»Sorry, mir geht's nicht so gut. Ich bin gleich wieder da.« Mit diesen Worten und ohne auf eine Antwort ihrerseits zu warten, laufe ich sofort los, auf direktem Weg aus der Cafeteria. Und dabei muss ich immer wieder aufpassen, dass ich nicht gegen die Tische laufe, denn ich bin so durch den Wind, dass ich es nicht einmal schaffe, auf meine Umgebung zu achten.

Ich kann das nicht mehr.

Bitte Gott, hilf mir...

Ich stolpere durch die leeren Flure und suche nach den verdammten Toiletten, doch ich finde sie einfach nirgends. Diese Highschool ist so groß und verwirrend, das es mich fast schon wütend macht. Ich habe keine Ahnung wo vorne und hinten ist und kann nichts anderes tun, als wahllos durch die Flure zu laufen, in der Hoffnung, in jedem Moment die Toiletten zu entdecken.

Gerade als ich abbiegen möchte, werde ich von einer tiefen und vor allem verärgert klingenden Stimme zum innehalten gebracht.

»Nein, dass werde ich nicht tun!«

Meine Beine gefrieren, genauso wie der Rest meines Körpers und ich drücke mich erschrocken an eine Wand, ganz verwirrt von mir selbst und der Auswirkung, die diese Stimme auf mich hat.

Was passiert da?

»Ich werde nicht kommen. Ist mir doch scheiß egal was er davon hält!«, höre ich die Stimme erneut, und dieses Mal scheint sie noch viel verärgerter als zuvor. Eine Gänsehaut macht sich auf meinen Armen breit und ich bekomme es urplötzlich mit meiner Neugierde zutun, die eigentlich total fehl am Platz ist.

Doch mein Verstand ist total benebelt, als ich mich möglichst leise nach vorne lehne, zumindest so weit, dass ich gerade so um die Ecke lugen kann und als meine Augen den Korridor entlang schweifen und an einem Kerl hängenbleiben, der weiter hinten steht und sich genau in diesem Moment übers Gesicht fährt, hält mein Herz für einen Moment inne.

Moment mal, was tue ich hier überhaupt?

Belausche ich gerade ernsthaft das Telefonat eines Fremden?

»Was? Verstehst du kein einfaches Nein? Brauchst du es nochmal auf spanisch oder was?!«, knurrt der mir Fremde und an seiner Haltung erkenne ich, dass er immer wütender wird.

»Nein verdammt!«, schreit er plötzlich und als er im nächsten Moment mit voller Wucht gegen den Spind tritt, verlässt ein erschrockener Laut meine Kehle. Ich schlage mir erschrocken die Hand vor den Mund und ziehe mich ruckartig zurück. Mein Herz schlägt wie wild gegen meine Brust, während ich mich mit geschlossenen Augen fest an die Wand drücke, in der Hoffnung, dass er mich nicht gehört hat.

Und so verweile ich für eine Minute. Zwei, drei... Eine ganze Weile stehe ich da mit einem viel zu lauten Herzschlag und bete dabei zu Gott, dass er mich nicht wahrgenommen hat. Und als ich nach einer gefühlten Ewigkeit nichts mehr höre, außer meinen eigenen, schweren Atem, traue ich mich, meine Augen langsam wieder zu öffnen.

Erleichtert drücke ich mich von der Wand ab und möchte mich gerade auf den Weg zurück machen, als ich mich umdrehe und prompt gegen eine männliche Brust stoße.

»Warum hast du mich belauscht?«

Das Blut gefriert mir in den Adern und ich frage mich im nächsten Moment, ob die Welt mich wirklich so sehr hasst. Als ich mich nach einigen Sekunden traue, meinen Blick zu heben und auf den des Unbekannten treffe, weiß ich es ganz sicher: Die Welt hasst mich. Abgrundtief. Denn dieser Kerl sieht so breit und aggressiv aus, dass ich Angst um mein Leben bekomme und mir wünsche, ich wäre heute morgen nicht aus dem Bett gestiegen...

»W-was?«, bringe ich nur total benommen hervor und kämpfe dagegen an, an Ort und Stelle umzukippen.

»Du hast mich schon verstanden. Warum hast du mich belauscht? Was hast du gehört?« Der Kerl schenkt mir einen Blick, der mir durch Mark und Knochen geht, während sich im selben Moment eine gewisse Angst in mir breit macht und als er mir dann einen Schritt näher kommt, kann ich nicht anders, als zwei zurück zu stolpern. »Rede endlich!«

Ich zucke zusammen und brauche einen Moment, um mich wieder zu sammeln und zum Sprechen anzusetzen. »I-ich... ich habe nichts gehört! E-ehrlich, überhaupt nichts...«, stottere ich total eingeschüchtert und sein kalter Blick ist so unangenehm, dass mir ein Schauer den Rücken entlang läuft.

»Wer hat dich geschickt?«, fragt der Kerl dann und ich glaube, ich träume.

Das muss ein einziger Albtraum sein.

»N-niemand... niemand hat mich geschickt..«, stottere ich und werde immer nervöser. »Ich weiß garnicht, wovon du sprichst.«

Der Kerl vor mir lacht spöttisch, doch verstummt im nächsten Moment wieder und kommt mir erneut näher. Dabei wirkt er so bedrohlich, dass ich wieder bange um mein Leben bekomme. »Hör mal, kleines. Wenn du irgendetwas von dem weitererzählst, was du gerade gehört hast, sei es auch nur die Tatsache, dass ich telefoniert habe, dann wirst du es bitter bereuen. Verstanden

Ich schlucke schwer, doch mein Hals hat sich bereits zugeschnürt und auch mein Herz geht allmählich in den Endspurt.

»Ob du es verstanden hast?!«

Ich nicke erschrocken und mache noch einen großen Schritt zurück. »J-ja... ich... ja..« Meine Stimme überschlägt sich und als der Typ mich für einen weiteren Moment aus seinen dunklen, braunen Augen betrachtet, traue ich mich nicht zu atmen. Erst als er sich aus dem nichts abwendet und ohne Weiteres verschwindet, fühle ich mich, als würde sich mein Puls wieder normalisieren und mein Gehirn langsam aber sicher wieder mit Blut versorgt werden.

Ach du Scheiße....

Was um alles in der Welt war das?

Deep Heart ✓Where stories live. Discover now