T E N

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T E N | Ich erfasste nicht wirklich, was ich da tat, als ich am nächsten Tag nach der Arbeit Indie an die Leine nahm und mit ihr anstatt in Richtung des Parks weiter Stadteinwärts lief. Dass die Hundedame mehr als nur verwirrt schien, war keine Übertreibung, schließlich war es sehr unüblich für mich, diesen Weg mit ihr einzuschlagen. Schließlich jedoch entspannte sie sich und schnüffelte mehr als zufrieden und interessiert an den ihr so fremden Straßenecken.

Ich jedoch war alles andere als ruhig. Der Weg vor mir schien meine einzige klare Sicht zu sein, was um mich herum geschah, bemerkte ich nicht. Dafür lief ich nun in einem doppelt so schnellen Tempo wie sonst, was Indie jedoch nicht mehr allzu sehr schätzte, da ich sie immer wieder hinter mir her zog, wenn sie zu lange an einem Punkt schnüffelte.

Hätte ich mir selbst vor ein paar Wochen gesagt, dass ich das tun würde, was ich eben tat, ich hätte mich selbst für bescheuert gehalten und mich ausgelacht. Doch nun lief ich hier, mit dem Handy starr in meiner Hand und lief nach und nach die Firmen ab, die Renovierungsarbeiten anboten, jedes Mal dieselbe Konversation führend, um herauszufinden, ob ein Harry Styles dort arbeitete.

Die Erfolge jedoch blieben aus. Mit jeder Firma frustrierte ich etwas mehr, was Indie auch schon bald verspürte. Winselnd zog sie den Kopf ein, als ich einmal etwas grober nach ihr rief, genaustens die Laune spürend, die von mir ausging.

Ich wusste nicht genau, was ich tun sollte. Ich glaubte nicht einmal großartig daran, dass Harry eine große Hilfe dabei wäre. Und doch musste ich mit ihm reden. Was würde ich ihm jedoch sagen wollen? 'Reiß dich gefälligst zusammen und ruiniere dein mit Mühe aufgebautes Leben wieder, weil ich heimgesucht werde'? Wohl eher nicht.

Ein weinerlicher Seufzer entfuhr mir, während ich Indie zum gefühlt hundertsten Mal an einem Pfosten in der Nähe der Tür befestigte, die in das Innere des Millennium Estates Gebäudes führte, und betrat dann kurzerhand das Foyer.

"Guten Tag.", ich setzte ein freundliches Lächeln auf, so sehr ich auch eigentlich schreien wollte, "ich suche nach einem kompetenten Unternehmen, dem ich die Renovierungsarbeiten für unser neues Heim anvertrauen kann. Wissen Sie, mein Verlobter und ich haben lange gesucht und dieses wirklich alte Haus am Stadtrand gefunden, aber mit der richtigen Einrichtung und Gestaltung sehe ich, dass es ein wunderschönes Häuschen für eine junge Familie werden könnte." Unterstützend legte ich eine Hand auf meinen völlig flachen Bauch, damit der ältere Herr hinter der Theke verstehen würde, worauf ich hinaus wollte. Natürlich war ich nicht schwanger, doch je mehr er mich verstehen würde, desto höher waren meine Chancen.

"Aber natürlich! Ich hoffe, dass Sie in unserem Unternehmen genau das finden, was sie sich vorstellen.", sprang er direkt darauf an, was mich zu einem noch breiteren Lächeln veranlasste. Es funktionierte.

"Da bin ich mir sicher. Ein guter Freund von mir arbeitet hier und hat uns dieses Unternehmen empfohlen. Harry Styles, ich bin mir sicher, Sie kennen ihn." Ich legte den Kopf etwas schief, was ihm erst einen verwirrten Gesichtsausdruck und ein zögerndes 'Ähm' entlockte, bevor er eine Mappe vor sich auf die Ablage zog.

"Ehrlich gesagt nicht. Aber ich bin mir sicher, dass er ein guter Arbeiter ist, wir schauen schließlich, dass unsere Mitarbeiter gute Leistungen erbringen.", entschuldigend lächelnd schlug er die Mappe auf und blätterte sie durch, "tut mir leid, dass ich Ihren Freund nicht in Erinnerung behalten habe, ich habe nicht oft Kontakt mit den Leuten auf dem Bau, da ich nur im Büro arbeite, ab- Ach, da haben wir es ja." Sein Finger tippte auf die aufgeschlagene Seite vor ihm, auf dem ich ein kleines Bild von jemandem erkennen konnte, der definitiv aussah wie Harry.

Innerlich musste ich breit grinsen. Nach all diesen Absagen, in denen mir gesagt wurde, dass hier kein Harry Styles arbeitete, hatte es sich endlich ausgezahlt. "So lange arbeitet er noch gar nicht hier. Einige Verspätungen.", er zog die Augenbrauen zusammen. Ach ja, kompetente Arbeiter. Dass ich nicht lache.

"Naja, jedenfalls hätte ich einige Fragen. Mir ist es sehr wichtig, dass unser Haus am Ende auch wirklich so aussieht, wie ich es mir vorstelle, deswegen muss ich mich etwas informieren. Ist das in Ordnung, wenn ich das jetzt mache?" Richtig zu Wort kommen ließ ich ihn nicht, da zog ich auch schon mein Handy aus der Hosentasche. Ich konnte mir jetzt einfach nicht leisten, dass er die Mappe zuschlug und ich nie wieder etwas von Harry hören würde.

"Ich hatte mir so ein großes, helles Bad vorgestellt, verstehen sie? Mit einer offenen, modernen Regendusche und allem drum und dran. Ich habe hier ein Bild, ich möchte mich einfach vergewissern, dass das möglich ist? Das Bad ist mir sehr wichtig, wissen Sie?" Anstatt ein Bild zu öffnen, öffnete ich als allererstes die Kamera und schoss unbemerkt schnell ein paar Bilder, dabei hoffte ich einfach, dass sie nicht allzu verwackelt waren und ich gut an die Mappe heranzoomen könnte. Dann öffnete ich Google Bilder und zeigte ihm das erstbeste Bild einer Regendusche.

"Aber na klar doch. Das ist kein Problem.", antwortete er recht verwirrt, was mich grinsen ließ.

"Super. Wenn Sie das schaffen, hab ich bei all den anderen Dingen keine Bedenken. Ich kläre zuhause ab, wann die Renovierungsarbeiten beginnen dürfen und melde mich nochmal demnächst. Vielen, vielen Dank für Ihre Hilfe.", erwiderte ich überfreundlich und machte dann auf dem Absatz kehrt, um aus dem Foyer wieder herauszuspazieren. Von seiten des älteren Mannes kam stattdessen nur ein sehr verwirrtes, bestätigendes Brummen.

Doch sobald ich die Tür hinter mir zugezogen hatte, ließ ich mich neben Indie auf dem Boden plumpsen. Mein Herz raste wie verrückt, während ich meine Gallerie öffnete, in der Hoffnung, dass auch wirklich alles geklappt hatte. Andernfalls hätte ich zwar die Firma, für die Harry arbeitete, aber immer noch ein kleines Problem ihn zu finden.

Mit dem dröhnenden Herzschlag in den Ohren zoomte ich übertrieben nervös an Harrys Mappe heran. Verdammt. Verschwommen. Den Namen konnte ich bloß erahnen, da ich ihn kannte, doch die Telefonnummer war ein einziges Chaos, eher ein schwarzer Balken als verschiedene kleine Ziffern. Ich seufzte und merkte dabei, wie zittrig der Atem war, der dabei aus meinem Mund kam.

"Verdammt, Indie. Verfluchte Scheiße.", flüsterte ich aufgebracht. Nächstes Bild. Ranzoomen. Ebenfalls verschwommen. Ich fiepte frustriert. Das konnte doch nicht wahr sein! Ein Bild weiter. Ranzoomen.

"Ja!", entfuhr es mir erleichtert, meine Stimme nur ein schwaches Lüftlein, so atemlos und leise klang ich. Hektisch schrieb ich mir seine Nummer ab und wählte sie dann nur noch unbeherrschter ins Telefon. Mein Herz schlug Saltos, als ich es schließlich an mein Ohr führte, ich fühlte mich, als könnte ich jeden Moment ohnmächtig werden, so aufgeregt war ich.

Ein Klingeln. Indie leckte mir freudig über die Hand, wahrscheinlich war sie glücklich, weil meine Laune wieder besser geworden war. Und das um ein Vielfaches. Zweites Klingeln. Nervös begann ich Indies Kopf zu tätscheln, fast schon zu ungeschickt für einen Hundebesitzer. Drittes Klingeln. Ich atmete tief durch.

"Hallo?", erklang es schließlich doch eintönig am anderen Ende, nach einigen Sekunden, die sich für mich wie eine Ewigkeit angefühlt hatten.

"Harry?", hauchte ich nervenschwach und völlig außer Atem.

Ein kurzes Schweigen entstand, welches sich wieder wie eine Ewigkeit anfühlte. Mir wurde übel vor Aufregung, und ich konnte es keinem erdenklichen Grund zuordnen, wieso es so sein könnte. Doch er antwortete nicht, und das machte mich mehr als nur unruhig. Alles kribbelte. Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt.

"Amalia?", entfuhr es ihm schließlich ungläubig, und zu meinem Bedauern klang es alles andere als erfreut, "wie kommst du bitte an meine Nummer??"


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Dam Daaamm
Here it isss, an einem Dienstag Morgen! Sorry für die Verspätung, ich habe viel zeit aber ständig ein schlechtes Gewissen, mein Tablet herauszuziehen, während ich mit dem Typen zusammensitze, bei dem ich wohne, oops.
Ich hoffe, euch gefällt das Kapitel ^^
(Falls ihr Fragen über Australien habt, meldet euch per PN oder schaut doch einfach auf meine

All the love, Vicky




Relapse (H.S.)Où les histoires vivent. Découvrez maintenant