Kapitel 23

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„Hey... wie geht's?" Ich lehnte am Türrahmen zu Mikes Zimmer und blickte über seine Schulter, während er mit dem Rücken zu mir an seinem Schreibtisch saß, den Blick stur auf seinen Computerbildschirm geheftet. Er schlich in Assassin's Creed unbemerkt durch Rom und schenkte mir kaum Beachtung.

Das einzige, was er monoton von sich gab, war: „Alles bestens, Mann." Merkte er überhaupt, dass er mir durch sein abblockendes Verhalten genau das Gegenteil bewies?

„Und was ist mit Carina?"

„Keine Ahnung? Was soll sein?"

Ich hatte vorhin mit Ally auch nochmal über das ganze chaotische Drama gesprochen und sie hatte mich darin bestärkt, endlich mal Klartext mit Mike zu reden. Trotzdem seufzte ich nun leise, da es mir irgendwie zuwider war, wenn er sich selbst so dagegen sträubte, sich mir anzuvertrauen.

Ein wenig energischer und hörbar genervt wollte ich schon zu einer weltbewegenden, Oscar-reifen Rede ansetzen. „Hör mal-"

Doch weiter kam ich nicht.

„Lass es, Mann." Er pausierte das Spiel und drehte sich endlich zu mir um. „Mir geht's gut, okay?", diese Worte schleuderte er mir mit einer Bitterkeit entgegen, dass mir fast schlecht wurde. „Kümmer dich um dein eigenes, scheiß-perfektes Leben."

Ich fühlte mich, als hätte er soeben die Zeit angehalten. Mich versteinert oder zu Eis gefrieren lassen. Und mir dann eine gescheuert.

„Mike..."

„Ich will... Ich muss das einfach aus meinem Kopf streichen, okay? Ich will nicht drüber reden. Kapier's doch endlich, Mann." Hinter zusammengebissenen Zähnen grummelte er eindringlich: „Ich. Kann. Nicht."

Eine Woge aus Mitgefühl und Schuld überfiel mich, aber ich schluckte beides hinunter, so gut es ging. Schob die unbehaglichen Emotionen in eine innerliche Ecke, wo sie zumindest vorerst ignoriert werden konnten. „Gut. Wir müssen nicht drüber reden..." Ich räusperte mich kurz und wich Mikes Blick aus, war unschlüssig, wie ich mich nun verhalten sollte. „Hast du trotzdem Lust, heut Abend auf ein paar Bier ins Silver's zu gehen?"

Mein Mitbewohner starrte nachdenklich auf den grauen Teppich, der vor seinem Bett lag. Als würde er die Antwort auf mein Angebot dort finden.

„Wie lange weißt du es eigentlich schon?"

Unsicher wie eh und je stammelte ich „Ähh... Hä? Was meinst du?" und erntete ein halb belustigtes Schnauben.

„Seit wann weißt du, dass sie... also..." Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf, mit einem fast schüchternen Lächeln, das man kaum an ihm sah, während sein Blick immer noch auf den Boden gerichtet war. „Seit wann weißt du, dass Fiona mich nie mögen wird?"

„Oh." Ich war wahrlich der einfühlsamste Freund, den man nur haben konnte. „Sie hat mir Samstagnachmittag davon erzählt... Ich dachte eigentlich nicht, dass du... Also dass das irgendwie ein Problem für dich wäre." Kurze Zeit – maximal eine Minute – sagten wir beide nichts und jeder hing bloß seinen eigenen Gedanken nach. „Du hast sie wirklich gern, oder?", durchbrach ich schließlich doch die Stille.

„Scheint so." Wir schwiegen wieder.

Doch nach nochmal zirka zwei Minuten schien Mike wieder sein altes Ich zurückgefunden haben. Meinen besten Freund, der nie ernst sein konnte und meistens die Einstellung eines selbstverlieben Volltrottels hatte. Er schenkte mir aus dem nichts ein Grinsen und sah mich anzüglich an.

„Weißt du... Wir könnten immer noch schwul werden. Weiber sind scheiße, Mann."

Ich lachte kurz auf. „Klar. Wenn du das Ally beibringst."

Pistazieneis zum FrühstückWhere stories live. Discover now