XV

318 26 5
                                    

"Nezaky, Nezaky."
Ich öffnete meine Augen, nur um in das pure Höllenfeuer zu starren. Ein Mann stand vor mir, leicht in meine Richtung gedreht. Seine blutroten Augen fuhren mich ungeduldig ab.
Dieser Mann. Ich kannte ihn. Sein Name war.. Muzan. Ich war mir sicher, dass er sich mir nie vorgestellt hatte, doch ich wusste seinen Namen.

"Nezaky, Nezaky."
Ich hörte tief in mir seine Stimme. Sie zog sich durch meinen Körper, mein Blut. Nezaky. War das mein Name? Ich.. Ich hatte ihn vergessen.
Ich sah mich um. Dieser Ort kam mir fremd und gefährlich vor, obwohl es nur ein einfacher, unmöblierter Raum mit vier großen Schiebetüren war.

"Nezaky, Nezaky."
Mein Name. Aber ich hatte auch einen anderen. Einen, an den ich mich nicht erinnern konnte. Meine Atmung ging schneller. Wo war ich? Warum war ich hier? Und wie kam ich hierher?

Muzan sah mich wütend und entnervt an. Mit einem Satz stand ich auf meinen Beinen. Ich verlor keine Zeit. Ich blinzelte einmal und schon war ich weg. Der Boden unter meinen Füßen brannte, so schnell bewegte ich mich. Es war ein Kinderspiel, als hätte mein Körper es nie anders gemacht.

Ich sprang ganze Treppen hinauf und herunter, ohne einen Widerstand meiner Knochen zu spüren. So flink und wendig wie ein Raubtier schoss ich um Ecken und durch etliche Räume. Ich wusste nicht, wohin mich meine Instinkte lenkten. Ich wusste nur, dass sich in mir ein Druck anstaute, den ich loswerden musste.

Und ich spürte, wie der Druck nachließ, als ich wie eine einzige Windböe durch diese Dimension schoss, die ich nicht kannte.
"Nezaky!"

Ich fiel. Der Boden unter mir verschwand. Muzans brutale Stimme vibrierte überall um mich herum. Ich fiel immer weiter, bis ich seine enorme dunkle Kraft wieder kristallklar spüren konnte. Und ich rauschte direkt darauf zu. Mit dem Klang eines Musikinstruments drehte sich die gesamte Dimension, in der wir uns befanden, einmal um hundertachtzig Grad.

Und mit einem Knall, der mir sämtliche Knochen hätte brechen müssen, kam ich auf dem Holzboden auf, von dem aus ich losgesprintet war. Der Dämonenkönig hatte sich keinen Millimeter bewegt.
Zitternd raffte ich mich auf. Keinen Augenblick später floss ein Schub neuer Energie durch meine Muskeln und das schwache Zittern schwand.

"Du bist gestorben, Nezaky. Ich habe dich zu einem meiner sechs zunehmenden Dämonenmonde gemacht.", erst jetzt wandte er sich mir vollständig zu. Er bückte sich und seine Augen brannten sich durch mein Innerstes. "Douma hat dich getötet. Du hast mein Blut in dir. Du weißt, was das heißt."

Eine Frage und eine Antwort gleichzeitig. Nein, ich wusste verdammt nochmal gar nichts. Ich erinnerte mich an überhaupt nichts.
Douma. Dieser Name.

Ein Bild leuchtete vor meinem inneren Auge auf. Langes, hellblondes Haare. Ein großer Mann mit spitzen Zähnen. Größer als Muzan. Und der Duft von Rosenholz und Eisen.
"Nezaky."
Zum ersten Mal reagierte ich auf meinen Namen.

Muzans Blick blieb unverändert. Diese Wut, die er ausstrahlte, war Jahrtausende alt. "Ja.", antwortete ich und ein angeborener Instinkt brachte mich auf die Knie. Ich wusste nicht genau, warum. Ich stellte es nicht infrage.

Seine Atmung ging stoßweise. Stoßweise, weil er versuchte, seinen Zorn zu zügeln. "Wir werden uns später über deine Fähigkeiten und dein Wissen unterhalten. Jetzt habe ich erstmal ein Geschenk für dich."

Mit diesen Worten öffnete sich eine der Schiebetüren im Raum. Zum Vorschein kam eine ganze Ansammlung an Menschen. Frauen. Sie hockten wie Hühner aufeinander. Wimmerten, weinten, jammerten.
Ich sah zu Muzan. Was wollte er von ihnen? Doch als ich zu ihm sah, stand er nicht mehr da, wo er gestanden hatte.

Er stand nun weiter abseits und beschäftigte sich mit einem Notizbuch in seiner Hand. Ich sah also wieder zu den Frauen. Mit langsamen Schritten ging ich auf sie zu, doch mit jedem meiner Schritte wurden ihre Schreie lauter.
Ich verstand es nicht. Verstand gar nichts, bis mein Magen knurrte. Und mir der Speichel im Mund zusammenlief.

Ich stellte es nicht infrage. Ich war nun anders. Anders, und doch schon immer so gewesen. Ich erinnerte mich gar nicht mehr an andere Tage. Als ich eine Hand langsam ausstreckte, bemerkte ich erst, wie blass meine Haut war. Schwarze, lange Fingernägel sprossen wie Krallen aus meinen Fingerspitzen.
Ein Bild von langen, blauen Fingernägeln blitzte auf.
Ich schüttelte den Kopf.

"Töte sie, Nezaky. Friss sie."
Ja, ich wollte es. Ich musste, ich hatte solch einen Hunger. Sämtliche Muskeln meines starken Körpers spannten sich an. Verkrampften vor Gier. Und da fiel es mir wie ein Steine von den Augen. Ich war kein Mensch mehr. Ich war gestorben. Ich war gefallen und meine Knochen waren zerschmettert, noch bevor ich unten aufkam.

Er. Muzan hatte es getan. Und jetzt war ich neu.

Stärker als vorher. Und hungriger. Ich war ein Dämon, denn genauso starrten mich diese armen Wesen vor mir an. Und genauso schrien sie, als ich sie zerfetzte.

Blended Blood || Demon Slayer DoumaWhere stories live. Discover now