seven

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Beccas Sicht:

Mein Blick war auf meine Bettdecke gerichtet, während Erik seine Sachen zusammen suchte und sich anzog. Ich versuchte währenddessen meine Gedanken zu ordnen, die noch immer im Tiefschlaf zu sein schienen. Ich konnte mich an nichts erinnern. Weder, dass Erik mit mir auf mein Zimmer verschwunden war, noch, dass wir miteinander geschlafen hatten. Unglaubliche Traurigkeit überkam mich, als ich nur daran dachte, dass ich meine Jungfräulichkeit wegen zu viel Alkohol verloren hatte. Ich wollte mir all das für den einen, richtigen Mann aufheben und nicht, wie all die anderen Mädchen in meinem Alter, dem nächst Besten schenken. Es war für mich ehrenhaft, wenn man sich nicht jedem an den Hals warf. Für mich hatte das erste Mal schon immer eine große Bedeutung. Das erste Mal Fahrrad fahren, das erste Mal auf ein Konzert gehen, meine ersten Schritte. Ich wollte solche Momente immer genießen oder, wenn ich mich nicht daran erinnern konnte, wenigstens auf Videoband haben, damit ich mir, wenn ich irgendwann mal älter war, meine ersten Worte, meine ersten Gehversuche und sogar meine erste Fahrt mit meinem Bobbycar immer wieder anschauen konnte. Anscheinend waren meine Erinnerungen, die mein erstes Mal mit einem Jungen eigentlich beinhalten sollten, wie ausgelöscht. Wegen zu viel Alkohol.

''Becca?'' Ich zuckte zusammen, als die Stimme meines Besuchers die Stille durchbrach. Fragend wendete ich meinen Blick ihm zu und beobachtete, wie Erik verwirrt auf seine rechte Hand blickte. ''Du weißt nicht zufällig, warum ich einen Ehering trage?'' Auch wenn dieser Moment wirklich nicht zum Lachen war, bildete sich ein Grinsen in meinem Gesicht, während Erik verzweifelt zu mir blickte. ''Das ist nicht witzig! Ich bin verheiratet, okay?''

''Du hast doch in deinem Rausch sowieso Mats geheiratet, wetten wir?'', lachte ich, woraufhin sich meine Kopfschmerzen wieder zu Wort meldeten. Allerdings ignorierte ich sie gekonnt, wickelte meine Bettdecke um mich und trat zu Erik. Mein Blick wanderte zu seinem Ringfinger, an dem ein wirklich schöner, goldener Ring prangte und vor sich hinstrahlte. ''Schau doch mal, ob da irgendwelche Namen eingraviert wurden.'' Erik schien wie in Trance zu sein, weswegen ich aufseufzte und versuchte, den Ring von seinem Finger zu streichen. Obwohl es eigentlich sehr einfach war, konnte ich den Ring nicht entfernen, denn Erik griff nach meiner Hand und beobachtete sie mit großen Augen. Zuerst bildete sich Verwirrung in mir, bis mein Herz einige Schläge aussetzte und jegliche Farbe aus meinem Gesicht verschwand. Oh bitte nicht.

''Wir sind verheiratet, Becca.'', murmelte er, was mich in meiner Vermutung bestätigte. Ich entriss ihm meine Hand und starrte fassungslos auf die identischen Ringe. Meine Eltern würden mich umbringen. Meine Großeltern würden mich nie wieder wie ihr kleines Mädchen behandeln. Und was das schlimmste war: Ich konnte mich selbst nicht mehr respektieren. Wie konnte ich sowas nur tun? Von einem Moment auf den anderen verstand ich, wieso mir meine Eltern fast schon verboten haben mit Alkohol und gleichzeitig Jungs in Kontakt zu treten. Es gab nur Verwirrung, nichts als Ärger. Wie sollte ich das alles nur meiner Familie beibringen? Sie würden mich, und auch Erik, eigenhändig umbringen. Verdammt. Ich spürte, wie ich langsam am ganzen Körper zitterte. Mir war warm und dennoch so kalt. ''Du solltest dir mal was anziehen, dann wird dir auch wärmer.'' Ich wendete meinen Blick wieder Erik zu, der mich fast schon besorgt musterte.

''Mir ist nicht kalt.''

Erik seufzte bevor er sich umdrehte. ''Na mach schon, ich schau auch nicht hin.'' Erst war ich verwirrt, wusste nicht, wieso er wegschaute, wenn wir sowieso alles von einander kennen mussten, war ihm kurz darauf aber unglaublich dankbar und ließ die Decke zu Boden fallen. Schnell huschte ich zu meinem Kleiderschrank und schlüpfte in ein blaues, gemütliches Kleid, bevor ich Erik zu verstehen gab, dass er sich wieder umdrehen konnte. ''Also: Wie wär 's mit Frühstück?'' Auf seinen Lippen lag wieder das Grinsen, was mir in dem Moment aber höllisch gegen den Strich ging.

''Ich bin, ungewollt, verheiratet und du denkst an's Essen?'', fragte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust. ''Ich hab keine Ahnung wann meine Großeltern, geschweige denn meine Eltern wieder zurück sind, aber ich weiß, dass bis dahin das Problem verschwunden sein muss, verstanden?'' Ich klang fast schon unhöflich, woraufhin mich Erik wütend musterte. ''Kauf dir unterwegs was, wir müssen zu Mats.''

''Ich bin davon genau so betroffen wie du, Prinzess'chen, aber ich muss vor meinen Eltern nicht auf den lieben, ehrlichen Sohn machen, wenn ich's in Wahrheit faustdick hinter den Ohren hab. Ich muss das Problem nicht los werden, kann meinetwegen auch weiterhin mit dir verheiratet sein. Ich muss dir nicht helfen, aber ich tue es freiwillig. Wenn du mich aber nochmal so an maulst, überleg ich mir das ganze noch mal.'' Erik war wütend, was mich zum Schlucken brachte.

''T-tut mir leid.'', murmelte ich und knabberte auf meiner Unterlippe herum, war den Tränen schon wieder gefährlich nahe. ''Danke, dass du mir hilfst...'' Mein Blick war auf die Fliesen meines Schlafzimmers gerichtet, als sich zwei Arme um mich schlangen und mich beruhigend gegen einen warmen Körper drückten.

''Das hier ist eine Stresssituation für uns beide, wir müssen zusammenhalten, Becca...'' Ich nickte verstehend. ''Also, du meintest wir sollten Mats suchen? Na ja, ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob das so einfach ist. Er war schon leicht angetrunken, als er uns in den Club begleitet hat. Weißt du noch, ob er noch aufnahmefähig war, als wir aus dem Club gegangen sind?'' Ich schüttelte meinen Kopf, nachdem er mich wieder losgelassen hatte.

''Ich weiß nicht Mal mehr, wie wir aus dem Club raus sind...'', meinte ich und massierte mir meine Schläfen. ''Brauchst du was gegen Kopfschmerzen? Vielleicht klappt die Suche dann ja besser?'' Nachdem Erik meine Frage mit einem Nicken bestätigt hatte, traute ich mich das erste Mal für diesen Tag aus meinem Zimmer. Panik durch schoss meinen Körper, als ich die Haustür zufallen hörte. Schnell wanderte mein Blick auf die Uhr, es war bereits halb zwölf, was mich darauf schließen ließ, dass meine Großeltern bestimmt wieder zurück waren.

Scheiße. Wie sollte ich Erik jetzt noch verstecken?

26/08/2015

MarriedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt