5

121 5 0
                                    

Minho und Thomas sagten nichts, auch Kelly blieb nach ihren Worten still.
Löste sich der Kranke in Luft auf. Löste sich der Kranke in Luft auf. Löste sich der Kranke in Luft auf. In Luft auf.
Die Worte wollten Thomas Kopf einfach nicht mehr verlassen. Sie schien fest verankert in seinen Gedanken zu sein und warfen mehr Fragen auf, als sie Antworten gaben.
Minho fand seine Sprache wieder.

"Wie- Wie jetzt? Wie kann sich denn jemand in Luft auflösen?"
"Da war dieser leuchtende Ball und als er auf den Kranken traf, verschwand er. Einfach so. Er war nicht mehr da, nichts von ihm. Er hatte nicht mal Zeit zum Schreien gehabt, so schnell war er weg."
Minho schüttelte fassungslos den Kopf.

"Das ist...irre. Warum kann nicht einmal in unserem Leben alles normal sein?" Frustriert schlug er auf die Matratze, auf der er saß. Kelly zuckte leicht zusammen.  Diese Frage stellte Thomas sich allerdings auch. Warum konnten sie nicht einfach ein normales Leben führen? Obwohl, gab es überhaupt noch jemanden mit einem normalen Leben? In dieser Welt war das unwahrscheinlich.

Kelly sah zu Minho hoch, der ihr eine Hand auf den Kopf legte.
"Hast du das wirklich gesehen?"
"Jaaaa!" So langsam schien sie genervt zu sein. Weil ihr niemand glaubte? Doch wieso sollte ein kleines Mädchen sich das ausdenken? Wieso sollte sie imstande sein, sich sowas überhaupt vorzustellen? Sie konnte theoretisch nur die Wahrheit sagen. Und in einer Welt, in der die Menschheit sich selbst mit einem Virus tötete, eine Organisation Kinder in ein Labyrinth steckte und ihre Erinnerungen löschte, sie sogar kontrollierte und ihnen die Möglichkeit gab, telepathisch zu kommunizieren, in einer Welt, in der eine graue Wand dich von einem Punkt zum anderen in Sekundenschnelle beförderte, was war da noch unmöglich?

Minho sah zu Thomas, der seinen Blick nur noch verwirrter erwidern konnte. Fragend hob der sportliche Junge eine Augenbraue und deutete mit einem Kopfnicken auf das Mädchen. Thomas verstand die stumme Frage, ob sie Kelly weiter befragen sollten. Er schüttelte den Kopf. Stattdessen setzte Thomas sich zu ihnen.
"Bei wem hast du die ganze Zeit im Lager gelebt?"
"In einer Hütte, in der gleich Mehrere leben. Harriet ist eine von ihnen."
"Hat jemand auf dich aufgepasst?"
"Ich bin meistens mit den Nahrungssuchern unterwegs, die dann auf mich aufpassen. Sonst machen das immer andere aus meiner Hütte."

Die Hütten. Es waren keine richtigen Hütten, wieso auch. Aber es gab Holzbalken, auf die Laken gespannt waren, die dann sowas wie Räume bildeten. Zur Einteilung hatten sie beschlossen, diese Hütten zu nennen. Hoffentlich würden dort eines Tages wirklich Hütten stehen.
Minho streichelte Kelly über ihr Haar.
"Keine Sorge. Wir passen jetzt auf dich auf."
Verwundert sahen Kelly und Thomas zu dem athletischen Jungen.
"Was ist?"
"Nichts. Das war nur ziemlich unerwartet. Und ich hätte dich, ehrlich gesagt, nicht als jemanden eingeschätzt, der sich kleinen Kindern annimmt." Und sich selbst auch nicht, was dachte Minho sich dabei?
"Hey, herzlos bin ich auch nicht. Außerdem muss jemand auf sie aufpassen. Sie kann nicht ewig hierbleiben und ihren Ängsten überlassen sein."
Thomas nickte leicht. Minho hatte in dem Punkt durchaus Recht.


An diesem Abend saßen Aris, Harriet und Sonya gemeinsam mit Minho, Thomas, Jorge und Brenda am Lagerfeuer. Thomas und Minho hatten berichtet, was sie von Kelly erfahren hatten.
"So langsam habe ich das Gefühl, dass hier ziemlich komische Sachen passieren. Aber ich könnte mich natürlich täuschen und das alles ist ganz normal und wir leben hier ein Leben wie im Himmel.", kommentierte Aris die Geschichte sarkastisch.

Harriet lehnte sich etwas vor.
"Wir haben es hier ganz klar mit anderen Menschen zu tun. Die Geschichte vom Bach, die Menschen, von denen Kelly erzählt...das ist ein Anzeichen dafür, dass sie uns näher sind als wir womöglich denken."
"Da dachten wir, wir haben endlich unsere Ruhe von Menschen. Hat super geklappt. Meine Erwartungen wurden wirklich übertroffen.", stimmte Minho in Aris' Sarkasmus ein.

The Blood RiddleWhere stories live. Discover now