Paddington-Bären

Start from the beginning
                                    

Annika entfuhr ein halb unterdrückter Schrei, als sie auf dem Boden aufkam und es sich so anfühlte, als wäre ihr der Arm rausgerissen worden. Der Schiedsrichter erteilte sofort eine Zwei-Minuten-Zeitstrafe, was die Gegenspielerin jedoch nicht zu rühren schien. Anscheinend war es das wert gewesen, um Annika einzuschüchtern. Diese jedoch stand würdevoll auf und schnaubte nur verächtlich, ließ einmal ihren Arm kreisen und schien weiter spielen zu können. Von so einem unerzogenen Gör ließ sie sich gewiss keine Angst machen. 

Und das zeigte sie auch. Annika war es, die den nächsten Treffer für das Carmelot-Team erzielte und im darauffolgenden Angriff der Paddington-Schule den Ball abfing und zu Megan weiterleitete, die den Ball versenkte. 

Als Nina danach durch eine himmlische Parade, die bei ihr eher selten vorkam, den Ball noch daran hinderte, ins Tor zu kullern, sah es für Nicks Team gut aus. Sie nutzten die Unterzahl der Paddington-Schule gekonnt aus und plötzlich führten sie mit zwei Toren. Und das alles innerhalb der Zeitstrafe von der Nummer 24. 

Die Trainer der Gegenmannschaft flippten auf der Bank förmlich aus und schissen ihre Spielerinnen zusammen, die verbissen versuchten, ihre Fehler wieder gut zu machen. Doch anscheinend hatte die kleine Führung ihnen Angst gemacht und so hatte die Carmelot-Schule mit einem Stemmwurf von Nora ihre Führung auf drei Zähler ausgebaut. 

Nach dem Treffer konnte Annika sich einen bissigen Kommentar an die Nummer 24 nicht verkneifen. "Kluger Schachzug mit den zwei Minuten. Überlege ich mir auch", grinste sie zynisch und sah förmlich, wie ihre Gegenspielerin vor Wut zu kochen begann. Sie spürte, wie Nick sie ansah und wandte deswegen ihren Blick zu ihm.

Er grinste zwar, bedeutete ihr aber auch mit einer dezenten Handbewegung ein wenig diplomatischer mit dem Gegner umzugehen. Kaum merklich nickte sie. Er hatte wahrscheinlich Recht; es könnte auch gewaltig nach hinten losgehen, die Gegenspieler so zu reizen.

Trotz eines hartnäckigen Einsatzes gelang es der Paddington-Schule nicht, den Vorsprung der Carmelot-Spieler einzuholen und somit ging Annikas Team mit fünfzehn zu zwölf in die Pause.

"Klasse, Mädels, ihr habt sie im Griff!", lobte Nick seine Spieler, als alle in der Umkleidekabine versammelt waren. "Verliert jetzt nicht die Konzentration. Ihr könnt euch sicher sein, dass sie von ihren Trainern gerade in diesem Moment zur Sau gemacht werden und wahrscheinlich mit gesteigertem Willen in die zweite Halbzeit starten."

Die Mädchen nickten schwer atmend und schwitzend. 

"Behaltet im Angriff den Überblick", fuhr Nick fort. "Lasst euch Zeit, spielt präzise, dann tun sich die Lücken auf. Hat prima geklappt bis jetzt", lobte er und versuchte so, das Selbstvertrauen seiner Spieler zu pushen. Sie durften jetzt nicht einknicken!

"In der Abwehr dürft ihr locker ein wenig aggressiver rangehen", meinte Nick noch zum Schluss seiner kleinen Ansprache. "Die Paddington-Bären haben sich bis jetzt meiner Meinung nach zu viel erlauben dürfen." Seine Beschreibung der Spieler sorgte für Lachen und aufgeheiterte Stimmung in der Kabine. "Falls sie mit vollem Karacho in euch reinrennen – lasst euch fallen und der Schiri pfeift für einen Angriffsfehler. So einfach geht das. Alles klar?"

Die Mädchen bejahten, tranken den Rest aus ihren Flaschen und folgten den Trainern aus der Kabine. 

"Ich komme gleich, muss nur schnell meine Flasche auffüllen", rief Nora Annika zu, die schon die Tür erreicht hatte.

"Alles klar", rief sie ihr über die Schulter hinweg hinzu, drehte sich wieder nach vorne und lief direkt in Nick rein, der die Tür aufhielt.

"Oh, tut mir Leid", murmelte sie, als sie zu ihm aufsah und die Welt für sie einen Augenblick lang einfach nur noch still stand. 

"Keine Ursache", sagte er leise, während ihre Blicke sich komplett verhakten. Nach einigen Sekunden des Starrens drehte Annika sich von ihm weg und ging mit klopfendem Herzen zurück Richtung Halle, in die die anderen Mädchen schon verschwunden waren. Nick schlenderte neben ihr her und warf ihr ab und an von der Seite aus Blicke zu, sagte aber nichts. 

Annika fragte sich, was ihm wohl gerade durch den Kopf ging. Was er ihr gerne sagen würde - ob er ihr gerne etwas sagen wollte. 

Vorsichtig lugte sie zu ihm, nur um seinen Blick aufzufangen, mit dem er sie unverfroren ansah. Wie gerne würde sie gerade die Hand nach ihm ausstrecken und sich in seine Arme fallen lassen. 

Das Bedürfnis, ihn zu berühren, war so groß, dass es sich so anfühlte, als würden physikalische Mächte sie dazu drängen wollen. Obwohl es noch gefühlt Millionen unausgesprochene Dinge zwischen ihnen gab, fand Annika, dass sie sich mit jedem Treffen und jedem Wiedersehen näherten. Zur Einigkeit kamen. 

"Auf geht's, Cullum", sagte er und machte die Tür zur Halle auf. Dieser Satz war angebracht distanziert, aber er sagte ihn mit so viel Gefühl, dass Annika daraus so viel mehr lesen konnte. 

Sie nickte, straffte die Schultern und schloss sich den anderen Mädchen in der Halle an, die noch einmal abklatschten, bevor sie sich auf dem Spielfeld ein wenig einliefen. Nora kam kurz darauf zu ihnen und alle warfen noch einmal aufs Tor, bevor die Paddington-Spieler auch soweit waren.

Nick wiederholte noch einmal die letzten Anweisungen: "Aggressive Abwehr, geduldiges Angriffsspiel!" Dann konnte die zweite Halbzeit starten.

___________________

Ui ui ui, wer wohl gewinnt? :D

Tyskerfie <3

Spiel der LiebeWhere stories live. Discover now