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„Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist meine Faust, gegen die du rennst, wenn du so weitermachst", knurrte ich.

Jules stand mit einem breiten Grinsen im Gesicht und einem Kaffeebecher in der Hand komplett angezogen vor dem Bett.

„Schön. Und jetzt raus aus den Federn. Wir fahren in zehn Minuten in den Zoo", sagte sie.

Ich starrte sie an.

„In den Zoo. Denkst du, Harry stattet den Affen einen Besuch ab?"

Obwohl sie sich bemühte, das Lachen zu unterdrücken, dauerte es eine Weile, bis Jules wieder ihr Pokerface aufsetzen konnte, welches mich schon in den letzten Tagen durchgehend begleitet hatte.

„Wer sagt, dass es hier nur um Harry geht?", fragte sie.

Ich zog die Augenbrauen hoch, während ich mit meinen Socken kämpfte.

„Ich."

„Ich sage das nicht. Deswegen gehen wir in den Zoo", sagte Jules.

Seufzend stand ich auf und ging ins Bad.

Durch die geschlossene Tür konnte ich hören, wie mir meine beste Freundin irgendwelche Dinge an den Kopf warf.

„Wenn du dich nicht beeilst, fahre ich alleine", kam es trotzig von ihr, als ich die Tür wieder öffnete.

„Immer mit der Ruhe", sagte ich nur und schnappte mir trotzdem schnell meine Kamera und die Zigaretten.

„Willst du dir nicht noch Schuhe anziehen?", fragte Jules mit hochgezogenen Augenbrauen, als ich sie erwartungsvoll ansah.

„Das passiert, wenn man mich so früh weckt und dann erwartet, dass ich gleich voll funktionstüchtig bin", grummelte ich und suchte meinen zweiten Schuh.

Als ich ihn endlich unter dem Bett gefunden hatte, liefen wir nach draußen.

Der Sonnenschein auf Jules' Gesicht konnte den Regen nicht mindern, und als wir nach einer Dreiviertelstunde am Zoo ankamen, waren wir beide bis auf die Knochen durchnässt.

Meine Kamera, die natürlich nicht in einer wasserfesten Tasche steckte, hatte ich schon nach wenigen Minuten in meine Regenjacke eingewickelt, sodass ich noch stärker zitterte als Jules.

„Das nenne ich mal einen guten Plan. Wenn du jetzt kein Ass im Ärmel hast, gehe ich wieder. Nach Hause. Nach London", sagte ich, während ich versuchte, meine Zähne am Aufeinanderschlagen zu hindern.

„Als ob es da weniger regnen würde", meinte Jules trocken. „Außerdem ist es dann wenigstens leer."

Kopfschüttelnd ging ich ihr hinterher und sah zu, wie sie zwei Karten bezahlte.

Ich musste unbedingt Geld verdienen.

Lilly und die Zwillinge hatte ich auch schon viel zu lange im Stich gelassen.

Auf einmal war ich froh, dass es so sehr schüttete, denn dadurch konnte man die Tränen auf meinem Gesicht nicht erkennen.

„Wollen wir mal schauen, ob Harry bei den Affen ist?", fragte Jules so vergnügt wie eh und je.

Obwohl sie von mir keine Antwort bekam, hüpfte sie durch die Pfützen zielstrebig in eine Richtung, als wäre sie nicht schon so viel schneller als ich.

Ich hatte das Gefühl, als würde inzwischen sogar mein Herz zittern.

Die Temperaturen, die in den letzten Tagen so angenehm gewesen waren, schienen in die Minusgrade gerutscht zu sein, und der Wind, der zusätzlich zum Regen in meinen Ohren pfiff, trieb nur neue Kälte zu mir.

Es war kein Wunder, dass wir niemandem begegneten.

„Komm schon! So viel Zeit hat dein Affe jetzt auch nicht!", rief mir Jules durch den Sturm entgegen und öffnete die Tür ins Warme.

Nein, es war wirklich kein Wunder, dass wir niemandem begegnet waren.

paparazziWhere stories live. Discover now