Mehr als tausend Worte...

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(Pov. Rye)

Durch Andy ging es mir in den folgenden Tagen sowie Wochen immer besser.

Ich durfte mich wieder durch die gesamte Wohnung bewegen, denn die Ansteckungsgefahr war gebannt. Ich durfte wieder in den zusammengeschobenen Betten neben Andy schlafen. Ich durfte wieder raus gehen. Nicht, dass ich es vorher nicht durfte, doch ich war nie gegangen aus Angst, jemand könnte mich so sehen.

Mittlerweile hatte ich zwar eine immer noch sehr dünne, aber nicht mehr krankhaft magere Figur. Auch mit ganz leichtem Sport hatte ich durch Andy wieder angefangen. Jeden Tag ging er mit mir draußen spazieren. Manchmal gingen wir schweigend nebeneinander her, manchmal redete er durchgehend, manchmal standen wir einfach nur da und er küsste meine Stirn.

Direkt an dem Tag, an welchem er das erste Mal wieder mein Zimmer betreten hatte, hatte er mir das Lied vorgespielt, welches er für mich geschrieben hatte. ‚Don't hurt yourself' hieß es, trieb mir Tränen in die Augen und gab mir die Kraft wieder bergauf zu gehen.

Ganz langsam.

Aber stetig.

Immer weiter.

Bergauf.

Zudem hatten wir, beziehungsweise er, ein Gespräch, beziehungsweise Monolog, geführt, in welchem er mir immer wieder sagte wie sehr er mich liebte, mir immer wieder sagte, dass alles gut werden würde. Schlussendlich weinte ich stumme Tränen vor Rührung und schrieb ‚Selbst wenn meine Stimme nie wieder kommt und ich nicht mehr singen kann, werde ich dich niemals verlassen, solange du mich nicht bittest zu gehen' Er hatte mich kopfschüttelnd auf die Stirn geküsst mit den Worten „Ich würde dich niemals bitten zu gehen, selbst dann nicht, wenn deine Stimme nicht wiederkommen sollte, aber das wird sie, ich weiß es".

Die Tage vergingen so schnell, der Arzttermin kam immer näher. Es war der Arzttermin, bei welchem der Arzt mir das Sprechen erlauben könnte, wenn meine Stimmbänder richtig verheilt waren.

Bereits eine Woche vor dem Termin war ich dermaßen hibbelig, dass Andy mich lachend ins Bett schickte, sich kurze Zeit später neben mich legte und wir die ganze Nacht hindurch Serien guckten. Irgendwann schlief ich neben ihm ein, sodass er mich in seinem Arm hielt, während ich von ihm träumte.

Schlussendlich, es war Montag, war es soweit.

Die gesamte Band, ebenso wie Harvey und Blair quetschten sich in ein Auto und zusammen fuhren wir zu meinem, von der Operation bekannten, Arzt. Wir betraten das schneeweiß gestrichene Behandlungszimmer und wartete auf ihn. Meine Atmung ging ziemlich unregelmäßig, sodass Andy über meinen Rücken strich als ich auf seinem Schoß saß. Dann betrat mein Arzt in einem weißen Kittel den Raum und sah mich an. Schon bevor ich ganz aufgestanden war reichte er mir die Hand. „Guten Morgen Herr Beaumont. Sie scheinen ziemlich angespannt zu sein, also rede ich nicht großartig um den heißen Brei herum. Bei den letzten Untersuchungen haben wir beachtliche Fortschritte gesehen. Heute möchte ich mit Ihnen eine letzte Untersuchung machen, dann werde ich Ihnen das weitere Vorgehen erklären". Fragend schaute ich zu meinem Mann, welcher meinen Blick sofort verstand. „Er möchte wissen, ob es möglich ist, dass er heute schon wieder sprechen darf?", sprach er tatsächlich genau meine in Gedanken gestellte Frage nach.

Dies war ein Phänomen der letzten Wochen, welches ich absolut nicht verstand. Andy sah mich an und wusste augenblicklich was ich dachte. Manchmal führten wir sogar schon stumme Dialoge oder kleine Diskussionen.

Der Arzt riss mich aus meinen Gedanken, indem er die anderen aus dem Raum bat. Ohne sich zu sträuben verließen sie alle den Raum, Andy zwinkerte mir aufmunternd zu.

Eine gute Stunde untersuchte er mich.

Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, was an Stimmbändern so interessant sein sollte, aber was sollte ich schon tun. Sprechen durfte ich ja nicht.

Ich will...Where stories live. Discover now