XI

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Ich tat in dieser Nacht kein Auge mehr zu. Träume waren ein rationales Konzept. Mein Gehirn verarbeitete nur das Geschehende und da Douma nun mal gezwungenermaßen der Mittelpunkt dieser Geschehnisse war, hatte mein überforderter Kopf wahrscheinlich nur die Informationen falsch aufgefasst.

Zumindest redete ich mir das ein.

Es dauerte unendliche Stunden bis die Sonne aufging. Doch pünktlich mit ihr, kamen auch die drei Damen zu mir herein und versiegelten die Balkontür.

Schwere Schatten hingen in meinem Gesicht, als sie mich ins Bad zerrten, um mich herzurichten. Nein. Ich konnte das nicht. Nicht nach dieser Nacht.
Ich schickte die Frauen hinaus, bis auf eine. Es war die kleinste von den dreien. Die, die mich bei der ersten Begegnung darum gebeten hatte, zu gehorchen. Ich setzte mich fertig hergerichtet zurück aufs Bett.

"Bitte, bring mir eine Nadel und ein Gefäß, in das ich einen halben Liter.. Flüssigkeit füllen kann.", bat ich sie abwesend, "Stell keine Fragen."

Und sie gehorchte, wenn auch mit einem ungläubigen Blick. Minuten später kam sie wieder. Mit den Materialien, die ich erbeten hatte. Ich schickte sie heraus, um zu warten. Als ich fertig war, lief ich mit schwummriger Sicht zur Tür und gab der Frau das Gefäß in die Hand.

"Bring ihm das. Sag ihn 'Damit sind mir quitt.', und dass ich keine Lust auf seine Vorstellung habe."
Die kleine Frau hatte viele Fragen, doch ihre Lippen bewegten sich nicht.

"Wie ist dein Name?", fragte ich etwas sanfter. "Runame, wenn es Euch beliebt.", antwortete sie freundlich und ihr Lächeln wärmte mein Herz auf eine Weise, wie ich es lange nicht gespürt hatte.

Ich nickte ihr respektvoll zu, dann ging sie, um Douma meine Nachricht zu übermitteln. Und mein Blut. Zum Glück war das Gefäß nicht durchsichtig gewesen.

An diesem Tag bekam ich keine Antwort und auch keinen Besuch von ihm. Er hatte den Deal akzeptiert.

Die nächsten zwei Tage machte ich es genauso.
Die Frauen kamen, ich schickte zwei weg und bat Runame vor der Tür zu warten. Gestern hatte ich weniger Blut abgenommen. Ich spürte seit heute meine Zehen kaum noch. Mir wurde auch immer schwindeliger. Mein Körper fühlte sich fremd an.

Doch genau das war mein Plan. In drei oder vier Tagen würde mein Herz vor Erschöpfung und Sauerstoffmangel aufhören zu schlagen.
Jede Nacht stand ich am Balkon und sah über die Berge hinweg. Der sommerliche, süße Wind kitzelte meine empfindliche Haut und ich horchte der Melodie des Glaswindspiels.

Heute Nacht stand ich auch hier. Ich sah schon lange in die Sterne, während der Mond aufging und mir satt ins Gesicht leuchtete. Ich vergaß langsam, wie sich die Sonne auf der Haut anfühlte.

"Ykata?", flüsterte ich in eine Brise hinauf in den Himmel. "Es tut mir leid. Ich bin nicht so wie du. Ich hatte nie das Potential. Die Kraft. Ich habe es versucht, doch wie du siehst, habe ich versagt, lieber Bruder."
Ich wartete lange auf eine Antwort, die nicht kommen würde.

"Verzeih mir. Wir werden uns bald wiedersehen. Ich habe keine Lust mehr. Du und unsere Arbeit, das hatte mir einen Sinn gegeben. Doch ich werde wohl nicht zulassen können, dass Dämonen diese Welt übernehmen. Also, vielleicht ist es doch keine Niederlage. Sehen wir es doch als taktischen Rückzug. Von mir bekommen sie nichts."

Und ich lächelte, als mir die Tränen übers Gesicht liefen. Eine Sternschnuppe zischte über den Nachthimmel.

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Douma

Es war nun der dritte Tag, an dem ich ein dummes Behältnis mit ihrem erkalteten Blut bekam. Dachte sie wirklich, ich würde mich auf lange Sicht auf so einen - für mich - nachteiligen Handel einlassen? Nein, nein.

Ich wusste zudem, was sie vorhatte. Menschen hatten so schwache Körper. Diesen ständigen Blutverlust würde sie nicht mehr lange vertragen, egal, wie niedrig die Portion auch war. Ihre Fantasien hatten sie wirklich vor mir abgeschreckt.

Es war wirklich zu niedlich gewesen. Wie sie dort gelegen hatte. In meinem Bett. Die Hände ins Laken gekrallt. Und wie sie auf ihre Unterlippe gebissen hatte. Ob sie bereits dahintergekommen war, dass es mein Zimmer war, in dem sie nachts schlief?

Sie hatte ja wirklich geglaubt, dass eine Kommode vor der Tür mich aufhalten könnte. Herzzerreißend. Allein der Fakt, dass sie von diesem Geräuschen nicht wachgeworden war, sprach dafür, wie tief sie in ihrer Traumwelt gesteckt hatte.

Ich wäre ja gar nicht darauf gekommen, dass sie so von mir träumte, hätte sie nicht meinen Namen gestöhnt. Ganz leise, vollkommen außer Atem.
"Herr? Herr, habe ich etwas Falsches gesagt? Vergebt mir. Vergebt mir!!"

Dieser mickrige Wurm zog mich aus meinen Gedanken. Ach ja, ich hatte ihn vollkommen vergessen. Er faselte schon eine Weile vor sich hin. Da war ich wohl weggedriftet. Ich kicherte in meinen Fächer.

"Nein, du hast nichts Falsches gesagt. Bitte, nehm im Nebenzimmer Platz. Ich werde sehen, was ich für dich tun kann.", säuselte ich ihm die Lügen nur so entgegen. Das Glück in seinem Gesicht war unbeschreiblich befriedigend. Er konnte es kaum erwarten, eins mit mir zu werden.

Als Nächstes kam eine junge Frau. Ich verdrehte innerlich die Augen. Ich hatte gerade eine wundervolle Idee bekommen. Ivanaka konnte es wahrscheinlich kaum erwarten, sie zu hören.
Sie vermisste mich sicher schon tierisch.

Drei Tage hatte ich sie nicht gesehen. Meine Kehle lechzte nach ihren frischen Blut, dass ich die letzten Tage nicht einmal angerührt hatte. Vielleicht würde ich sie ja wieder im Schlaf überraschen...

Blended Blood || Demon Slayer DoumaWhere stories live. Discover now