XIX

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Nezaky

Er führte mich durch etliche Gänge und noch mehr Treppen. Wir sprachen kein Wort, während ich als sein Schatten hinter ihm her lief.

Als wir schließlich um noch eine Ecke bogen, die genauso aussah wie alle anderen Abzweigungen auch, erkannte ich es wieder. Den Flur zu diesem Zimmer. Ich wollte ihn überholen und alleine vorangehen, doch er hielt mich ab, machte zwei schnelle Schritte und stand schon an der Tür.

Mit einem selbstgefälligen Schmunzeln öffnete er die Tür und sah mich direkt an. Seine regenbogenfarbenen Augen strahlten. Ich schaffte es nicht, den Blick lange zu erwidern, verschränkte die Arme vor der Brust und lief strickt an ihm vorbei.

Sein Geruch strich wie ein sinnlicher Hauch meine Nase. Vanille und Eisenerz. Ich krallte innerlich meine Fingernägel in meine Oberarme. "Ab hier komm ich allein zurecht. Einen schönen Tag.", säuselte ich spitz. Äußerlich unbeeindruckt betrat ich das Zimmer und unterdrückte fürs erste die auf mich einrieselnden Eindrücke und Erinnerungsfetzen.
Das, was davon übrig war.

Ein eiskalter Windzug fuhr meinen Körper entlang und hinterließ ein kitzelndes Stechen in meiner Wirbelsäule. Als ich herumfuhr, glitt Doumas Blick über meinen Körper. Langsam und forschend. Analysierend. Und neugierig.

Als er mit seinen Blicken endlich wieder in mein Gesicht fand, zog ich erwartungsvoll und gelangweilt eine Braue nach oben. "Ist was?"

Douma öffnete die Tür richtig und stürzte sich mit einer Hand am Türrahmen ab. "Was ist das letzte, an das du dich erinnerst?" Seine Stimme war tief. Sein dunkles Grinsen sprach Bände.

Ich ließ meine Arme wieder locker. Wenn er wirklich dachte, er würde damit durchkommen, mich so zu behandeln, hatte er sich mit der Falschen angelegt! Aber ich stieg in sein Spielchen ein.

"Hmm, mal sehen.", sprach ich absichtlich hoch und übertrieben nachdenklich, "Wer warst du gleich nochmal?"
Doumas tiefes Lachen ließ mich innerlich schaudern. Die Gänsehaut wurde zu meinem Glück von meiner Kleidung verdeckt.

"Also ich erinnere mich an so einiges." Sein Blick fuhr von mir zum Balkon, der abgeschlossen und abgedunkelt war. Draußen ging bereits die Sonne auf. Ich lachte und machte ein paar langsame Schritte auf ihn zu.

Er sollte jeden einzelnen wunderbar beobachten können. Und das tat er auch. "Du meinst diesen Moment, als du mich berühren wolltest, um mich zu überreden, dir mein kostbares Blut zu geben? Oder diesen Moment, als du nicht einmal dazu in der Lage warst, dich zu bewegen, als ich rückwärts übers Geländer flog und mit bereits durchbrochener Wirbelsäule unten aufkam?"

Meine Stimme so süß wie Honig, den ich ihm um die Lippen schmierte. Ganz im Gegensatz zu meinen Worten. Ich stand nun vor ihm. Hatte mit jedem Schritt meinen Geist gefestigt und starrte ihm jetzt erbarmungslos in die nicht vorhandene Seele hinter seinen so wunderschönen Augen.

"Was denn? Hat es dir etwa die Sprache verschlagen?", machte ich mich flüsternd über ihn lustig und kam ihm noch viel näher. Ich stellte mich auf Zehenspitzen. Obwohl ich jetzt größer und stärker war, überragte er mich immer noch.

"Du kannst dich erinnern.", sprach er leicht heiser und teilweise überrascht. Unbeeindruckt nahm ich wieder Abstand. Und atmete. "Natürlich. Wie könnte ich das jemals vergessen?", erwiderte ich rhetorisch.

Das Geräusch brechender Knochen. Das Gefühl - oder das nicht vorhandene Gefühl - meines fallenden Körpers. Ja, Muzan war in meinen Kopf eingedrungen. Das hatte ich bereits in der ersten Woche nach meiner Wandlung bemerkt.

Aber er war zu oberflächlich gewesen. Er hatte die Willenskraft meines Geistes unterschätzt. Ich erinnerte mich nicht mehr an mein früheres Leben. Ich wusste, dass ich mal ein Mensch gewesen war. Schwach, naiv, gebrechlich.

Blended Blood || Demon Slayer DoumaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt