T W E N T Y O N E

25 10 2
                                    

T W E N T Y O N E | "Danke, dass du angerufen hast. Du hast mich vor dem schlechtesten Date gerettet, dass ich je hatte.", erklang Harrys Stimme neben mir, nachdem er sich vor zwei Minuten zu mir gesellt hatte. Eine Weile hatte er mich nur angestarrt und nichts gesagt, bevor er sich abgewendet hatte und begann zu reden, als würde ich nicht wie ein Häufchen Elend neben ihm stehen.

Ich hatte es nicht einmal mehr über mich gebracht, ihn anzuschnauzen, wieso er mich so blöd angaffte ohne etwas zu sagen, so erniedrigt und traurig fühlte ich mich. Der Streit mit Noah lag nicht ganze fünfzehn Minuten zurück, ich war sofort Richtung Park gelaufen und hatte Harry angerufen. Wieso ich das genau getan hatte, konnte ich mir jedoch selbst nicht so ganz erklären. Ich dachte wohl, er würde am besten verstehen, was los war.

"Ein Date?", direkt dachte ich an den Mann, der neben Harry gelaufen war, als wir uns getroffen hatten, "du bist schwul?"

Harry verdrehte ohne jeglichen Humor die Augen. "Das war ein Witz, meine Liebe."

"Daran musst du noch arbeiten.", brummte ich lustlos. Wieder spürte ich seine Augen auf mir. Die Intensivität, mit der sie starrten, erdrückte mich.

"Nein. Ehrlich gesagt fand ich den sogar ganz gut. Für meine Verhältnisse jedenfalls.", erwiderte er dann ganz normal und wendete sich wieder ab. 

Wollte er mich nicht fragen, wieso ich angerufen und nach einem Treffen gebeten hatte, oder wieso ich wie ein verheultes Wrack neben ihm stand? Stattdessen riss er unlustige Witze über sich selbst. Ich hätte ihn wohl doch nicht anrufen sollen, wahrscheinlich wäre ich mir selbst eine bessere Hilfe gewesen als er momentan.

"Wenn du meinst.", murmelte ich und kickte einen Stein vor meinen Füßen vor mir her. Ich spürte seinen Blick wieder, es wurde wirklich mit jedem Mal unangenehmer.

"Nein, ehrlich jetzt. Du hast mich echt vor einem langweiligen Abend gerettet.", meinte er nach einer Weile, dann schwieg er wieder kurz. "Willst du dann auch mal irgendwann erzählen oder hast du vor, den restlichen Abend zu schweigen?", hängte er schließlich an. Verwirrt hob ich eine Augenbraue.

"Du hast nicht gefragt."

"Wieso sollte ich denn? Du hast mich angerufen, ob wir uns treffen können, hast dabei geflennt und das alles, obwohl wir morgen eigentlich ein Treffen hätten. Da komme ich in der Erwartung, dass du mir erzählst, was los ist, sonst wäre ich ja nicht gekommen.", erwiderte er achselzuckend.

"Ich dachte eher, du wärst gekommen, weil ich nur halb so langweilig bin wie dein 'Date'.", ich schnaubte verachtend, was ihn genervt aufstöhnen ließ.

"Selbst das wäre noch ein Kompliment an dich. Amalia, ernsthaft. Lass uns nicht um den heißen Brei herumreden. Schweif nicht ab.", er seufzte und schüttelte den Kopf, was mich tatsächlich kurz verstummen ließ. Kurz überdachte ich alles.

"Ich weiß einfach nicht mehr, was ich tun soll. Es tauchen immer mehr Fragen auf, und langsam kann ich sie echt nicht mehr beantworten. Noah merkt langsam, dass irgendwas nicht stimmt. Wir streiten uns nur noch, und das macht mich langsam echt fertig. Ich kann ihm ja schlecht einfach die Wahrheit sagen, aber irgendwas sagen muss ich ja. Aber es reicht ihm einfach nicht.", murmelte ich leise, meinen Verlobungsring an meinem Finger drehend. "Er ist echt alles, was ich jemals wollte. Er ist einfach perfekt für mich, ich brauche ihn einfach. Er ist toll und lustig und verständnisvoll und bis jetzt hat er mir immer den Freiraum gegeben, den ich brauche bei diesem blöden Thema. Er hat mich immer besser verstanden, als sonst jemand anderes. Er hat mich das alles vergessen lassen, was passiert ist. Ich liebe ihn einfach." Verzweiflung schwang in meiner Stimme mit, als ich erzählte. Ich konnte nicht einmal alles in Worte fassen.

Relapse (H.S.)Waar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu