Ganz normal

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Sobald wir das Klassenzimmer verlassen hatten und alle anderen außer Sichtweite waren, fing Alexander an zu quieken. "OH MY GOOOD, du stehst auf die Neue! Das ist so cool! Ich shippe auch zwei so sehr!" "Gaaaanz ruhig", sagte ich lachend, "dein Queer is showing." Er war total hibbelig. "Ich schwör dir, mein Gaydar hat so laut gepinged, meine Ohren tun weh!" Obwohl ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen, hüpfte mein Herz bei diesen Worten. Ob sie wirklich queer war? Ich hoffte es, aber man konnte sich bei sowas nie sicher sein. Ich seufzte. "Ich denke das auch", meldete sich plötzlich Tay zu Wort. Ich war überrascht, da sie sich bei sowas meist raushielt. Außerdem war sie hetero und damit war das mit dem Gaydar relativ. Aber ich wollte mir keine Hoffnungen machen, da ich nicht schon wieder enttäuscht werden wollte. "Ich denke, dass sie wenigstens nicht 100% hetero ist", fuhr Tay fort. "Aber sicher bin ich mir nicht." Ich nickte. "Danke, Tay." Ich umarmte sie mit einem Arm und sie lächelte schwach. Jetz wurde ich aber misstrauisch, normalerweise hielt ihre miese Laune nicht so lang. "Ist bei dir wirklich alles in Ordnung? Du scheinst traurig zu sein. Lass uns dir helfen!", sagte ich. Sie sah mich mit unergründlichem Blick an. "Alles gut, ich komm schon klar." Ich seufzte erneut. Auch Alexander runzelte jetzt die Stirn. Aber wenn sie nicht wollte, dass wir ihr halfen, konnten wir das auch nicht. "Hey!", rief plötzlich eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um. Meine Freunde taten es mir nach. Melody lächelte mir direkt ins Gesicht. "Weißt du, wie ich zum, uhmm, Chemiesaal 3 komme?", fragte sie mit einem süßem Akzent, der nur manchmal, wenn es schwierige Wörter waren, wirklich auffiel. Unwillkürlich musste ich schüchtern zurücklächeln. "Natürlich, da müssen wir auch hin", half mir Alexander auf die Sprünge, da ich kein Wort herausbrachte. Ihr Blick blieb aber an mir haften. "Thanks", sagte sie, nur um sich sofort zu verbessern. "Danke sehr, meinte ich. Entschuldigung." Ich  schmunzelte und brachte endlich ein Wort heraus. "Wir können auch ein bisschen Englisch, weißt du. Du kannst gerne in deiner Muttersprache reden." Sie nickte. "Ja, aber ich wohne jetzt hier, deshalb möchte ich die Sprache, die hier gesprochen wird, auch können." "Sure thing", sagte ich lächelnd. Als sie zurücklächelte, ging zum zweiten Mal die Sonne auf. Wir standen eine kurze Weile einfach so da, aber dann räusperte sich Tay und wandte sich um. Wir taten es ihr nach und gingen zu viert weiter. Melody drehte sich zu Alexander und fragte: "Wie heißt ihr eigentlich?" Er grinste. "Ich bin Alexander und die da drüben heißt Taylor. Avalon kennst du ja schon." "Die da drüben", murrte Tay, "vielen Dank auch." Wir mussten alle lachen. Und zwar so seltsam viel, dass ich gar nicht bemerkte, dass wir bereits bei dem Saal angekommen waren. Ich öffnete die Tür. Es waren erst ein paar Schüler anwesend und der Lehrer war auch noch nicht da. Als wir uns in die dritte Reihe setzten, sah sich Melody etwas verloren um. "Wo sitzt denn noch niemand?", fragte sie uns. Alexander meldete sich sofort zu Wort. "Neben Avalon ist noch ein Platz frei, wir sitzen zu dritt, du kannst gerne bei uns sitzen." Ich stieß ihn mit dem Fuß an und er jaulte, was Melody geflissentlich überhörte. Sie setzte sich neben mich und packte ihr Zeug aus. Ich saß steif da und versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. Da kam auch schon der Lehrer hinein und der Unterricht begann.

Eine Lesbe kommt selten allein | ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt