chapter 7

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Chapter 7 -
Dumb Asshole

             
Als wir aus der Gasse rauslaufen, lässt Derek wieder von meiner Hand ab und mich verlässt die Wärme, die aufgrund der Berührung entstand. Verblüfft über meine Enttäuschung, schiebe ich meine Hände in meine Jackentaschen und ich seufze, als ich mit dem weichen Kunstfell in Kontakt komme. Es ist zwar nicht das selbe Gefühl wie Derek's Hand, aber ich gebe mich dennoch zufrieden.

Okay, wow... was rede ich da?

»Ab hier kannst du alleine weiter.«

Ich sehe mit großen Augen zu Derek, der tatsächlich einfach wieder verschwinden möchte. Doch das darf ich einfach nicht zulassen. Zumal ich ungeheuer Angst habe, nun den Rest alleine gehen zu müssen und da ich andererseits ebenso nicht möchte, dass er zurück in diese verfluchte Gasse geht.

Ich schlucke den Kloß in meinem Hals herunter und suche Augenkontakt, was eine ziemliche Herausforderung ist, denn sobald ich ihn erlangt habe, spiele ich mit dem Gedanken, wieder wegzusehen. Denn sein Blick ist viel zu intensiv und geht mir durch Mark und Knochen.

»Bitte komm mit mir«, sage ich, doch verschlucke mich im nächsten Moment, als ich realisiere, wie das rübergekommen sein muss. »I-ich meine, bitte begleite mich noch ein Stück«, korrigiere ich mich hastig und versuche die Röte aus meinen Wangen zu treiben, was sich als äußert schwere Angelegenheit herausstellt.

»Sorry, aber ab hier musst du alleine durch. Nur weil ich dir bis jetzt geholfen habe, heißt das nicht, dass ich mich um dich Sorge. Du hast dir diese Situation selbst zuzuschreiben. Nächstes mal solltest du einfach zweimal nachdenken, bevor du nachts einem Fremden in eine Gasse nachläufst. Ich glaube, du bist ziemlich naiv, Vera.«

Ich öffne ungläubig den Mund und schließe ihn erst wieder, als Derek seinen Blick von meinem löst und ohne Weiteres zurück in die Gasse läuft. Ich halte die Luft an, überwältigt von den Gefühlen, die in mir aufkommen. Ich habe lange nicht mehr so viel auf einmal empfunden. Und es erschreckt mich, dass Derek so ein Durcheinander in mir anrichten kann. Dass konnte seit Mum's Suizid nämlich niemand.

Nicht einmal mein Vater.

Ich schlucke und versuche wieder zu mir zu kommen, doch das ist schwerer als gedacht. Denn ich fühle mich von seinen Worten Gedemütigt, getroffen, aufgebracht und auf der anderen Seite fängt mein Bauch an zu kribbeln, denn er hat zum ersten Mal meinen Namen ausgesprochen. Und obwohl sich seine Worte abwertend angehört haben, meinen Namen hat er sanft ausgesprochen.

Und ich weiß nicht warum, aber das macht es besser. Ganz plötzlich fühle ich mich nicht sonderlich ängstlich und um einiges leichter. Noch immer neben der Spur trete ich den Weg nach Hause an. Und ich überstehe es überraschend gut. Eine halbe Stunde später finde ich allmählich meine verloren geglaubte Orientierung und laufe zehn Minuten später die Stufen zur Veranda hinauf. Ich sehe, dass das Licht im Wohnzimmer noch brennt, was heißt, dass Dad noch wach sein muss.

Ich schließe die Tür auf und schleiche leise ins Haus, doch anscheinend nicht leise genug, denn im nächsten Moment geht das Licht im Flur an und ich stehe meinem Vater gegenüber.

Und er scheint alles andere als erfreut zu sein.

»Wo um alles in der Welt warst du?«, ruft er, völlig fassungslos und außer sich.

Ich verdrehe die Augen. »Ich war spazieren und ein wenig an der frischen Luft. Das wolltest du doch.«

Dad sieht aus, als hätte ich ihn beleidigt. Er fährt sich aufgebracht übers Gesicht und seufzt dann schwer. »Ich wollte, dass du aus dem Haus kommst und die Gegend einwenig besser kennenlernst. Und nicht, dass du bis Mitternacht weg bleibst, ohne mir etwas zu sagen! Ich habe dich tausend mal angerufen, ich hab mir verdammt nochmal sorgen gemacht!«

»Das ist nicht dein Job, Dad! Zumindest nicht mehr, deshalb würd ich sagen, es wäre das beste, wenn du dich einwenig abregst«, entgegne ich müde über die ständigen Auseinandersetzungen. »Ich bin kaputt, ich will jetzt einfach nur schlafen... Bis morgen.«

Ich will mich gerade auf den Weg nach oben machen, als Dad mich aufhält. »Nein, so leicht kommst du mir diesmal nicht davon. Du bleibst hier, so lange ich sage, dass du es sollst.«

Ich seufze genervt. »Aber ich will jetzt nicht mit dir reden.«

»Das ist mir egal«, erwidert er barsch und scheint von meinen Worten nur noch wütender zu werden. Ich stolpere einen Schritt zurück und verschränke verärgert die Arme vor der Brust.

»Na gut, rede!«, murre ich dann lustlos.

Dad sieht mich einen Moment einfach nur an, ehe er nachlässt, den Kopf schüttelt und mich anschließend mit einem Blick ansieht, der mich leicht im Herz trifft. Er sieht total enttäuscht aus. Er sieht aus, als würde er aufgeben. »Weißt du was? Du hast recht. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt. Du kannst gehen.«

Ich bleibe einen Moment stehen und sage nichts, ehe ich schlucke und einfach an ihm vorbeilaufe. Dabei fühle ich mich total elend. Gott, warum heule ich jetzt so rum, es ist schließlich meine Schuld! Ich stoße ihn immer wieder vor den Kopf. Schließlich wollte und kann ich ihm nicht verzeihen, dass er mich zurückgelassen hat. Und das er nicht da war, als ich... - nein, als wir ihn gebraucht haben.

Vielleicht wäre Mum noch da... wenn Dad damals nicht die Sachen gepackt und gegangen wäre. Vielleicht hätte ich dann noch eine Mutter. Noch einen Menschen, der sich wirklich um mich schert. Dem ich etwas bedeute.

Ich blinzle, als meine Augen brennen und verdränge alle Gedanken, die mich in irgendeiner Weise runterziehen könnten. Ich versuche, die Mauer um mein Herz höher zu bauen und mache mich langsam Bett fertig. Dabei denke ich immer mal wieder an Derek, was nur noch mehr Durcheinander in mir schafft.

Ich werde einfach nicht aus ihm schlau. Und noch weniger aus meiner unerklärlichen Neugierde ihm gegenüber.

Warum denke ich überhaupt an ihn?

Ich glaube, ich brauche einfach wieder einwenig Schlaf und dann wird das wieder. Davon hatte ich in den letzten Wochen nämlich einfach zu wenig.

Seufzend falle ich in mein Bett, bete zu Gott und denke über meine Mutter nach, ehe ich die Augen schließe. Das Letzte, was ich sehe, ist ein vertrauter Blick aus braunen Augen, ehe ich letztendlich überraschend friedlich in den Schlaf drifte.


A/N:

Es würde mich wirklich freuen, wenn ihr mir eure Meinung in den Kommentaren dalassen könntet. Ich schätze, mit ein bisschen Motivation, wird das nächste Kapitel schnell folgen.❤️

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