XXIII

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Ich saß vor meinen Spiegel und starrte seit unzähligen Minuten in meine weißen Augen. Für alle anderen war das mein Erscheinungsbild. Manchmal fiel ich sogar selbst darauf rein.

Ich konnte mir kaum erlauben, diese Tarnung jemals abzulegen. Auch wenn ich hier allein in meinem Zimmer saß, konnte ich nicht wissen, wann Runame zur Tür reinkam oder jemand anderes, den Douma schickte, um mir auch den letzten Rest Freiraum zu nehmen.

Ich hatte über sein Angebot nachgedacht. Selbst wenn ich es nicht zugeben wollte, war es wirklich eine gute Idee gewesen. Aber was würde das aus uns machen?

Bei allen sieben Höllen, ich wollte und konnte mir nicht vorstellen, jeden Tag mit ihm arbeiten zu müssen. Unsere Gespräche waren mir schon zu viel - seine pure Anwesenheit und die Tatsache, das er atmete.

Ich erschrak bei diesen Gedanken.
Es waren nicht meine. Zumindest nicht vollständig. Muzans Keim in meinem Kopf ließ mich öfter Dinge denken und sehen, die ich nicht so sah. Und sein Blut in meinen Adern machte es mir nicht einfacher, mich aus seinem Bann zu lösen.

Es klopfte. Ich zuckte kaum merklich zusammen und drückte den Rücken durch. Im Spiegel trafen leere Augen meine.
Runame kam herein. Sie verbeugte sich und schloss die Tür hinter sich. Im Arm hielt sie einen dunklen, samtig schimmernden Stoff. Ich legte den Kopf skeptisch schief.

"Ich bringe Euer Kleid. Wie es aussieht, brauche ich mich um den Rest nicht mehr zu kümmern.", summte sie in einem hellen Ton und legte das schwarze Kleid auf das Bett. Sie hatte recht, ich hatte bereits meine Haare gemacht.

Ich hatte sie in einen lockeren, hohen Pferdeschwanz gebunden und goldene Fadenbänder eingesetzt, die perfekt zu meinem silberweißen Haar passten.
Ich zog meinen Seidenkimono enger um mich und stand auf.

Dieses Kleid. Ich.. Ich kannte es. Runame beobachtete jeden meiner Schritte, aber es war mir egal. Von Erinnerungen getrieben, nahm ich das Kleid in beide Hände und ließ es sich bis zum Boden entfalten.

Tatsächlich. Es war das Kleid, dass ich am Tag meines Todes getragen hatte. Meine Hände verkrampften sich in dem weichen, dünnen Stoff.
"Ivanaka."
Ich schnellte zu Runame rum und katapultierte sie an die Wand. Meinen Unterarm an ihren Hals gedrückt.

"Was soll das?!", zischte ich sie an. Meine Zähne pochten, mein Fingernägel wurden zu rasiermesserscharfen Krallen. Runame erstarrte vor Angst. "Ich.. Ich sollte.. es für Euch.. zurechtlegen.", brachte sie keuchend hervor.

Ihr Herzschlag war so laut, dass ich ihn hören konnte. Sie roch so wunderbar nach Angst. Sie log. Oder sie log nicht und Douma wollte, dass das hier so läuft. Ihre Nasenflügel bebten und Schweißtropfen bildeten sich auf ihrer Stirn. Sie versuchte, Abstand zwischen meinen Arm ihren Hals zu bekommen.

Ich konnte nicht abschätzen, ob sie mich belog. Mit einem Knurren ließ ich die kleine Frau auf den Boden sinken und drehte ihr den Rücken zu. "Ich werde etwas anderes tragen." Damit war unsere nette Unterhaltung beendet.

Aber die Zeit verging viel zu schnell.
Ich hatte mich für ein schlichtes rotes Kleid entschieden. Es hatte im Kleiderschrank gehangen und an ihm klebten weder Blut noch irgendwelche Erinnerungen.

Runame hatte mir - wenn auch mit sehr zittriger Stimme - den Weg beschrieben. Die Sonne war bereits untergegangen und Kerzen leuchteten mir von Wandleuchtern den Weg. Nun stand ich vor einer großen, schweren Tür.

Ich könnte umdrehen. Soweit ich die Lage beurteilen konnte, war Douma noch nicht da. Ich hörte weder Schritte noch Stimmen. Doch wenn ich jetzt umdrehen würde, würde ich nie wieder schlafen können. Ich atmete tief durch und schlug die schwere Flügeltür förmlich auf.

Blended Blood || Demon Slayer DoumaWhere stories live. Discover now