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Man muss keine Stars fotografieren, um mit Bildern viel Geld zu verdienen.

Immer und immer wieder starrte ich den Satz an, den Louis gestern noch schnell auf einen Zettel gekritzelt hatte, bevor er verschwunden war.

Es war schon früher Nachmittag, als die Worte endlich in mein Gehirn eindrangen, sich tief in mir einnisteten, meine Muskeln alarmierten und mich schließlich dazu brachten, aufzuspringen und mit meiner Kamera in der Hand aus dem Haus zu stürmen.

Ich hatte einzig und alleine die Kamera dabei, und nach einigen Minuten bemerkte ich, dass ich vielleicht doch mein Geld und den Schlüssel hätte mitnehmen sollen, aber Laura war sowieso unterwegs, also hätte es nichts gebracht, jetzt noch mal zurückzugehen.

Und viel Geld hatte ich eh nicht mehr übrig.

Vielleicht war der Satz deswegen so ansprechend.

Weil Louis mir damit klargemacht hatte, dass ich endlich wieder Geld verdienen konnte, ohne Leben zu ruinieren.

Aber als ich die Straßen entlangging, immer wieder Häuser und Parks und Leute fotografierte, wusste ich, dass es ganz und gar nicht um das Geld ging.

Es ging auch nicht darum, Stars zu fotografieren.

Ich wollte nur Momente einfangen, und mein Körper wusste das, schon nach wenigen Fotos strömte wieder Adrenalin durch mich und zauberte ein Grinsen auf mein Gesicht.

Nach zwei Stunden war es mir eindeutig in den Kopf gestiegen und hatte mein Gehirn lahmgelegt, sodass ich nicht lange darüber nachdachte und auf die nächste Gruppe junger Erwachsener zuging, der ich begegnete.

„Hey, ich wollte mal fragen, ob ich ein paar Fotos von euch machen könnte. Ich liebe eure Outfits!", sagte ich, die Kamera schon fast vor der Nase und immer noch dieses Grinsen im Gesicht.

Die fünf lachten, sahen sich kurz an und zuckten dann mit den Schultern.

„Das ist eindeutig spannender, als einfach im Park zu bleiben", sagte einer von ihnen.

Und so knipste ich, bis es zu dunkel war.

Dann machte ich mich - in der Hoffnung, dass Laura inzwischen von ihren Abenteuern zurückgekehrt war - auf den Heimweg.

Tatsächlich öffnete sie mir mit einem Salatblatt in der Hand die Tür, als ich klingelte.

Stumm sah sie mich an und mampfte das Grün.

„Gib mir Geld und ich gehe einkaufen", seufzte ich.

Sie griff nach ihrem Schlüssel, der neben der Tür hing, schleuderte mir ihre Tasche entgegen und kam barfuß nach draußen.

„Ich wollte sowieso nochmal mit dir reden", sagte sie, als ich sie mit hochgezogenen Augenbrauen ansah.

„Schieß los", sagte ich.

Schweigend kaute sie weiter.

„Salat?", fragte sie dann und hielt mir den Rest des Blattes entgegen.

Trotz des Hungers, der sich langsam in meinem Körper zu Wort meldete, schüttelte ich den Kopf.

Also stopfte Laura sich das Blatt ganz in den Mund, kaute eine halbe Ewigkeit, und seufzte dann mehrmals schwer.

„Ich sage dir das echt ungern", begann sie schließlich, „aber heute haben ein paar Leute für dich angerufen."

Beinahe verschluckte ich mich an meiner eigenen Spucke.

Es gab viele Leute, die mich hätten anrufen können, und ich hätte mich bei keinem von ihnen über einen Anruf gefreut.

„War es zufällig meine Mutter, die wissen will, wer die ganzen Infos über sie und ihre Kinder in die Welt gesetzt hat?", fragte ich trocken.

„Nein", sagte Laura, „viel besser."

paparazziWhere stories live. Discover now