XXXVIII

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Douma

Die Frau in meinen Armen lebte noch, als ich sie fraß. Akaza hatte sich über die Leiche ihres Mannes hergemacht. Ich hatte wirklich gehofft, dass die Zeit so schneller verging, doch das tat sie nicht.

Ich fraß noch drei weitere Menschen, in der Hoffnung, meine Wut so unter Kontrolle zu bekommen. Stattdessen zerriss ich meine Opfer immer brutaler und meine Instinkte wurden immer wilder.

"Du solltest dich beruhigen.", mahnte Akaza, der Spielverderber. Ich lachte nur und schmiss die restlichen Gebeine des Menschleins weg. Dann klatschte ich meine Hände aneinander und fuhr mir mit dem Ärmel über den Mund.

"Und wir sollen wirklich zusammen auf eine Mission gehen?", warf ich ihm spöttisch entgegen. Wenn ich einen Spießer brauchte, hätte ich lieber Kokushibo mitgenommen. Doch das konnte ich mir leider nicht aussuchen.

Ich lief in meinem Empfangssaal auf und ab. "Wie lange ist es her?", fragte ich niemand bestimmtes. Trotzdem antwortete mein bester Freund mir. "Ich weiß es nicht. Eine Stunde vielleicht? Du hast es auch gesehen, oder?" Ich nickte.

Eine Stunde. Es kam mir bereits vor wie eine Ewigkeit, dass wir zurück in mein Anwesen teleportiert worden waren. Wenn sogar Akaza die berechnete Kälte und Panik in Nezakys Augen gesehen hatte, dann musste das schon etwas bedeuten.

Sie hatte mir einmal erzählt, wie die Zeit bei Muzan verlaufen war. Ich konnte mir gut vorstellen, dass sie dort nicht freiwillig bleiben wollte. Ich hätte sie einfach mitreißen sollen.
"Du machst dir Sorgen?", Akaza klang unbeholfen. Wieder lachte ich. "Bilde dir nicht ein, du würdest mich kennen, Upper Moon Vier."

Bevor Akaza antworten konnte, erschütterte eine starke Präsenz das Anwesen. Ich zögerte nicht. Ich folgte dieser Macht wie einer Spur und fand meinen kleinen Vogel in meinem Bankettsaal. Sie lag auf dem Boden. In einer Blutlache.

"Nein.", kam es mir lautlos über die Lippen. Ich stürzte mich zu ihr runter und drehte sie auf den Rücken, um ihren Kopf zu stützen. Akaza folgte mir und setzte sich auf die andere Seite.

"Sie hat keine sichtbaren Wunden. Sie wird sich wahrscheinlich schon regeneriert haben." Ich hörte ihm nicht zu.

"Was kann einen Dämon so dermaßen außer Gefecht setzen?", fragte ich ihn, wenn er sich damit scheinbar so gut auskannte.

Lange sagte niemand etwas. "Muzan.", flüsterte Akaza, als er an ihre Stirn fasste. "Sie ist heiß. Er wird ihr zentrales Nervensystem zerfetzt haben. Das braucht eine Weile, um zu heilen. Deswegen glüht sie auch so."

Ich legte meine Hand an ihre Schläfe und leitete Kälte direkt zu ihrem Gehirn. "Aber warum sollte er so etwas tun?", dachte Akaza laut. Er sollte lieber still sein, ich musste mich konzentrieren und wollte ihn eigentlich nicht töten.

"Weil er ein größerer Bastard ist als du.", keuchte und hustete Nezaky plötzlich auf. Blut spritzte aus ihrer Kehle. Sie begann sich aufzusetzen. "Bleib liegen, kleiner Vogel." Ich strich ihr die Haare aus dem Gesicht, während sie mich feindselig anfunkelte.

"Nenn mich nicht so.", zischte sie schwach aber böse. Ich lachte. "Noch ganz die Alte, mh?"
Ich glaubte, sie lächelte auch ganz leicht.

Akaza verstand kein Wort.

Nezaky

Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem Bett. Seinem Bett, wie mir sofort auffiel. Es war so weich wie eine Wolke und roch nach Vanille und Rosenholz. Und nach meinem Blut. Ich fasste mir an den Kopf und setzte mich auf.

"Die Wichtigtuerin ist erwacht.", hörte ich verschwommen. "Douma?"
"Nein."
"Akaza.", stellte ich fluchend fest.
"Der gute Douma besorgt dir gerade etwas zu essen."

Meine Sicht klarte langsam auf. Akaza saß in einem Sessel nahe des Bettes. "Wie nett.", gab ich unmotiviert von mir. "Was ist passiert?", fragte er unbeeindruckt. "Ich dachte, wir reden nicht mehr miteinander?" Provokant aber wahr. Er ignorierte es.

"Was ist passiert?", wiederholte er. Ich seufzte. "Muzan hat mir gezeigt, was mit mir passiert, sollte ich ihn bei dieser Mission enttäuschen.", log ich.

Obwohl ich nicht daran zweifelte, dass er mir ähnliches antun würde, wenn ich - in seinem Sinne - scheitern sollte. "Ich denke, dass ist seine Art, mir zu zeigen, wie wichtig ihm diese verdammte Blume ist.", ich lachte sarkastisch. Es klang ausgelaugt.

"Er hat mich einmal ähnlich zugerichtet, weil ich diese beschissene Blume nicht gefunden habe."
Täuschte ich mich oder versuchte er gerade mir zu erzählen, dass er diesen Schmerz kannte? So eine Geste hatte ich jetzt nicht erwartet. Ich sah zu ihm herüber.

"Hör zu. Ich weiß nicht, was dein Plan ist, ob du uns alle belügst oder nicht, und ich finde immer noch, dass du das Letzte bist, was wir brauchen. Aber Muzan scheint dir gegenüber positiv gestimmt zu sein. In gewisser Weise zumindest.", wir lachten kurz auf, "Lass uns diese Mission hinter uns bringen und ihn glücklich machen. Danach kann ich dich weiter verabscheuen für das, was du bist."

Das war wohl das Netteste, dass ich je von ihm zu hören bekommen hatte. "Deal.", schmunzelte ich zu ihm hinüber. Er sträubte sich, konnte aber nicht anders als ebenfalls zu schmunzeln. Er drehte sich weg. Dann kam auch schon Douma hinein.

Nachdem ich mein Essen bekommen hatten, ließen mich die beiden nochmal in Ruhe. Obwohl ich ihnen nicht gesagt hatte, was für starke Schmerzen ich hatte, mussten sie es irgendwie mitbekommen haben.

Muzan hatte mir stark zugesetzt. Doch zumindest wusste ich nun, dass er keine Ahnung hatte, was ich vorhatte. Und das war auch gut so.

Es klopfte. Ohne, dass ich etwas sagte, trat Runame ein. Etwas in mir war froh zu sehen, dass sie wohlauf war. "Herrin.", sie verneigte sich. Ich lächelte und neigte den Kopf. "Runame."

"Ich habe Euch etwas mitgebracht. Hier." Sie kam zu mir ans Bett und legte mir meine goldene Halskette in die Hände. Dafür hätte ich sie beinahe küssen können. "Ich danke dir." Ich drehte die kleine Phiole vom Anhänger ab und trank mein Glyzinienelixir.

Ich hatte es nach meinem letzten Vorfall wieder aufgefüllt. Es klopfte nochmal. Wieder trat man ein, ohne auf meine Bestätigung zu warten. Warum dann überhaupt klopfen?

Als Douma eintrat, senkte Runame sofort den Kopf und verabschiedete sich. Ich konnte es ihr nicht verübeln. Ich strich mir über die Haare und robbte elegant an den Bettrand. "Was ist?", fragte ich, als sich die Tür hinter ihm schloss. "Wie geht es dir?"

Wie geht es dir?

"Mir geht es gut, danke." Besser auf jeden Fall. Douma lehnte sich an den Baldachin seines Bettes. Er wirkte angespannt.

"Was ist passiert?" Ich verdrehte die Augen. "Muzan ist passiert. Das solltest du besser wissen als ich." "Genau deswegen frage ich ja.", sagte er dunkel, "Ich wurde schon oft von ihm bestraft. Manchmal auch einfach nur zum Spaß. Aber du.. was er mit dir gemacht hat, war anders. Viel.. intensiver."

"Er setzt viel auf diese Mission. Auf uns. Es ist ihm wichtig. Das wollte er damit zeigen." Ich erschrak selbst, als ich merkte, wie tonlos ich darüber sprach. Douma öffnete den Mund und wollte etwas sagen, hielt sich dann aber doch zurück.

So unsicher hatte ich ihn noch nie erlebt. Wir schwiegen uns an. Eine ganze Weile existierten wir einfach nur in diesem Raum. In diesem Raum, wo schon so viel passiert war. "Essen wir heute Abend zusammen?", fragte er immer noch ziemlich düster. Es fühlte sich an, als wäre er von Schatten umgeben.

Als würde er irgendetwas vor mir verstecken wollen. "Ich fürchte, dafür haben wir keine Zeit." Ich stand auf und stellte mich vor ihn. Ja, er versteckte etwas vor mir. Seine Augen sahen mich ziellos voller Hass an.

"Wo ist Akaza? Wir müssen reden. Alle zusammen. Es geht um die Mission.", brachte ich nun ebenso angespannt hervor und wendete mich von ihm ab. Ich wollte mit ihm in dieser Stimmung nicht alleine in diesem Raum bleiben.

Blended Blood || Demon Slayer DoumaWhere stories live. Discover now