XXII

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Drei Tage später

"Ich weiß wirklich nicht, wozu das gut sein soll. Ich habe genug Kleidung.", beschwerte ich mich und wand mich unter dem Maßband des Schneiders.
Er hatte sich mir als Kimatu vorgestellt.

"Haltet still. Wir sind gleich fertig. Ihr seid dünner, als ich erwartet hatte.", sprach er konzentriert und ohne den Blick von seinem Maßband zu nehmen. Ich verdrehte die Augen.

War das jetzt Lob oder Beleidigung gewesen?

Ich konnte mich nicht daran erinnern, ob jemals jemand von mir Maß genommen hatte. Kimatu arbeitete bereits seit zwanzig Jahren als Stylist für Douma. Das hatte er zumindest behauptet.

Es wunderte mich ganz und gar nicht, dass Douma einen persönlichen Stylisten hatte. Ich musste mir eher das Lachen verkneifen.
"Ich habe Kleidung.", behaarte ich weiter. Auch wenn er auf seine Art freundlich war, reizte mich seine pure Anwesenheit. Ich hatte zuletzt vor drei Tagen gegessen. Und zwei mickrige Menschen hielten nicht lange satt.

"Ich soll etwas für Euch anfertigen, Herrin." Schon wieder dieses Wort. "Ich habe doch gesagt, du sollst mich Nezaky nennen." Kimatu ließ sein Maßband zurückschnellen und fokussierte sich dann auf einen Zettel, den er auf ein Klemmbrett geheftet hatte.

"Ich weiß, Herrin. Die Anweisung kommt von Meister Douma und ich möchte es mir mit ihm wirklich nicht verscherzen. Er ist mein bester Kunde."

Und wahrscheinlich der einzige. Kimatu sprach es zwar nicht aus, aber ich konnte ihm die Worte ablesen. Sie standen ihm förmlich auf die Stirn geschrieben. "Ich bin fertig. Zwei Tage."
Eine letzte Notiz auf seinem Zettel und er sah auf.

Zum ersten Mal sah er mir direkt in die Augen. Was er sich dabei wohl dachte? Wenn es ihm Angst machte, nur leeres Weiß darin zu sehen, so zeigte er es nicht.

Allerdings veränderte sich sein Geruch und kleine Schweißperlen sammelten sich an seinem schwarzen Haaransatz. Er war eingeschüchtert, obwohl ich ihm unbeteiligte Blicke schenkte. Eine bemerkenswerte Selbstbeherrschung.

Doch bei der Vorstellung, wie oft er Douma gegenüber gestanden hatte, wunderte es mich nicht. Allein dieser Beherrschung verdankte er womöglich sein Leben.

"Auf Wiedersehen, Herrin Nezaky.", seine Stimme klang etwas heiser. Es war wirklich niedlich, wie er versuchte, die Beherrschung ja nicht zu verlieren. Dabei hatte ich ihn längst durchschaut.

"Auf Wiedersehen, werter Kimatu.", erwiderte ich mit einem amüsiertem Grinsen. Sein Gesichtsausdruck daraufhin war Goldwert. Blanke Panik. Kimatu verbeugte sich tief und schnell und verschwand auf flotten Schritten durch die Tür.

Ob er es wusste? Wusste er, dass er für einen Dämon arbeitete? Dass es Dämonen gab? Oder dachte er womöglich, wir seien Götter? So, wie alle anderen hier auch von Douma dachten? Vielleicht würde ich ihn das beim nächsten Mal fragen.

Ein paar Minuten später, nachdem Kimatu verschwunden war, klopfte Runame an der Tür. Ich erkannte sie an den gleitenden, gleichmäßigen Schritten und dem zaghaften Klopfen. Ich ließ sie reinkommen.

Sie räumte die Stoffe weg, die Kimatu zurückgelassen hatte und stellte die Ordnung des Zimmers in ihren Urzustand zurück. Wie jeden Tag, obwohl ich wirklich nicht viel anrührte. Manchmal fragte ich mich, ob sie vielleicht absichtlich in meiner Nähe sein wollte.
Aus welchem Grund auch immer.

Hin und wieder erwischte ich sie, wie sie mich beobachtete oder mein Verhalten analysierte. Sie war womöglich schlauer, als ich gedacht hatte. Schlauer, als ihr guttat. Als sie fertig war, stand ich im Badezimmer vor dem Spiegel, der vor zwei Tagen neu eingebaut worden war.

Blended Blood || Demon Slayer DoumaWhere stories live. Discover now