"Komm zurück..."

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"Es ist irgendwie kompliziert", nuschelte sie deswegen nur und senkte den Blick. Sie spürte, wie Daphne ihre Hand an ihre Wange legte und ihren Kopf leicht anhob, sodass sie gezwungen war, ihren Blick wieder auf sie zu richten.

"Kompliziert ist gar nicht mal so schlecht. Dann merkt man nämlich schnell, ob man bereit ist, für den anderen zu kämpfen oder nicht. Ob es sich lohnen würde oder nicht. Ob er es wert ist oder nicht."

Lange sahen sie sich in die Augen. Würde es sich lohnen, um Nick zu kämpfen? War er es wert?

Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende gedacht, da spürte sie tief in ihrem Herzen schon die Antwort. Wie hatte sie je daran zweifeln können?

"Aber komm. Ein paar Tage hat das sicherlich noch Zeit. Und jetzt wollen wir deine Oma nicht auf ihre Plätzchen warten lassen."

___

Gedankenverloren starrte Nick aus dem Fenster des Taxis, das ihn durch die nassen Straßen Londons kutschierte. Er liebte diese Stadt, doch heute zeigte sie sich wahrlich nicht von der besten Seite. Verregnet, windig, kalt. Alleine beim Gedanken daran, das warme Taxi und den gut gelaunten indischen Fahrer zu verlassen, um sich in die brutale Kälte und Ungemütlichkeit zu begeben, ließ ihn frösteln.

Er warf einen Blick auf seine Uhr. Kurz nach sechs. 

Nervös fuhr er sich mit der Hand durch die Haare und ließ seinen Kopf nach hinten gegen die Lehne des Autositzes sinken. Es war ein langer Tag gewesen. Sein Handballteam hatte heute das letzte Hinrundenspiel gegen Weyhill gehabt und zum Glück gewonnen. Seine Spieler und auch er selber konnten so zufrieden in die Weihnachtsferien starten. 

Gleich nach dem Spiel hatte er sich nach London zu seinen Eltern begeben, seine Tasche abgeladen und war sofort darauf wieder losgefahren. Manche Dinge konnten einfach nicht warten.

Die Adresse, auf die er zusteuerte, hatte er von Caro erhalten. Genauso wie die ziemlich wichtigen Hintergrundinformationen bezüglich Annikas Familienleben.

Er könnte sich selber für seinen unbedachten Kommentar im Training am Montag ohrfeigen. Aber er hatte es wirklich nur gut gemeint. Hätte er gewusst, dass Annika bei ihren Großeltern aufgewachsen war, wäre ihm sofort klar gewesen, wie innig ihr Verhältnis zu ihrem Opa in Wirklichkeit war. 

Eine Entschuldigung war mehr als fällig. Und ein Wiedersehen mit dem Mädchen, das pausenlos in seinen Gedanken umherschwirrte. 

Dieses ewige Hin und Her brauchte ein Ende. Am besten sofort. 

Annika sollte ihm gehören. Jetzt. 

Er hielt es einfach nicht länger aus, nicht zu wissen, wie die Dinge zwischen ihnen standen. Dass sie es einfach nicht auf die Reihe brachten. Er war gewillt, alles dafür zu tun, dass sie eine faire Chance bekamen. Trainer hin oder her. Er wollte Annika –  auch mit ihrer Sturheit und ihrem Stolz.

"Wir sind da, Sir", riss ihn der Inder aus seinen Gedanken und er bemerkte, dass sie angehalten hatten. 

"Danke." Er drückte dem Fahrer einen Geldschein in die Hand, klappte seinen Mantelkragen hoch und stieg aus. Mit einem schnellen Blick hatte er die Umgebung gescannt und beurteilt. Hier war Annika also aufgewachsen. In einem der reichsten Gebiete Londons. 

Wie er selber. 

Er fand die Hausnummer, die er suchte, und trat schnell ins Innere des Gebäudes. Neu renoviert, sauber gehalten, unpersönlich. 

Mit klopfendem Herzen erklomm er die Treppe in den vierten Stock und blieb vor der linken Wohnung stehen.

'Cullum' stand in zierlicher Schrift auf einem Goldschild, das an der Tür aus schwerem Holz direkt unter dem Türspion befestigt war.

Spiel der LiebeWhere stories live. Discover now