21. Kapitel

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Ich hatte keine Ahnung, wie wir es schafften zu mir nach Hause zu kommen, doch fand ich mich kichernd in den starken Armen des jungen Mannes wieder. In meinem Flur.
Ich wusste später nicht mehr, was mich dazu trieb, ihn an der Hand zu nehmen, mein Zimmer zu betreten und ihn anzugrinsen. Er überbrückte den Abstand zwischen uns, drückte seine Lippen auf meine und presste meinen Körper gegen seinen. Eine Welle des Glücks durchfuhr mich, als er begann mir meine Kleidungsstücke auszuziehen. Ich tat es ihm gleich, wusste, dass ich jetzt eine riesige Dummheit beging, doch hatte ich keinerlei Kontrolle mehr, über das, was ich tat.

Am nächsten Morgen erwachte ich, mit Kopfschmerzen, wusste im ersten Moment nicht, wo ich mich befand. Es war schrecklich warm, ich schwitzte, wie verrückt. Halt, ich war nackt, hatte nichts an und neben mir lag, wie ich heraus fand, als ich den Kopf zur Seite drehte, ein, ebenso nackter Mann. Thaddeus. "Scheiße.", murmelte ich, kletterte aus dem Bett, versuchte ihn dabei nicht zu wecken und suchte mir dann sofort meine Kleidung zusammen, um ins Badezimmer zu verschwinden. Als abgeschlossen war, betrachtete ich mich im Spiegel, sah wieder einmal das Bild eines viel zu dünnen Mädchen. Müde, von Ereignissen gezeichnet, die niemand realisieren konnte. Seufzend zog ich mir etwas an, kämmte meine Haare, versuchte irgendwie wieder Leben in mein Gesicht zu zaubern, um dieses leichenähnliche Aussehen zu kaschieren.
Wie konnte ich so dumm sein? Thaddeus war mein bester Freund, zwar noch nicht lange, aber er war es, gehörte in die Friendzone, nicht in mein Bett. Ich hatte Ardian geküsst, danach mit dessen und meinem besten Freund geschlafen, da sage mir mal jemand, wie ich mit dieser Situation umgehen muss. Thaddeus werde ich niemals wieder gegenüber treten können, er würde sich etwas darauf einbilden, garantiert. Wie konnte sowas passieren? Freundschaft Plus nannten das die Teenager zur heutigen Zeit, doch dachte ich immer, dass es alles quatsch war. Entweder man führte eine Beziehung mit allem drum und dran oder man war befreundet, ein Zwischending sollte es nicht geben. Ob Thaddeus das verstehen würde, dass er nur ein One-Night-Stand von vielen war, es niemals mehr zwischen uns geben würde? Ich wollte keine Beziehung führen, würde warscheinlich jetzt sowieso meine Achtung vor meinen Freunden verloren haben, immerhin hatte ich es mit zwei Jungs an einemTag getrieben. Ok, Ardian hatte ich nur geküsst, bzw. er mich, aber reichte das nicht schon aus? Man fühlt sich wie eine Schlampe, der einer nicht gut genug ist.
Hatte Thaddeus es darauf angelegt, mich flachzulegen? War er deshalb mit mir zu diesem Platz gegangen und hatte mich abgefüllt? Hatte er das alles inszeniert, weil er unbedingt mit mir schlafen wollte? Wegen Ardian? Warum sonst?
Meine Gedanken drehten sich im Kreis, brachten mich einer Lösung meines Problems jedoch nicht näher.
Leise schloss ich die Badezimmertür wieder auf und schlich zurück in mein Zimmer. Thaddeus schlief immer noch, wie ein Stein, ich musste lächeln, da er schon irgendwie süß aussah, wie er dort lag, so entspannt, mit diesem glücklichen, sorglosen Ausdruck auf dem Gesicht. Ich beneidete ihn, wegen seines Lebens, wollte ich doch zu gern auch einmal sorgenfrei, entspannt in einen Tag starten.
Bereits vor dem Tod meiner Mutter hatte ich mit mir selbst zu kämpfen, natürlich noch nicht so hart, aber der Selbsthass war schon lang in mir, wütete viel zu oft in meinem Inneren, nutzte jede Gelegenheit, um mich weiter zu zerstören. Meine Freunde, bei denen ich früher oft übernachtete oder sie bei mir, hatten mir oft gesagt, dass ich selbst im Schlaf nachdenklich, beinahe besorgt aussah, warscheinlich noch mehr, als tagsüber, denn Emotionen konnte man verstecken, solange man sich diesen bewusst ist. Ich hatte es jahrelang getan, jegliche Gefühle vor jedem verborgen, sodass es niemandem möglich war, mich auf meine Probleme anzusprechen. Ich war eine gute Schauspielerin, beherrschte es ausgezeichnet den Menschen um mich herum die Fassaden zu zeigen, die sie sehen wollten.
"Was starrst du mich so an?" Thaddeus blaue Augen musterten mich spöttisch, während ich weiterhin wie angewurzelt mitten im Zimmer stand und keine Erklärung zu seiner Frage hatte. "Alles gut?", fragte er jetzt, ehe er sich aufsetzte. Oh bitte nicht Thaddeus. Er war natürlich immer noch nackt, sah mich jetzt allerdings mit großen Augen an. "Haben wir...?" Ich nickte: "Du kannst dich an nichts mehr erinnern?" Kopfschüttelnd schlang er sich meine Bettdecke um seinen Körper und sammelte seine Klamotten zusammen. "Lass uns das einfach vergessen, ok? Es ist nie geschehen.", fragte ich hoffnungsvoll, woraufhin er schnell nickte, ins Badezimmer verschwand und fünf Minuten später meine Wohnung, schnellen Schrittes, verließ. Damit hatte ich meinen besten Freund verloren, würde ihn nie wieder zurück bekommen.
Ich seufzte, starrte einige Zeit lang traurig auf die Haustür, ehe ich mich der Küche zu wandte, um etwas Essbares zu finden.
Zum ersten Mal seit Tagen fragte ich mich, wo Phillip abgeblieben war. Im Haus befand er sich jedenfalls nicht, sicherlich im Büro oder irgendeinem Hotel, mir konnte es egal sein. Vielleicht hatte er ein neues Flittchen gefunden. Vielleicht aber auch nicht.
In diesem Moment hätte ich gern jemanden zum reden gehabt, eine Fteundin, einen Freund oder auch meine Mutter, Hauptsache ich würde über das Geschehene diskutieren können, brauchte Rat, Unterstützung, ich wusste allein einfach nicht weiter.

Gegessen hatte ich nichts, Kühlschrank leer und zu faul zum Kochen. Ja, mein Leben war schon stressig.
Ich wollte nicht mehr nachdenken, weshalb Rumliegen als Beschäftigung schonmal nicht in Frage kam, Einkaufen auch nicht, da es zu warm draußen war, doch andere Dinge wollten mir einfach nicht einfallen.
Im Rewe konnte man sich ausnahmsweise einmal völlig frei bewegen, hatte ich nicht erwartet,  aber scheinbar fühlten viele andere Menschen mit mir und blieben Zuhause. Je länger ich nach meinen Bedarfsdingen suchte, dazu zählten auch länger haltbare Lebensmittel, wie Nudeln oder Kekse, desto genervter schob ich meinen Wagen, der natürlich kaputt war, durch den Laden, schmiss aus Versehen einen, der am Rand des Ganges aufgetürmten, Kaffeestapel um und musste den Dreck dann auch noch wieder aufheben. Meine Laune sank immer weiter dem Tiefpunkt entgegen, dabei war es gerademal Mittag. An der Kasse standen, wie immer, wenn man es eilig hatte, alle Rentner, die bei 30 Grad im Schatten noch nicht in ihrem eigenen Schweiß ertrunken waren und legten ihre Einkäufe so quälend langsam auf das Band, als würden sie bei einer ruckartigen Bewegung tot umfallen.
Nach fast einer halben Stunde hatte ich dann endlich die Möglichkeit meine eigenen Dinge aufzustapeln, erwartete, dass die Verkäuferin anfangen würde, alles einzuscannen, doch kam genau in diesem Moment einer der älteren Herren, die niemals rennen, vorbeigeschossen und drängelte sich vor. Wütend starrte ich seinen Rücken an, wollte am liebsten zuschlagen, traute mich jedoch nicht, weil hier zu viele Zeugen vorhanden wären, die garantiert gegen mich aussagen würden, weil ja die Opa-Oma-Generation, die heutigen Teenager verabscheute.
Nach diesem kleinen Anfall von Gewaltbereitschaft konnte ich endlich meine Einkäufe in den Tüten verstauen und mich auf meinen Todesmarsch vorbereiten, denn der Heimweg würde mein Ende sein.
Natürlich gab es da noch diese gaffenden Jungs in meinem Alter, die anstatt Hilfe anzubieten lieber rumstanden und einem dünnen, 'schwachen' Mädchen beim Tüten schleppen zusehen.

Ausgepackt hatte ich es natürlich nicht, das war definitiv zu viel verlangt, immerhin hatte ich den Mist bereits vom Rewe, die Straße entlang, bis in dieses Haus geschleppt und hatte mir jetzt definitiv eine Pause verdient. Erschöpft ließ ich mich auf mein Sofa fallen.

Drugs ● Ardy (Reupload) Where stories live. Discover now