Chapter 1

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Es war Samstag Abend, doch anstatt mit meinen Freunden die Nacht unsicher zu machen bevorzugte ich es heute, in meinem kuscheligen Bett liegen zu bleiben und mein Buch fertig zu lesen.

Vielleicht aber auch nur, weil es Scott Andersons Party war und ich dort bei bestem Willen nicht hin wollte. Dieser Typ war Footballcaptain, verdammt gut trainiert mit hellbraunen Haaren die ihm immer wieder in die Stirn fielen und so seine rehbraunen Augen betonten, mit deren Zwinkern er die Mädchen reihweise um den Verstand brachte.

Ach ja, außerdem war er ein Brechmittel auf zwei Beinen was seinen Charakter anging.

Also war es mir wirklich lieber, heute Zuhause zu bleiben um auf keinen Fall mit seinem, wie er es nannte, Charme in Berührung zu kommen.

Lächelnd klappte ich mein Buch zu und lehnte mich träumerisch mit meinem Kopf an die Wand. Ich liebe es, wenn sich das Mädchen schließlich für den Guten in der Geschichte entscheidet und versank immer wieder auf's Neue in den bildhaften Wörtern, obwohl ich sie eigentlich schon auswendig kannte.

Innerlich über das Happy End freuend, das beim sechsten Mal noch genauso schön war wie beim ersten Mal, schwebte ich geradezu die kühle Steintreppe nach unten in unseren Wohnbereich und dann weiter in die moderne Küche.

Wie konnte man eine fiktive Liebe bitte besser feiern als mit einem rießen Becher Schokoeis?

Enthusiastisch riss ich die Tür des Gefrierschrankes auf, nur damit mein Lächeln verschwand.

"Mum!", jaulte ich wie ein kranker Hund, "Wo ist mein Eis?"

"Leer."

Eine Frau großer Worte war meine Mutter nicht und erst recht nicht dann, wenn sie wie gebannt auf ihren dummen Laptop starrte und arbeitete, was sie jede freie Minute tat.

Meine Eltern waren eigentlich nicht oft Zuhause und wenn doch, dann funktionierten sie unser Haus in ihr Büeo um. Ihre Firma war ihr ein und alles, ihr Baby und bekam mehr Liebe zugeschrieben als sonst irgendein Teil ihres Lebens.

Seufzend ging ich zur Garderobe und warf mir meine Jeansjacke über, bevor ich meine Vans anzog, meiner Mum ein "Bin gleich wieder da" zurief und aus dem Haus trat.

Es war windig und recht frisch, weshalb ich mehr als froh war meine Jacke mitgenommen zu haben, denn der nächste Supermarkt war etwa zwanzig Minuten entfernt und ich sah es nicht ein, deshalb mein Auto anzuschmeißen.

Die Sonne war gerade am untergehen, während ich an den rießigen Häusern mit den überaus gepflegten Vorgärten vorbei ging.

Fast schon zwanghaft gepflegten Gärten.

Das stimmte. Jeder hier wollte seinen Reichtum zur Schau stellen und sparte nicht an teuren Dingen, die auf den ersten Blick alles über die Bewohner des jeweiligen Hauses verrieten. Der Rasen war genau geschnitten, die Blumen wuchsen in Reih und Glied wie kleine Soldaten und in der Einfahrt standen protzige Sportwägen in den verschiedensten Arten und Farben.

Und es kotzte mich an, dass auch meine Familie zu diesen Menschen gehörte, die mit ihrem Geld zu beeindrucken versuchten.

Kopfschüttelnd lief ich weiter, bis ich endlich im nächsten Supermarkt ankam und geradewegs auf die Eistheke zulief, wo ich mir einen XXL-Becher meiner Lieblingssorte schnappte.

Gerade als ich auf den Weg zur Kasse war, fiel mir etwas auf. Oder eher jemand.

Ich erkannte nicht viel, außer dunkle, abgenutzte Turnschuhe, eine schwarze Jeans und einen ebenfalls sehr dunklen Hoodie. Er (der Körperbau sprach sehr für einen Mann) hielt ein Päckchen in den Händen, auf dem er etwas zu lesen schien. Kurz darauf steckte er es sich in die Tasche seines Pullis und sah sich auffällig unauffällig um.

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