twenty

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3 Wochen später...

Die Zeit verging rasend schnell. Jeden Tag hatten wir was anderes vor, machten selbst einen 3-Tage-Ausflug nach Los Angeles, nur um die Scheidung hatten wir uns noch nicht gekümmert. Cathy, die vor etwas mehr als zwei Wochen, zu uns gestoßen war, war mittlerweile eine wirklich gute Freundin geworden. Sie war, genauso wie die Jungs, mega herzlich und hat mich fast schon mit offenen Armen empfangen - obwohl sie mich nicht kannte. Ich hatte noch nie zuvor mit solch herzlichen Menschen zu tun gehabt.
Zu den vielen positiven Eriegnissen, kamen allerdings auch ein paar nicht sehr schöne hinzu. Ich hatte mich dazu entschlossen, mich bei meinen Großeltern zu melden - hatte es aber immer weiter aufgeschoben, bis sie es letztendlich aufgaben, sich bei mir zu melden. Von meinem Geld war mittlerweile kaum mehr was übrig und ich hatte nur Absagen auf meine Bewerbungen erhalten. Und zu guter letzt: In weniger als 3 Tagen würden Erik, Mats und Cathy wieder abreisen und mich hier alleine zurück lassen. Obwohl ich versuchte, mir das alles nicht anmerken zu lassen, riss es mir meinen Boden unter den Füßen weg. Wie sollte ich das nur überstehen? Alleine? Ohne Familie oder Freunde? Ich war verloren - wie es mein Vater hervor gesagt hatte. "Becca?" Ich zuckte zusammen, als jemand vor meinen Auge mit seiner Hand herum fuchtelte. "Ich rede mit dir, du Esel!", lachte Cathy, woraufhin ich versuchte, mich wieder auf meine Umgebung zu konzentrieren. Wir saßen gerade in einem der vielen Parks in Las Vegas, natürlich unter mehreren Bäumen, da es die Sonne heute mal wieder mehr als gut meinte, und redeten. Na ja, Cathy, Erik und Mats redeten. Ich war viel mehr damit beschäftigt, mir auszumalen, wie ich bei den Leuten auf der Straße wohnte.

"Sorry, was hast du gesagt?", fragte ich, woraufhin ich ein Seufzen von Erik wahrnehmen konnte. Mein Blick wanderte zu ihm und verfing sich mit seinen besorgten Augen. Ich würde ihn nie wieder sehen... Ohne, dass ich es kontrollieren konnte, stiegen mir Tränen in meine Augen. Ich war verloren.

"Ich hab dich gefragt, was mit dir los ist..." Vorsichtig rutschte Cathy etwas näher zu mir und schaute mich mit großen Augen an. Sie sah, dass es mir nicht gut ging. "Du weinst ja fast..."

Ich knabberte auf meiner Unterlippe herum, versuchte mein Gefühlschaos wieder unter Kontrolle zu bringen und meine Tränen trocknen zu lassen, was mir allerdings nicht wirklich gelingen wollte. "Ich denk gerade nur daran, wie es sein wird, ohne jeglichen Kontakt hier herum zulaufen und um eine kleine Spende zu betteln...", murmelte ich. Ich war erleichtert, dass man es nicht wahrnahm, wie sehr mich das fertig machte. Meine Stimme konnte gerade jeden täuschen, schätzte ich.

"Du hast doch Geld, Becca, oder?" Die Stimmlage von Cathy war etwas zu hoch. Sie schien erstaunt zu sein. "Ich meine, du bezahlst doch zusammen mit Erik das Hotelzimmer."

"Ja, ich habe etwas Geld." In meinen Gedanken rechnete ich aus, wie viel das noch ungefähr sein würden. Etwas mehr als 5000 Dollar. "Aber das wird auch nicht ewig reichen. Ich habe bis jetzt nur Absagen von Stellen bekommen, an denen ich mich beworben habe und meine Eltern haben mein Konto gesperrt. Ich muss mich wohl oder übel irgendwann damit anfreunden mit anderen auf der Straße zu leben." Mein Blick wanderte zu einer Bank, etwas weiter entfernt, auf der gerade ein Mann schlief. Der grau Bart war verfilzt und ich wollte mir gar nicht erst vorstellen, wie lang er kein Bad mehr zu Gesicht bekommen hatte. Genau so würde es mir auch ergehen. Das war mein Schicksal.

"Das musst du nicht." Ich zuckte zusammen, als ich Erik's Stimme wahrnahm. Er klang so anders, als sonst - viel härter. Als wäre er sauer. "Ich biete dir hiermit an, dass du mit uns zusammen nach Deutschland fliegst."

***

Ich starrte wortlos an die Decke, hörte nur das gleichmäßige Atmen von Erik neben mir. Mein Kopf schien fast zu explodieren, so sehr kreisten meine Gedanken um meine Zukunft. Seit dem Erik mir das Angebot gemacht hatte, dass ich mit nach Deutschland kommen konnte und ich dieses überrascht abgelehnt hatte, hatte er kein Wort mehr mit mir geredet. Er hatte mich fast schon ignoriert - und wenn ich eins nicht leiden konnte, dann war es das, wenn man mich grundlos ignorierte. Auch wenn es in diesem Fall doch irgendwie einen Grund gab. "Wieso willst du nicht mit uns nach Deutschland?" Ich zuckte zusammen, als ich die Stimme wahrnahm. Erik. Hatte er sich doch dazu durchgerungen, mit mir zu reden? Woher kam der plötzliche Sinneswandel?

Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und sah, dass er sich aufrecht hingesetzt hatte. Während ich in meinen Gedanken versunken war, hatte ich das wohl nicht mitbekommen. Seine Augen waren nicht auf mich gerichtet, sondern auf den Fernseher. "Das kann ich nicht machen, Erik - ich häng euch viel zu viel auf der Pelle.", antwortete ich und setzte mich ebenfalls auf. Allerdings war mein Blick auf Erik gerichtet und nicht auf den Fernseher.

"Wenn es mich nerven würde, hätte ich dir das Angebot gar nicht erst gemacht!"

Es verschlug mir fast die Sprache. Ich hatte ihn noch nie so erlebt. Er war sauer. Angepisst. "Das hier ist mein zu Hause. Hier sind so viele Erinnerungen. Ich wohne hier schon mein komplettes Leben... Ich kann von hier nicht einfach so verschwinden!" Ich beobachtete, wie Erik ungläubig mit dem Kopf schüttelte, bis sein Blick endlich auf mir lag. Allerdings war ich in diesem Moment alles andere als froh darüber. Seine Augen glänzten fast schon vor Wut.
Was war in ihn gefahren? Ich kannte ihn so gar nicht!

"Das ist die schlechteste Ausrede, die ich je gehört habe, Rebecca." Ich hielt die Luft an, als mein Name aus seinem Mund kam. Rebecca? So hatte er mich noch nie genannt. Ich spürte, wie Tränen in meinen Augen brannten. "Wieso kannst du nicht von hier verschwinden? Du hast hier niemanden mehr, schon vergessen? Niemanden!", schrie er schon fast, was mein Herz in tausend Teile zerbrechen ließ.

25/11/2015

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