25. Die Eishöhlen

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Die vier Tage, die das Unimus-Syndrom noch anhält, vergehen viel zu schnell. Vermutlich weil Morro sich in der Zeit mehr um mich kümmert als sonst.

Aber wenn ich gewusst hätte, was dann folgen sollte, hätte ich mir vermutlich gewünscht, sie mögen niemals enden.

Am fünften Tag merke ich, dass das unangenehme Gefühl deutlich nachgelassen hat. Ich stehe zum ersten Mal seit dem das Syndrom eingesetzt hat, wieder aus dem Bett auf und betrete die Kommandozentrale, wie ich den Raum, in dem Morro meinen Körper steuert, nenne.

Er bemerkt mich sofort, obwohl er sehr beschäftigt scheint.

„Na, ist das Syndrom schon schwächer geworden?", fragt er.

Ich nicke. „Ja, ich glaube es wird nicht mehr lange dauern, dann ist es komplett verschwunden."

„Wie schön" Seiner knappen Antwort entnehme ich, dass er nicht gestört werden will, also nutze ich die Chance um zu testen, ob man hier schwimmen gehen kann.

Ich betrete meinen Raum und öffne die Tür nach draußen. Ein warmer Sommerwind weht mir entgegen, ich kann das Meer sogar riechen.

Wow, das muss man Morro lassen, er hat nicht gestümpert als er das hier erschaffen hat. Aber ich sollte wohl nicht mehr überrascht sein, schließlich weiß ich, dass er gut in diesen Dingen ist.

Als ich am Abend erschöpft vom Schwimmen in meinem Bett liege und den Sonnenuntergang beobachte, muss ich an meine Freunde denken. Obwohl es hier sehr schön ist, muss ich zugeben, dass ich sie vermisse.

Was sie wohl gerade tun? Vermissen sie mich auch?


Kai läuft in der Kommandozentrale des Flugseglers auf und ab. Er hasst es, untätig herumsitzen zu müssen, vor allem wenn es Leyla ist, die in Gefahr schwebt und ihr niemand helfen kann.

„Hey bleib mal locker!", ruft Jay ihm zu doch Kai lässt sich nicht beruhigen.

„Wie kann ich locker bleiben, wenn Leyla immer noch im Besitz dieses Irren ist? Wer weiß, was er gerade mit ihr macht! Ich hoffe so sehr du bist vorsichtig, Leyla."

Der Sensei betritt den Raum. „Gute Neuigkeiten, wir haben Morro beinahe eingeholt. Aber ich weiß immer noch nicht, wo er eigentlich hinwill.", fügt Sensei Wu hinzu. „Sein Kurs scheint einfach immer weiter in den Norden zu führen, das ergibt keinen Sinn. Dort befindet sich nichts, von dem ich wüsste."

Cole, der zusammen mit Nya und Zane an einem Tisch in der Ecke gesessen hat, springt auf. „Dann brauchen wir ihm doch eigentlich nur immer weiter zu folgen und werden es herausfinden!"

Nachdenklich wiegt Wu seinen Kopf hin und her. „Dann könnte es schon zu spät sein."

Garmadon betritt den Raum. „Sprecht ihr gerade über Morro?", will er wissen.

„Ja", meint Zane. „Wir fragen uns", fügt er hinzu, „wo er eigentlich hinwill."

Garmadon zuckt bedauernd mit den Schultern. „Ich weiß es genauso wenig wie ihr." Dann betrachtet er aufmerksam die digitale Karte, die unseren Kurs aufzeichnet.

„Moment mal...es sieht ganz so aus, als ob er das ewige Eis im höchsten Norden Ninjagos anstrebt!"

Jay zuckt mit den Schultern. „Und wenn schon? Was gibt es da denn außer Eis, Schnee und noch mehr Eis?"

Garmadon sieht zuerst seinen Bruder, dann dessen Schüler bedeutungsvoll an. „Wu, erinnerst du dich an die Geschichten, die uns unser Vater immer erzählt hat, als wir noch klein waren? Er berichtete von einem Ort, weit oben im Norden..." doch Wu unterbricht seinen Bruder „...wo die zwei Welten einander am nächsten sind."

Kai und die anderen sehen verwirrt von einem Bruder zum anderen. „Ähm...wie bitte?"

Garmadon lächelt. „Angeblich", beginnt er zu erklären, „gibt es da oben einen Ort, genannt die Eishöhlen. Ein Ort der die Verbindungsgrenze zwischen dieser und der Verfluchten Welt darstellt. Dort sollen die Körper aller Geister in ewigem Eis eingefroren sein."

Jay grinst. „Das heißt, Morro will dahin um seinen eigenen Körper wieder zu bekommen? Das ist ja großartig! Denn das heißt, er hat nicht vor, auf ewig in Leylas zu bleiben!"

Wu runzelt die Stirn. „Vielleicht. Aber mein Bruder hat etwas vergessen: Dort sollen sich nicht nur die Körper aller Geister sondern auch das größte aller Portale zur Verfluchten Welt befinden. Es ist das Haupttor. Und es ist geschlossen – zum Glück. Ebenfalls ist der Eingang zu den Höhlen versiegelt sodass niemand sie jemals betreten kann. Denn sollte dieses Haupttor irgendwie geöffnet werden, wären unsere beiden Welten für immer vereint. Und ich hoffe ihr wisst, was das bedeutet."

Entsetzt sehen die Ninja sich an. „Das die Geister der Verfluchten Welt die Unsere übernehmen?", fragt Jay.

Garmadon nickt düster. „Ganz genau. Und ich hoffe, ihr versteht auch, warum wir Morro unbedingt davon abhalten müssen, dorthin zu gelangen."


Morro sieht sein Ziel bereits, es scheint in greifbarer Nähe. Er lächelt. Kaum zu glauben, dass es so einfach war.

Er steht so kurz davor, alles was er jemals wollte zu erreichen und dafür braucht er nur noch eine winzige Kleinigkeit.

Er landet seinen Elementdrachen vor einem, in einer Nische versteckten, schwarzen Höhleneingang und lehnt sich in einiger Entfernung an einen mit Eis überzogenen Felsen.

Jetzt heißt es warten. Warten auf Leylas Freunde.

Er lächelt wieder. Natürlich ist ihm bewusst, dass sie ihm gefolgt sind.

Alles läuft genau nach Plan.


Es sind inzwischen noch zwei Tage vergangen und Morro hat mir gesagt, er sei kurz davor, sein Ziel zu erreichen. Das bedeutet auch, dass ich bald von ihm Abschied nehmen muss, was mir schwerer fällt, als ich zunächst gedacht habe.

Ich erinnere mich noch allzu gut an den Tag, an dem ich ihn zum ersten Mal gesehen habe. Wieviel Angst ich damals vor ihm hatte und wie gern ich ihn sofort wieder los gewesen wäre. Jetzt bereitet mir der Gedanke an einen Abschied mehr Schmerzen als das Unimus-Syndrom jemals konnte.

Plötzlich dreht er sich zu mir um.

„Wir sind da" Er lächelt.

Aber irgendetwas an diesem Lächeln gefällt mir nicht.

„Wie schön" Ich versuche, fröhlich zu klingen aber es gelingt mir nicht ganz. Auf dem Screen neben ihm an der Wand sehe ich die Umgebung und auch den Höhleneingang.

„Also gehen wir jetzt da rein?", will ich wissen.

„Falsch. DU gehst da rein", erwidert Morro und sein Lächeln wird noch eine Spur unheimlicher.

„Und kommst nie mehr heraus."


The Girl who never falls and the Ghost who never feelsWhere stories live. Discover now