich balle meine Hände zu Fäusten und bohre mit meinen Fingernägeln in meine Handflächen, bis es ich das warme Blut an meinen Fingerkuppen spüre.
„Betty, sag es ihr einfach", mischt sich Kevin plötzlich an und sieht mich flehend an.
„Was sollst du mir sagen?", fragt Veronica und zieht die Stirn in Falten. Auf einmal schlägt sie sich die Hand vor den Mund. „Du hast Jughead mit Archie betrogen!"
Ein paar Schüler drehen sich zu uns um und gucken mich angewidert an.
„Gott, nein, wie kommst du darauf?", rufe ich und bohre meine Fingernägel noch tiefer in meine Haut.
„Was ist es dann, Betty?"
Ich atme tief ein und versuche, mein rasendes Herz nicht zu beachten.
Ich spüre, wie sich die Tränen in meinen Augen sammeln und nur darauf warten herauszulaufen.
„Wir haben uns getrennt", stoße ich unter Atemnot hervor und presse meine Nägel tiefer und tiefer in meine Handflächen, bis ich vor Schmerz zusammenzucke.
„Wie bitte?", kreischt Veronica und die Gruppe von Schülern, die bis eben ein paar Meter neben uns standen, gehen nun weg.
„Komm runter", zischt Kevin und legt mir beruhigt seine Hand auf den Rücken. „Betty verkraftet das alles noch nicht so gut."
Veronica lacht empört. „Wow, du wusstet also davon? Was für ein Spielchen ist das hier?", keift sie und funkelt mich böse an.
„Würdest du dich bitte beruhigen?", fährt Kevin sie an. „Betty macht gerade eine schlimme Zeit durch und du hast nichts besseres zu tun als dich um dich selbst zu sorgen? Das ist mal wieder typisch, Veronica Lodge."
Veronica ist wie versteinert und wird vor Scham ganz rot. Kevin beachtet sie gar nicht und nimmt mich in den Arm, da ich schon wieder weinen muss.
Nach einer Weile setzt sich Veronica neben mich auf die rote Couch im Gemeinschaftsraum und umarmt mich ebenfalls zaghaft. „Betty, das tut mir so leid. Ich wollte dich nicht verletzten, wirklich nicht", murmelt sie und lehnt ihren Kopf gegen meine Schulter.

Ich weine noch eine Weile, dann erzähle ich Veronica alles. Mit tränenerstickter Stimme ist es ziemlich schwer, doch sie hält die ganze Zeit meine Hand und hört mir zu, ohne eine einzige Unterbrechung.
Ich erzähle von der Nacht, in der Toni ihr Handy gestohlen hat und mir eine SMS geschickt hat. Ich erzähle, wie ich hinter dem Pop's stand und die zwei Gestalten auf mich zugelaufen sind. Ich erzähle von Sweet Pea, der much bedrängt hat. Ich erzähle, wie Jug mich angefleht an, ihm zu verzeihen.
Ich erzähle alles.
„Oh, mein ... Gott", haucht Veronica, nachdem ich fertig bin.
„Oh ... mein ... Gott."
Ich nicke und schniefe. „Du sagst es", murmele ich und trockne mir das von tränenüberströmte Gesicht.
„Nie, nie, niemals hätte ich gedacht, dass Jughead Jones ein Serpent ist. Da hätte ich eher geglaubt, das Kev hetero ist", sagt Veronica verblüfft. Kevin wackelt belustig mit den Augenbrauen und ich zwinge mich zu einem Lachen.
Nach einer Weile des stillen Überlegenes, haut Ronnie schließlich mit der flachen Hand auf den Couchtisch. Ich zucke zusammen und Kevin verschluckt sich an seinem Wasser.
„Betty, du glaubst ja wohl nicht, dass dieser dreckige Mistkerl damit einfach davonkommt, nicht wahr?", fragt Veronica und verzieht ihre geschminkten Lippen zu einem fiesen Grinsen.
Ich seufze. „Doch, das wird er, V. Ich hab doch gesagt, er kann nichts dafür, dass er ein Serpent ist. Er ist da irgendwie ... hineingeboren oder so."
Veronica schüttelt wie wild den Kopf und ihr teurer Schmuck, der in Form als Halskette und als diverse Armbänder an ihr hängt, klimpert.
„Rache ist süß, Nancy Drew", flüstert sie. „Dieser Idiot hat sich belogen und dir alles genommen. Er wird dafür bezahlen, aber nicht in Form von Geld", murmelt sie und macht ein angestrengtes Gesicht, als würde sie überlegen.
„Oh. Mein. Gott", stößt Kevin hervor und blickt hinter mich und Veronica. Seine Augen sind weit aufgerissen und sein Mund formt ein O. „Dreht euch ja nicht um", flüstert er und sein Blick scheint irgendwas oder irgendwem zu folgen.
Natürlich hören Ronnie und ich nicht auf ihn und drehen uns gleichzeitig um.
Es ist ein Szenario wie in einem Film.
Die Tür geht auf und herein kommt das Böse.
Eine Gruppe an Außenseitern. Die Freaks, die entweder niemand mag, oder die Freaks, vor denen jeder Angst hat.
Dieses Mal ist es Letzteres.
Drei Jungs in abgewetzten Klamotten, der eine hat ein Schlangentattoo auf dem Hals. Drei Mädchen in zu kurzen Klamotten mit zu weitem Ausschnitt.
Und ganz vorne steht er.
Und sie.
Er hat den Arm um sie gelegt.
Seine Lederjacke liegt eng an seinem Körper.
Seine Haut wirkt blasser wegen der dunklen Farbe.
Sein Blick ist starr und trotzdem wild, ihr Blick ist seelenruhig und geht durch die Menschenmenge im Gemeinschaftsraum, denn alle Aufmerksamkeit ist auf dieses Gruppe von Freaks gerichtet.
Die Serpents.
Und Jughead gehört zu ihnen.
Als er mich sieh, ändert sich sein Gesichtsausdruck schlagartig. Erst scheint er etwas verloren zu sein, dann lächelt er mich verspielt an.
„Scheiße", haucht Veronica.
„Mmh-Mmh", macht Kevin.
Und ich stehe auf.
Ich stehe auf und renne hinaus. Ich laufe an Jughead und Toni vorbei, doch er beachtet mich kaum.
Er zuckt nickt einmal mit der Wimper.
Ich renne zu den Mädchentoiletten und reiße eine Kabinentür auf. Ich habe nicht mehr genügend Zeit, um sie abzuschließen, ich lasse mich einfach aus die Knie fallen, klappe den Klodeckel hoch und übergebe mich.

Falling in Love with You ✔️Where stories live. Discover now