F I F T E E N

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F I F T E E N | So gut dieser Tag auch begonnen hatte, meine gute Laune war bis aufs letzte Körnchen verflogen. Dieses Gespräch mit Harry, das auf diese provozierenden Anspielungen und den Kuss gefolgt war, war so ernst geworden. Ich hatte ihn mit in diese ganze Scheiße hineingezogen und ich könnte mich selbst dafür hassen.

Er hatte es nicht verdient. So gemein und asozial er auch manchmal gewesen sein mochte, ich verdankte ihm mein Leben, auch wenn es, so schien es, zum Scheitern verdammt war. So lange hatte er an diesem Ort festgesessen, so viel länger als ich, und jetzt zog ich ihn wieder mitten hinein. War ich wirklich so ein schlechter Mensch?

Diese Frage wollte ich gar nicht beantworten. Jedoch fühlte ich mich wie einer, und das konnte ich auch nicht verleugnen. Ich belog meinen Verlobten, zog mich aus reinem Egoismus jemand anderem vor und machte sein Leben miserabel, nur weil meines es auch war. Wenn das keine Eigenschaften eines schlechten Menschen waren, was waren sie dann?

Zu viele Fragen, zu wenig Antworten, und egal, wie schlecht ich mich fühlte, es würde keine Lösung für mein schlechtes Gewissen geben. Ich sollte es gehen lassen. Ein tiefer Seufzer entfuhr mir, als ich die Haustür aufschloss. "Hi Noah!", rief ich in die Wohnung, was mit einem "Hallo Liebling!" erwidert wurde. Kurzerhand streifte ich mir die Schuhe von den Füßen, hängte die Jacke an die Garderobe und lief geradewegs ins Wohnzimmer, wo ich mich zu Noah auf die Couch schmiss und meinen Kopf auf seinen Schoß legte.

"So ein guter Morgen und schon wieder so ausgelaugt?", witzelte er, was mich die Augen verdrehen ließ. 

"Immer noch sehr müde.", gab ich dann zu.

"Die letzten Nächte sind aber auch echt nicht sehr ausruhend für dich gewesen, mal abgesehen von letzter Nacht.", bemerkte er leise, wohl eher für sich selbst als für mich. Doch er hatte es ausgesprochen, die ganze Unruhe, die mich Nacht für Nacht verfolgte. Ich seufzte stumm.

"Chris macht am Samstag Abend eine Party und hat uns eingeladen.", fuhr er schließlich fort, als er merkte, dass meine Laune noch weiter sank. Für die Ablenkung war ich ihm ziemlich dankbar, weswegen ich etwas lächelte und mich auf seinem Schoß so drehte, dass ich hoch in sein Gesicht sehen konnte.

"Chris hab ich ja ewig nicht mehr gesehen. Wir gehen doch, oder?", fragte ich, nun um einiges glücklicher als vor einigen Sekunden. Chris war super nett. Er gehörte definitiv zu meinen Lieblingsmenschen, wenn ich Noahs sonstigen Freundeskreis betrachtete. Nicht dass seine Freunde scheiße wären, aber viele von ihnen passten meiner Meinung nach nicht ganz so sehr zu Noahs liebenswürdiger Natur. Ich denke aber, das war ihm selbst auch bewusst.

Chris hingegen war immer für einen Spaß zu haben und wirklich, wirklich freundlich. Augenblicklich dachte ich an Cassie. "Und hey, denkst du, ich könnte noch eine Freundin mitnehmen?", hängte ich in Gedanken an.

"Na klar gehen wir. Ich wollte nur sichergehen, dass du auch möchtest, bevor ich zusage. Und wieso nicht? Ich denke Chris freut sich, wenn ein paar mehr Menschen kommen, du kennst ihn ja. Ich frage ihn aber noch mal, an wen hast du denn gedacht?", sanft und kontinuierlich strich seine Hand durch meine langen, über seinen Schoß ausgestreckten Haare.

"Cassie, meine Arbeitskollegin, du weißt schon. Sie erzählt mir immer, wie scheiße es mit den Jungs läuft, dabei ist sie echt lieb. Und Chris ist auch lieb. Und ich denke, die zwei würden sich super verstehen.", grinsend starrte ich zu ihm hoch, was Noah auflachen ließ.

"Du willst die beiden verkuppeln?", lachte er und schüttelte fassungslos den Kopf.

"Ich will, dass Cassie weiß, dass nicht jeder Mann scheiße ist. Wenn sie sich auf die Art und Weise verstehen, wäre das nur ein erwünschter Nebeneffekt.", stellte ich klar, und er lachte abermals.

Relapse (H.S.)Where stories live. Discover now