LIV

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Vanille, Rosenholz, frisch geschmiedetes Eisen. Eine frische, kühle Frühlingsbrise. All diese Gerüche zogen mich zurück in die Welt.

Meine Augen brannten und mein Kopf brummte. Alles tat weh. Ich öffnete die Augen vorsichtig. Es war viel zu hell, um sofort sehen zu können.

Grashalme kitzelten meine Nase und Wangen. Schmerzvoll stöhnend stützte ich mich vom Boden hoch und wollte am liebsten direkt wieder hinfallen. Meine Beine fühlten sich taub an. Die Finger kribbelten.

Ich setzte mich hin, sah über die sich meilenweit erstreckende Wiese, auf der ich gerade saß, als wäre ich aus einem Raumschiff geworfen worden. Mitten im Nirgendwo.

Meine Erinnerungen kamen viel zu spät wieder. Wie ein flacher Schlag ins Gesicht zog es mir das Gleichgewicht weg. Ich kippte zur Seite und tastete mich zu seinem Körper. "Douma!", schrie ich.

Immer und immer wieder, bis ich neben ihm lag und an seinem muskulösen Körper rüttelte. Mir tat alles so verdammt weh, doch ich konnte nur an ihn denken. Alles andere war so unwichtig und klein.

Ich drehte sein Gesicht zu mir und schlug ihm ein paar Male beherzt auf beide Wangen. Mit einem mürrischen Knurren packte er meine Hand und blinzelte. Ein Tränenfilm bildete sich vor seinen halb geöffneten Lidern. "Ich kann nichts sehen. Warum kann ich nichts sehen? Nezaky? Wo sind wir?"

Das war der Moment, an dem ich zusammenbrach. Ich schluchzte jämmerlich. Fühlte mich klein, unbedeutend und - menschlich.
Doumas Haut funkelte in einem attraktiven hellgoldenen Ton. Viel gesünder als vorher. Viel menschlicher als vorher. Ich hatte es geschafft. Ich hatte es tatsächlich geschafft!

Ich warf mich an seine Brust und fühlte direkt, wie er seinen großen Arm um mich legte und schmerzhaft ausatmete. Kurz darauf folgte der zweite Arm. Er drückte mich so fest an sich, als würde er denken, dass ich mich gleich in Luft auflösen würde.

Er hatte es gewusst. Tief in seinem Inneren hatte er es die ganze Zeit gewusst. Dass ich Muzan töten wollte. Dass ich sie alle töten wollte. Und doch hatte er mir schlussendlich vertraut und das Serum genommen, dass ihn und mich wieder zu Menschen werden ließ. Das jede untote Zelle vernichtete und das Erschafferblut auslöschte.

Keine Blood-Demon-Arts mehr. Kein Blutdurst mehr. Keine Schatten eines Tyrannen im Hinterkopf.
Nur freie Gedanken und Gefühle, die es endlich schaffen würden, an die Oberfläche zu kommen. Wir waren jetzt verbunden. Für immer verbunden.

Douma fasste an meine Haare und hob meinen Kopf. In seinen Augen tanzten Regenbögen. Sein Blick verriet mir, dass er wusste, was er jetzt war. Was er wieder war.

Anders als erwartet, sah ich weder Abscheu noch Bedauern in seinem Blick. Ich konnte es nicht fassen, dass wir es geschafft hatten.
Der Mensch vor mir strich mir eine helle Strähne hinters Ohr. "Du bist wunderschön.", hauchte er.

Und erst jetzt sah ich, dass sich in seinen bunten Augen auch andere Regenbögen spiegelten - meine eigenen.
Das hatte ich nicht einberechnet. Ich dachte, ich würde wieder die normale Frau werden, die ich als Mensch einmal gewesen war. Doch scheinbar hatte diese Kraft, die erst durch Muzan und Douma zum Vorschein kam, schon immer in mir geschlummert.

Ein so großer Stein fiel von meinem Herzen, dass ich schwer atmen musste.
"Ich liebe dich auch.", sagte ich, "Ich liebe dich so sehr."

Doumas Lächeln war das schönste und ehrlichste Lächeln, das ich je an ihm gesehen hatte. Er musste nun keine Maske mehr tragen. Er musste sich ebenfalls nie wieder verstecken.

Und als er den Kopf zur Seite drehte und auf die sonnenbeschienende Wiese sah, liefen auch bei ihm die Tränen. Die Sonne tanzte über unsere Körper, als er mich küsste. Alles tat so weh, doch seine Berührungen nahmen mir jeden Schmerz.

"Werde meine Frau.", hauchte er an meinen Hals und verteilte auch dort den Abdruck seiner göttlichen Lippen. "Heirate mich, Nezaky."
Ich lachte, komplett überreizt von Gefühle. "Ich dachte, du willst nicht heiraten." Spielerisch zog ich ihn an den Haaren von meinem Hals weg.

Seine Augen funkelten reißerisch, es raubte mir den Atem. Bis wir aus den alten Gewohnheit raus waren, würde es wohl noch etwas dauern. Doch das war alles andere als schlecht.
"Dann sperre ich dich eben ein. Behalte dich bei mir, bis du mir freiwillig nochmal diese Worte sagst."

Wir lachten kurz, dann sahen wir uns tief in die Augen. Begierde, Lust, Besitz, Vertrauen, Blut. Wir sahen uns lange so an.
"Niemals werden wir sterben, solange der andere lebt.", flüsterte ich es wie ein Gebet, "Ja, ich will."

... und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute ...

Blended Blood || Demon Slayer DoumaWhere stories live. Discover now