XVIII

328 22 1
                                    

Douma
Zuvor

Muzan beorderte mich per Nakime zu sich. Eine wirklich praktische Frau. Auch wenn sie mich gerade aus einer ziemlich interessanten Situation gerissen hatte. Ich war ihr nicht böse, sie befolgte nur Befehle.

Und somit stand ich nun bei ihm. Meister Muzan hatte mich ohne ein Wort zu sich geholt, während wir gerade ein neues Mitglied aufnahmen. Das musste etwas bedeuten. Muzan tat nichts ohne geplante Absicht. Trug die neue Dämonin deswegen schon das Zeichen des dritten Rangs?

Ich konnte es mir nicht erklären, doch irgendwas an ihr, ihrer Präsenz und dunklen Aura kam mir bekannt vor. Schleierhaft. Ich bekam bei dem Gedanken fast Gänsehaut.
"Douma.", begann der Meister mit tiefer und doch leiser Stimmlage. Er wollte offensichtlich nicht, dass die anderen uns hören konnten.

Ausnahmsweise änderte sich seine Laune mal etwas. Er senkte seine unendliche Wut auf ein Minimum und ersetzte sie durch gleichgültige Ernsthaftigkeit. Ich hörte ihm zu. „Douma, du kennst Nezaky bereits." Muzan stand mit dem Rücken zu mir. Ich musterte ihn unbeholfen. Ich würde mich an so eine schöne Frau erinnern - und doch..

"Sie war die Frau, die du geraubt hast. Wegen ihrem Blut. Die Frau, die wichtige Informationen für mich gehabt hätte und die mir hätte sagen können, wo man die blaue Spinnenlilie findet. Die Frau, die von deinem Balkon in den Tod gestürzt ist und die ich aufgrund deines Versagens in einen Upper Moon wandeln musste."

Ich wollte geschockt sein. Ich wollte mich auf seine Worte fokussieren, aber es gelang mir nicht. Sein Körper bebte bei der Erinnerung daran, was ich ihm scheinbar geraubt hatte.

Hätte ich gewusst, dass sie wirklich so wichtig für ihn gewesen war, hätte ich sie ihm schon gebracht. Vermutlich. Also vielleicht.

Aber das alles war doch schon mehrere Monate her. Warum kam er damit erst jetzt?
Plötzlich legte sich die Angespanntheit von Muzan und er drehte sich zu mir um. Er musste sich wirklich zusammenreißen, das sah man ihm an.

"Verzeiht mir.", ich senkte den Kopf ehrfürchtig. Der Meister betrachtete mich nur abfällig und sah wieder weg. Er sah zu ihr herunter. Ich konnte Akazas Aura spüren. Er setzte zum Angriff an. Sie duellierten sich. Ich verpasste gerade den wohl spannendsten Rangkampf seit langem!

"Du kannst dich glücklich schätzen, dass sie sich gut entwickelt hat. Sie hat deutlich mehr Potential, als ich es ihr zugestanden hätte."
Oh, das konnte nicht wahr sein. Entschuldigte er sich bei mir?

Ich musste mir mein Grinsen verkneifen.
Ja, in ihr.. Nezaky, wie sie jetzt hieß.. hatte etwas geschlummert.
Das hatte ich schon vorher gespürt. Und dennoch, bei dem Gedanken, dass das dort unten die Frau war, deren Blut ich mit solch einem Genuss getrunken hatte und deren so weiche Haut ich geschmeckt hatte, geriet mein Blut in Wallung.

Und jetzt zu sehen, wie selbst sie Akaza zeigte, wo sein Platz war, erfüllte mich mit einem Gefühl. Mit Stolz und einem Hauch Befriedigung.
Selbst Muzan war kurz abgelenkt von dem Kampf.

Seine Augen lagen fest auf Nezaky, die gerade aus dem Nichts eine Waffe erschaffen hatte. Erstaunlich.

"Da du mehr oder weniger daran Schuld bist, bist du fürs erste weiterhin für sie verantwortlich. Sie hat ihr Potential noch lange nicht ausgeschöpft und momentan macht sie in meiner Umgebung keine Fortschritte. Es ist gelinde gesagt frustrierend. Ich will, dass sie lernt zu jagen. Zeig ihr das wahre Leben eines Dämons. Vielleicht bringt sie das wieder in den Schwung, den sie vorher hatte. Ich habe ihr Gedächtnis weitestgehend gelöscht. Sie sollte sich also an nicht all zu viel erinnern. Bis auf ein paar essenzielle Dinge, die ihr die nötige Motivation geben.", sprach er gelangweilt, folgte jedem ihrer Schritte aber aufmerksam.

Mich beschlich das Gefühl, als wäre das ein Test. Für sie und für mich. Und wahrscheinlich sollte ich ihn diesmal nicht enttäuschen, obwohl ich das noch nie getan hatte. Er war nun eben Muzan - zutiefst perfektionistisch und unmöglich glücklich zu machen.

"Und was ist mit den Informationen? Habt Ihr sie bekommen?" Ich stellte die Frage noch bevor ich wirklich drüber nachgedacht hatte. Die blutroten, bösen Augen des Dämonenkönig blitzten in meinem Unterbewusstsein auf und zwangen mich augenblicklich auf die Knie.

Nach einer kurzer Pause, ließ er sich dazu herab, mir zu antworten. "Ich wüsste nicht, was dich das angeht. Aber sagen wir so viel: Das, was wir gemeinsam herausgefunden haben, hat mich in meiner Theorie bestärkt." Der helle Unterton in seiner Stimme jagte selbst mir Angst ein.

Was er in diesen Monaten wohl alles mit ihr angestellt haben musste? Meine Neugier war auf jeden Fall geweckt.
Das Beben des Schlosses riss uns aus unserer Unterhaltung. Es kam von weiter unter uns. Von dort, wo Akaza und die betörende Nezaky übereinander herfielen.

Doch von Akaza war keine Spur. Eine riesige, schwarze Nebelwand bedeckte den gesamten Bereich. Nezaky kniete außerhalb dieser Ebene, die Arme zertrümmert. Hatte sie verloren? Nein.
Wo war Akaza? War er etwas da drin?

Nezaky stand sofort wieder auf. Hinter ihr erschien Kokushibo. Das machte keinen Sinn, er durfte sich nicht einmischen, sonst verlor sie automatisch. Doch warum interessierte er sich überhaupt dafür? Das hatte er noch nie getan.

Muzan trat einen Schritt näher ans Ende seiner Plattform heran und auch ich erlaubte mir, mich wieder hinzustellen und zuzusehen. Nezaky sagte irgendwas und gleich danach hob sie anmutig die regenerierten Arme.

Ihr Körper war angespannt wie eine Statue und es bildete sich eine düstere Aura um sie, die die von Akaza weit überbot.
Und dann..  Ich konnte meinen Augen nicht trauen.
Die Sonne?

Eine Sonne ging aus dem Nichts hinter ihr auf. Sie musste sie erschaffen haben. Ein Dämon, der die Sonne erschaffen konnte? Ich sah geschockt zu Muzan herüber, der sich das Kinn rieb. Auch er wirkte, zumindest für seine Verhältnisse, überrascht. "Wie kann das sein?", fragte ich laut.

Die Frage mehr zu mir selbst gestellt, als zu irgendwem anders. "Nezaky hat sich ein paar ihrer Blood Demon Art Fähigkeiten selbst designt. Wie du weißt, war sie einmal Chemikerin und Wissenschaftlerin.", antwortete Muzan abwesend auf meine eigentlich rhetorische Frage.

"Sie hat also angeborene und eigens geschaffene Dämonenkünste?", musste ich ungläubig nachhaken. "Ich habe sie nicht ohne Grund zu Upper Moon Drei gemacht."

Ein breites, fasziniertes Grinsen zog sich über mein Gesicht. Das wurde ja immer besser. Eine solche Herausforderungen hatte ich noch nie gehabt.

Und Nezakys pure Existenz schrie förmlich nach mir. Es gab mir eine solche Genugtuung, zu wissen, dass Muzan sie für sehr stark hielt und trotzdem nicht dachte, dass sie mich besiegen könnte. Allerdings hatte auch er nichts von dieser Dämonensonne gewusst..

Blended Blood || Demon Slayer DoumaWhere stories live. Discover now