VERLETZT.

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Dennis kommt aus dem Speisezelt und verteilt Plastikbecher.

„Was ist das?", frage ich ihn. Er hält mir einen Becher mit brauner Flüssigkeit hin. „Erwachsenenlimo."

Ich nehme den kühlen Becher und nicke. Der Geruch von Spezi und Wodka steigt mir in die Nase. Dennis zwinkert mir zu und setzt sich zurück zu Valerie.

„Sind hier überhaupt schon alle volljährig?" Raphael sieht mich an. Er ist in Provozierlaune. Natürlich ist er das. Kann er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Tobi war so anders als er. Tobi. Verdammt. Ich wollte nicht mehr an ihn denken. Ich antworte nicht.

„Woher kennt ihr euch denn?" Wilma deutet erst auf mich, dann auf Raphael. Sie ist neugierig. Sie nervt mich.

Raphael sieht mich an. Seine Augen wirken fast schwarz, die Flammen tanzen in seinen Pupillen und sein Blick ist intensiv. Ich war mit seinem Bruder zusammen? Ich bin die Exfreundin seines Bruders? Ich kann diese Vergangenheitsform nicht laut aussprechen. Die Gedanken schmerzen. Die Wunden sind noch frisch. Ich nehme einen Schluck aus meinem Becher um Zeit zu gewinnen. Das Spezi ist süß, der Wodka scharf.

„Sie vögelt meinen Bruder", seine Stimme ist rau, er klingt grob. Ich verschlucke mich. Ich huste, meine Kehle brennt und meine Wangen werden rot. Er sieht mich immer noch an, sein Blick ist jetzt finster.

„Ich... ich..." ich möchte mich erklären, etwas sagen, aber meine Kehle brennt. „Also.. ich...", ich bringe kein Wort heraus, ohne zu Husten. „Sie sind nich' mehr zusammen", antwortet Valerie für mich und ich bin ihr dankbar, denn ich kann immer noch nicht sprechen.

Raphael runzelt die Stirn. Glaubt er das nicht? Die Flüssigkeit brennt noch in meiner Luftröhre und deshalb nicke ich nur. Er trinkt einen Schluck aus seinem Becher und sieht mich dabei an. Ich rutsche auf meiner Bank hin und her.

Das ist so privat. Ich fühle mich schuldig, dass wir nicht mehr zusammen sind. Mein Kopf sagt mir, dass ich nicht schuld bin aber mein Herz fühlt anders. Es ist ein ständiger Kampf zwischen beiden. Und ich fühle mich so dumm, weil ich sechs Monate lang nichts gemerkt habe. Sechs lange Monate. Ich schlage meine Beine übereinander und wippe mit dem Fuß. Valerie sieht mich entschuldigend an.

hold me tight.Where stories live. Discover now