Kapitel 41

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Ein paar Sonnenstrahlen drangen durch die Lamellen der Jalousien und tauchten mein Zimmer in düsteres Licht. Ich war in die Decke eingewickelt, hatte aber keine Ahnung, wo mein Kopfkissen hinverschwunden war. Ohne mir besonders viele Gedanken zu machen, versuchte ich mich im Bett aufzusetzen.

Großer Fehler.

Eine unsichtbare Kraft schloss sich um meinen Kopf und drückte so fest zu, dass ich glaubte, mein Schädel würde jeden Moment platzen. Mürrisch rieb ich mir über die Augen und kämpfte mich irgendwie hoch. Nun sah ich, dass das Kissen am Boden lag – direkt neben einem Kübel. Hatte ich den letzte Nacht selbst dorthin gestellt? Mit einem mulmigen Gefühl stellte ich fest, dass ich weder diese Frage, noch alle anderen beantworten konnte. Wie lang war ich gestern weg? Was war passiert? War ich allein unterwegs? Wie viel hatte ich getrunken? Und wie zur Hölle war ich nach Hause gekommen?

Heute war Dienstag... oh Scheiße.

Ich sprang auf, nur um im nächsten Moment zu bremsen und mir den Bauch zu halten. Wenn ich nicht aufpasste, würde mein Mageninhalt sicher sofort wieder Hallo sagen. Ich verdrängte den Ekel, öffnete den Schrank und holte ein frisches T-Shirt, Unterwäsche und eine Jeans heraus, da ich besser nicht in Unterhose und Hemd außer Haus ging. Schnell hatte ich mich umgezogen und im höchsten Tempo, das mein Magen zuließ, verließ ich mein Zimmer und zog meine Schuhe an.

„Ben? Was hast du vor?", fragte plötzlich Mike, ehe ich die Wohnungstür öffnen konnte.

„Ich muss zur Arbeit", krächzte ich. Meine Stimme klang mindestens so beschissen, wie ich mich fühlte.

„Musst du nicht. Ich hab Carina angerufen – sie übernimmt heute deine Schicht."

Michael Craywood, ich liebe dich.

„Danke", murrte ich jedoch nur. Eigentlich hätte ich mich am liebsten sofort wieder in meinem Bett verkrochen, doch wahrscheinlich könnte ich mit diesem Brummschädel ohnehin nicht so bald einschlafen. „Hast du... hast du gehört, wann ich nach Hause gekommen bin?", fragte ich zögerlich.

Mike zog die Augenbrauen in die Höhe. Er klang nicht spöttisch, sondern besorgt, was mir noch einmal bewies, dass ich völlig zerstört aussehen musste, aber ich traute mich nicht, in den Spiegel zu sehen. „Erinnerst du dich nicht mehr an gestern, Mann?"

„Äh..." Verlegen kratzte ich mich am Hinterkopf. „Nicht so richtig."

„Gehen wir in die Küche. Ich mach uns Kaffee... Dann reden wir", schlug er vor und ich zog meine Turnschuhe wieder aus, um ihm hinterherzudackeln. Eigentlich hätte ich mich wundern sollen, dass mein Mitbewohner überhaupt schon wach und angezogen war, doch in der Küche stellte ich mit einem Blick auf die Uhr fest, dass es halb zwei nachmittags war.

„Also?", fragte ich, nachdem ich mich auf einen der Sessel neben dem Küchentisch plumpsen ließ.

Mike ließ sich Zeit, Wasser in den Kocher zu füllen und das Kaffeepulver aus dem Schrank zu holen, bevor er sich mir zuwandte. „Gut...", murmelte er dann und stütze sich an einer anderen Sessellehne ab. „Ally hat mich gestern Abend angerufen, weil sie dich nicht erreicht hat. Ich hab mir ja nicht wirklich was dabei gedacht, als du nicht nach Hause gekommen bist. Hätte ja leicht sein können, dass du bei ihr schläfst." Er zuckte mit den Schultern, machte aber den Eindruck als wäre es ihm unangenehm, dass er sich nicht um mich gesorgt hatte. „Bevor du fragen kannst – nein, sie hat mir nicht erzählt, was gestern zwischen euch passiert ist. Ich hab sie auch nicht gefragt. Das würde ich dann gerne von dir hören."

Ich stöhnte innerlich auf und ließ den Kopf sinken, bis er auf der Tischplatte ruhte. „Kannst du mir vorher erzählen, wie ich nach Hause gekommen bin?"

Pistazieneis zum FrühstückWhere stories live. Discover now