XXV

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"Ich hatte einen kleinen Raum mit einer noch kleineren Matratze. Gott, wie hatte ich es vermisst, zu schlafen. Ich weiß, dass Dämonen nicht schlafen müssen, doch es bringt mir Ruhe. Ich genieße es.", ich hielt inne, während ich in einem kleinen Radius auf und ab lief.

Ich wollte nicht, dass er mich bemitleidete. "Nun ja, ich war jedenfalls kaum allein. Er zwang mich zu trainieren, bis selbst meine übermenschlichen Muskeln nicht mehr konnten. Wir hörten erst auf, wenn ich benommen am Boden lag. Da ich von Anfang an enorme Geschwindigkeit sowie Ausdauer und Präzision besaß, trainierten wir meistens bis zu zwanzig Stunden. Und dann zwang er mich zu fressen."

Ich machte wieder eine Pause. Säure stieg in meinem Hals auf. Ich ekelte mich vor mir selbst. Konzentration. Ich schluckte und drängte die Übelkeit zurück.

"Er zwang mich, täglich fünfunddreißig junge Frauen zu fressen, bis ich es freiwillig tat. Fünfunddreißig. Es waren jedes Mal fünfunddreißig.", ich unterdrückte den Hass in meiner Stimme. Ich wusste nicht genau, wie ergeben Douma Muzan war. Ich durfte nichts riskieren.

"Er wollte, dass du stärker wirst.", gab Douma nachdenklich hinzu. Sein Blick war sanft und ernst zugleich. Ich nickte. "Tja, Upper Moon Drei in drei Monaten zu werden, erfordert eine gewisse Disziplin.", lachte ich locker.
Er glaubte mir nicht, kaufte es mir nicht ab.

"Hat er dich-", er brach ab. Douma wirkte.. wütend? Entsetzt? "Habt ihr-", wieder brach er ab. Er sah mich nicht an. Da verstand ich.

"Nein. Oh Gott, nein. Bei allen sieben Höllen!" Auch wenn ich drüber hinweglachte, lief es mir allein bei der Vorstellung, dass Muzan mich anfasste, eiskalt den Rücken hinunter. Zudem ich auch das Gefühl hatte, dass sich die Temperatur im Raum verändert hatte. Es war kälter als zuvor.

"Er ist viel zu klein.", scherzte ich, um seine Laune wieder zu heben. Seine Miene war steinhart. Ich musste ihn ablenken. "Ihr seid gleichgroß.", warf er kalt zurück, als wären meine Worte nur windiges Geflüster in einem Sturm. "Du bist größer."

Ich riskierte alles. Auch wenn ich mir dumm vorkam und am liebsten im Boden versinken würde, blieb ich gerade stehen und verlieh meinen Worten allein mit meiner Haltung den gewissen Ausdruck. Douma sah auf, ein leichtes Schmunzeln auf seinen Lippen.

"Spiel nicht mit mir, Nezaky. Das ist meine Aufgabe.", raunte er gefährlich verspielt. "Jetzt habe ich aber Angst." Sein Schmunzeln wurde breiter und die Eiskristalle an den Weingläsern lösten sich auf. Ich hatte ein größeres Unheil abgewendet.

Ich versteckte meine Erleichterung hinter einem Räuspern. "Wenn Muzan also nicht gerade Lust hatte, mich bis an meine Grenzen mit Training zu quälen, drang er in meinen Kopf ein. Ich glaube, er gab mir jedes Mal zuvor etwas zu trinken, indem eine Substanz drin war, die mich empfänglicher machte. Ich kann mich schließlich kaum daran erinnern. Er hat mir alles genommen.. oder es verändert. Aber ich muss sagen, dass ich nicht traurig darüber bin. Ich habe das Gefühl, dass ich damals eh allein gewesen bin. Sonst hätte mich doch bestimmt jemand gesucht, als ich plötzlich verschwand.", erzählte ich weiter.

Ich wusste nicht genau, warum ich ihm ausgerechnet das erzählte, doch es war ausgesprochen, bevor ich überhaupt groß drüber nachgedacht hatte. "Was hat er verändert?" Fragend trafen sich unsere Blicke. Neugier funkelte in seinen, während meine sich so leer anfühlten, wie sie aussahen.

Das war eine Frage, die ich weder erhofft noch erwartet hatte. Ich brauchte eine Weile, um zu antworten.

Die Situation brach wieder vor mir auf. In meinem inneren Auge tanzten Sterne. Douma. Da war Douma, wie er mich ansah, mich berührte. Ein Knall. Ein Wall voller Dunkelheit. Kälte und Angst und Hitze. Ein Mann, den ich nicht kannte.

Douma nahm sich mein Blut, riss mir die Halsschlagader und die Pulsadern an den Handgelenken auf und warf mich vom Balkon. Niemand sah hin, als ich fiel. Dann Dunkelheit und immer mehr Dunkelheit. Ich war vollkommen allein, Körper und Seele zerbrochen in Einzelteile, als der Mann, den ich nicht kannte, mein Gesicht in die Hände nahm und mich rettete. Mich erweckte und trainierte.

"Er hat mir meinen Tod gezeigt. Er hat mir gezeigt, wie du mich aufgeschlitzt und grausam vom Balkon geworfen hast.", ich stockte. Die Worte blieben mir beinahe im Hals stecken.

Douma machte einen Satz und stand schon fast vor mir, als ich abweisend die Hand hob und ihn aufhielt, näherzukommen. "Ich weiß, dass es nicht so war. Doch das spielt keine Rolle, nicht wahr? Du wolltest mich schließlich auch töten, wenn nur auf eine andere Weise." Ich wendete mich von ihm ab.

Meine Hände ballten sich zu Fäusten und ich konnte spüren, wie sich Schatten darin bildeten. Schweigen legte sich über uns und mit der wachsenden Dichte meiner Schatten, stieg auch die Masse seiner dunklen, großen und harten Anwesenheit. Eiskalte Blitze zuckten durch meinen Rücken.

"Nein.", seine Stimme rau, angespannt, "Nein, wollte ich nicht." Ich verdrehte die Augen.

Er stand zwei Schritte von mir entfernt. Seine ganzer Körper zum Zerreißen angespannt. Unter seinem roten Oberteil zeichneten sich die muskulösen Schultern deutlich ab. Er hielt sich wohl ziemlich zurück. Kämpfte ja förmlich mit sich selbst.

Doch er konnte mir nichts vormachen. Ich legte den Kopf schräg und ließ einen abfälligen Blick über seinen großen Körper gleiten. "Machen wir uns nichts vor. Natürlich wolltest du. Du ermordest ganze Familien. Ich war doch niemand Besonderes. Nur eine weitere-", er schnitt mir das Wort ab, indem er einen kräftigen Schritt auf mich zu machte und mir direkt in die Seele starrte.

"Ich wollte dich nicht töten. Ich habe dich nicht getötet. Ich.. mochte dich. Ich wollte dein-", jetzt stoppte er sich selbst. In Doumas Augen loderten erbarmungslose Flammen. Sie brannten sich in meine, bevor sie meinen Hals herabwanderten, weiter zu der Kuhle meiner Schultern und zu meinen Brüsten. Dem dahinter schnell schlagenden Herz.

Ich versuchte krafthaft, meinen Herzschlag zu beruhigen, doch das machte es nicht besser. "Mein Blut?", beendete ich seinen Satz. Mein Mund war auf einmal ganz trocken. Wie konnte es sein, dass sein ganzer Körper im Takt meines Herzens pulsierte? Sein Blick war raubtierartig wie früher, doch das konnte gar nicht sein.

Er hatte nicht länger das Verlangen nach meinem Blut oder meinem Körper. Ich war nun ein Dämon wie er und damit nicht länger seine Beute.
Als sich unsere Blicke wieder begegneten, lag Verwirrung in ihnen, und Hunger. Das erkannte ich, weil ich mich genauso fühlte.

Ich befeuchtete meine Lippen. Meine Atmung ging stoßweise und prallte von seiner starken Brust wieder zu mir zurück. "Ich glaube dir nicht. Du bist ein Lügner.", hauchte ich. Meine Stimme lag in Fetzen. Ich schüttelte den Kopf, um mich aus seinem Bann zu lösen.

Hastig und irgendwie wütend, zupfte ich an meinem Kleid umher und drehte mich von ihm weg. "Nezaky.", sprach Douma. Auch er klang angeschlagen, trotzdem weitaus überlegender als ich. Ich reagierte nicht und ging zur Tür. Meine Schatten wogten hinter mir her wie ein Umhang.

"Nezaky!" "Lass mich! Du bist ein Monster." Mit einem Ausbruch meiner Macht, der wie ein Donner alles zum Beben brachte, trat ich die schwere Tür auf und hüllte mich komplett in Dunkelheit, um meine wahre Gestalt zu verdecken.

"NEZAKY!"

Meine Augen brannten. Ich hielt es nicht mehr aus und ließ meine Schatten von ihnen fallen. Dann rannte ich hinaus in die Nacht. Ich hatte auch Hunger.

Blended Blood || Demon Slayer DoumaΌπου ζουν οι ιστορίες. Ανακάλυψε τώρα