Ein Schlüssel auf Stoff

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TEIL 2

Ich lehnte an der Reling der Pearl und sah zu den Lichtern die im Nebel zu sehen waren. Gibbs lief über Deck, in der Hand - natürlich - eine Rumflasche.

„...Yo ho ho und 'ne Buddel voll Rum, versoffen und bei'm Teufel ist die ganze Crew, yo ho ho und 'ne Buddel voll Rum."

Ein merkwürdiges Geräusch durchdrang die Nacht. Ich und sowohl auch Gibbs blickten sich um. Vögel erhoben sich von unseren Mästen und flogen davon.

„Meinst du es geht Jack gut?", fragte ich nachdenklich.

„Melissa, wie oft soll ich es Euch noch sagen. Jack kommt immer wieder zurück.", sagte Gibbs selbstsicher, dennoch wirkte auch er leicht unruhig.

Ich hatte Gibbs zwar ein wenig näher kennenlernen, aber mit niemanden aus der Crew verstand ich mich so gut wie mit Jack. Wobei Jack immernoch der einzige war der mein Geheimnis kannte. Abgesehen von Lizzy, die es ja bei unserem saufenden Plausch erfahren hatte, aber sie hatte Jack mit sicherheit nicht ernst genommen. Ich vermisste manchmal Will und Lizzy und fragte mich wie es den beiden ging. Doch woher sollte ich schon eine Antwort bekommen? An mein altes Leben dachte ich nicht mehr so oft. Ich hatte mich mit meinem Schicksal abgefunden, womöglich war es das Beste was mir je passiert ist. Ich fragte mich nicht, wer nach mir suchte oder mir nachtrauerte. Ich konzentrierte mich voll und ganz auf mein Leben hier - hier in der Karibik an Jacks Seite.

Jack war noch immer ein Mysterium für mich. Es verging kein Tag an dem ich nicht versuchte ihn zu verstehen, an dem ich mich nicht fragte was er für mich und was ich für ihn empfand.

Nach einer Weile sah man Jack endlich. Er benutzte einen Sarg als Boot. Sehr... appetitlich.

Erwartungsvoll stand ich dort und wartete darauf, dass er an Deck kommt. Als Gibbs ihm die Hand hin hielt um ihm hoch zu helfen, legte Jack ihm lediglich einen Fußknochen in die Hand. Ich verzog das Gesicht.

„Das war doch irgendwie anders geplant.", meinte Gibbs.

„Komplikation überstanden, dauerten an und wurden überwunden.", meinte Jack und kam dann auf mich zu.

„Liebes.", grinste er mich typisch-Jack-Sparrow an.

Ich lächelte erleichtert. Gibbs konnte mir tausendmal sagen, dass er immer zurück kam. Solange Jack nicht wirklich vor mir stand, hatte ich immer bange.

Gibbs lief auf uns zu. „Du hast also weshalb du rein gegangen bist?", fragte dieser.

„Mhhhhm.", murmelte Jack zustimmend, drehte sich dann zur Crew und erstarrte. Alle sahen ihn an. Auffordernd, wollend. Ich stellte mich dicht neben Jack. Dieser warf mir einen fragenden Blick zu, doch ehe ich antworten konnte sprach Gibbs schon weiter.

„Captain, ich denke die Crew - und damit meine ich mich eingeschlossen - hat etwas erwartet, das etwas mehr Glanz hat. Nach der Isla de Muerta Sache bei der sich das Meer die Insel Sandschatz zurückgeholt hat."

Jack sah mit zusammengekniffenen Augen zur Crew.

„Und die Royal Navy uns durch den Atlantik jagt!", sagte einer mit Indischem Akzent.

„Und der Hurrikan!", warf der kleine ein.

Zustimmendes Gemurmel in der Crew, diese bekamen von mir wütende Blicke ab.

„Alles in allem scheint es eine weile her zu sein, dass du dem ehrlichen Piratenhandwerk nachgängest.", schloss Gibbs.

Jack warf erneut einen Blick zu mir. Ich konnte ihn nur schweigend ansehen.

„Glanz hat?", fragte Jack Gibbs.

„Aye, Glanz hat."

„Seht ihr das etwa alle so? Das der Liebe alte Jack eure Interessen als Captain nicht ausreichend vertritt?" Jack musterte die Crew.

„Also, ich nicht.", meine Stimme war erstaunlich leise. Trotzdem blickte mich sofort die gesamte Crew an.

Ebenso Jack. „Ich weiß doch, Liebes."

„Krah, über die Blanke!", krächzte Cottons Papagei.

Jack zog mit einer Bewegung seine Pistole. „Was hat der Vogel gesagt?"

„Lasst den Vogel aus dem Spiel. Zeigt uns, was auf dem Stofffetzen drauf ist.", befahl der komische Typ mit dem indischen Aktzent.

Jack blickte ihn komisch an. Im nächsten Moment ließ sich plötzlich dieser Affe direkt vor Jacks Gesicht baumeln, dieser, sowie eigentlich fast alle - inklusive ich -, schrien erschrocken auf. Jack schoss auf den Affen, was jedoch wenig brachte bei einem Untoten Affen. Er hatte sich auf die Pearl genistet und ich hatte erfahren, dass der Affe ebenfalls Jack hieß. Jack schoss also auf Jack. Wäre ich nicht so erschrocken, ich hätte gelacht.

Dann stahl der Affe-Jack Jack den Stofffetzen aus seiner Hand und lief weg, Jack schoss erneut auf den Affe und dieser ließ den Fetzen fallen.

„Du weißt doch, dass das nichts bringt.", meinte ich.

„Mir schon.", gab Jack zurück.

Der kleine - Marty - schnappte sich den Fetzen und sah darauf. „Es ist ein Schlüssel!", teilte er der Crew mit. Ich blickte fragend zu Jack, wie schon das letzte mal hatte er mich nicht in seine Pläne eingeweiht.

„Nein noch viel besser, es ist eine Zeichnung eines Schlüssel.", sagte Jack nahm Marty den Fetzen aus der Hand und zeigte ihm der Crew. Ich und sowohl die ganze Crew musterte den darauf gezeichneten Schlüssel. Okay, ein Stofffetzen mit einem darauf gemalten Schlüssel. Deshalb das alles? Sah ziemlich schlecht für Jack aus...

Dieser bemerkte die Blicke der Crew. „Gentleman, was pflegen Schlüssel zu tun?", fragte er in die Crew.

„Schlüssel schließen Dinge auf?", meinte der Inder. Genius.

„Und was immer dieser Schlüssel aufschließt, dort drinnen ist etwas wertvolles, also brechen wir auf und suchen was auch immer dieser Schlüssel aufschließt.", beschloss Gibbs.

„Nein", wiedersprach Jack. „Denn ohne diesen Schlüssel können wir nicht aufschließen, was wir nicht haben, was er aufschließt. Also was für einen Sinn würde es machen, dass zu finden was er aufschließt, was wir nicht haben, ohne zuerst den Schlüssel gefunden zu haben der es aufschließt."

„Also, suchen wir nach dem Schlüssel!"

„Was für ein wirres Gerede... Gibt's noch mehr Fragen?", wandte sich Jack der Menge zu.

„Und, haben wir einen Kurs?", fragte Marty.

„Ah... einen Kurs." Jack kramte seinen Kompass hervor. „Setzt die Segel in...ehm..." verwirrt sah er auf seinen Kompass. Sein Blick traf mich. Ehe er wieder den Kompass ansah. Er klappte ihn zu und wieder auf, drehte ihn in seiner Hand. „Eine allgemeine...diesen Weg...Richtung." Sein Finger kreiste hin und her zeigte erst nach links und entscheid sich schließlich für rechts.

„Captain.", rief Gibbs verwirrt aus.

Jack drehte sich wieder zu seiner Crew. „Kommt schon, trollt euch, setzt die Segel, na los, macht schon! Hopp hopp."

Ich lief Jack hinterher.

„Jack."

Er blieb stehen und drehte sich zu mir.

„Du hast doch gar keinen Kurs.", meinte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Natürlich habe ich einen!", wiedersprach er.

Ich zog eine Augenbraue hoch und machte ihn nach, mein Zeigefinger zeigte in verschiedenste Richtungen. „Eh ja, Kurs...dort lang, eh ne dort lang... falsch hier die Richtung..."

Jack packte mein Handgelenk und zog mich unter Deck.

„Liebes, vertrau mir doch einfach."

„Du kannst nicht immer einen auf Einzelkämpfer machen.", gab ich zurück. „Außerdem hat die Crew mit Sicherheit auch gemerkt, dass du keinen richtigen Kurs hast."

„Ich habe einen Kurs!"

„Jack. Mir kannst du es doch sagen."

Jacks Augen schweiften über mein Gesicht, meine Augen, meine Lippen, dann drehte er sich schweigend um und verschwand in seiner Koje.

Eingeschnappt sah ich auf die geschlossene Tür und ging dann an Deck um der Crew zu helfen.

Fluch der Karibik - An der Seite des CaptainsWhere stories live. Discover now