XXI

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Ich wurde durch ein heftiges Grummeln wieder wach. Ich brauchte einen kurzen Moment um zu realisieren, dass es mein eigener Magen war, der mich aus dem Schlaf gerissen hatte.Nicht Muzan.
Nicht Muzan.

Ich stützte mich auf und streckte mich. So gut hatte ich lange nicht geschlafen. So lange, wie ich mich zumindest zurückerinnern konnte. Dennoch hatte ich die ganze Zeit ein merkwürdiges Gefühl, dass mich auch im Schlaf nicht losgelassen hatte.

Das Gefühl von Douma.
Seine Anwesenheit, als würde er direkt neben mir liegen. Was er zum Glück nicht tat. Ich strich den Gedanken beiseite und befreite meine Haare aus dem unordentlichen Zopf.

Schon bei der kleinsten Bewegung begann mein Magen wieder zu rumoren. "Ja. Ja. Ist ja gut.", murmelte ich und erhob mich aus dem gemütlichen Bett.
Die eiserne Tür zum Balkon stand offen. Dunkelheit strömte durch den offenen Spalt. Genau rechtzeitig.

Ich stampfte fast schon von selbst auf den Balkon zu, obwohl ich es gar nicht wollte. Meine Beine machten sich selbstständig. Ich schob die schwere Tür weiter beiseite und musste kurz darüber nachdenken, dass ich sie damals nicht mal einen Zentimeter bewegt bekommen hatte. Ich lachte.

Und dann stand ich da. Die Nacht war bereits vorangeschritten. Der Mond unsichtbar hinter den Wolken versteckt. Es war stürmisch. Meine Haare flogen hier so weit oben wild zur Seite. Es fühlte sich so gut an. Ich fühlte mich beinahe frei.
Ich wusste, ich war es nicht.

Wieder knurrte mein Magen. Ich legte mir eine Hand auf den Bauch und sah nach unten. Ich verdrängte die Erinnerungen und fokussierte mich auf den Wald unter mir. Die Lampions auf dem schmalen Pfad durch den Wald schwankten umher und sahen von hieraus aus wie Glühwürmchen.

Ich würde mich nicht dazu herablassen und Douma um Nahrung anbetteln. Das hier war ein Tempel. Eine heilige Stätte. Zumindest für die ohne Verstand.
Es würde mich nicht wundern, wenn ich ein paar Pilger oder Bedürftige auf dem Weg hierher abfangen könnte.

Ich war zwar noch nie auf der Jagd nach Menschen gewesen, da Muzan mich immer zum Essen gezwungen hatte, aber so schwer konnte das schon nicht sein.
Für einen kurzen Augenblick zog ich in Erwägung direkt vom Balkon zu springen.

Dann übernahm ein Urinstinkt und ich entschied mich doch für den langen Weg. So konnte ich mir vielleicht das Anwesen auch näher ansehen.
Ich schlüpfte zurück in meine Schuhe, zog meine Sachen wieder glatt und gerade und machte mich auf den Weg.

Zuerst kamen mir die Gänge noch bekannt vor und ich fand sogar die Treppen. Ich lief sie bis zum Ende runter und stand dann vor der nächsten Herausforderung. Rechts. links oder geradeaus? Ich seufzte.

Ich hätte besser auf den Weg achten sollen, als Douma mich geführt hatte. Ich entschied mich für rechts. Nach noch ein paar Ecken und Biegungen, roch ich endlich frische Nachtluft. Ich beschleunigte meine Schritte und erreichte doch tatsächlich die Eingangshalle, in der ich noch vor ein paar Stunden gestanden hatte.

Ich lief nach draußen. Als ich etwas Abstand zwischen mich und diesen Palast gebracht hatte, sah ich nochmal zurück und hoch zum Balkon. Die Erinnerungen ließen mich nicht los. Unzählige Male hatte ich es vor meinem inneren Auge gesehen.
Wenn ich tagträumte oder zwei Sekunde Ruhe vor Muzan gehabt hatte.

Ich durfte dem nicht nachgeben. Ich war ein naiver, wehrloser Mensch gewesen und Douma hatte es blindlings ausgenutzt. Ich würde mich nie wieder so benutzen lassen, das hatte ich mir geschworen. Also drehte ich ab und lief in den Wald hinein - abseits des Weges.

Soweit ich wusste, hatte mich keiner von Doumas Untergebenen entdeckt gehabt, weshalb ich wohl ein paar Stunden Zeit hatte, bis jemand bemerkte, dass ich fehlte. Schnell und lautlos huschte ich durch die Bäume. Nach einer Weile fand ich eine taktisch gut gelegene Erhöhung, um mich auf die Lauer zu legen.

Blended Blood || Demon Slayer DoumaWhere stories live. Discover now