18. Kapitel

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"Was war das denn gerade?", fragte ich mit klopfendem Herzen, war immernoch geschockt von dieser Aktion gerade vor der Tür. "Das waren aufgedreht Fangirls in freier Wildbahn.", erklärte mir Thaddeus mit finsterem Blick, "Etwas nervigeres gibt es nicht." Meine Verwirrung zeigte sich scheinbar in meinem Gesicht, weshalb der junge Mann mit einer weiteren, diesmal mehr oder weniger aufschlussreicheren Erklärung fort fuhr: "Ich bin YouTuber, Musiker, wie auch immer. Berühmt, kann man schon sagen und werde bereits seit heute Morgen von diesen Dudes da unten gestalkt. Nervt richtig." Ich nickte, fassungslos, über die Dreistigkeit dieser jungen Menschen und über das eben von Thaddeus' Behauptete. Er war YouTuber? Berühmt? Wie soll man auf solch eine Offenbarung denn reagieren? Kreischen? Davon laufen? Zuschlagen? Ok, das wäre ein wenig übertrieben, weshalb ich ihn einfach wortlos anstarrte, reglos da saß, nichts tat. "Bist du noch anwesend?" Sein tiefes, kehliges Lachen riss mich aus meinen Gedanken. "Ähh, ja klar.", ich grinste ihn unsicher an, "Ich fühle mich nur ein wenig dumm, weil ich mir gerade überlege, ob ich dich kennen sollte." Er schüttelte nur den Kopf: "Nein, nein. Wenn du nicht viel mit YouTube am Hut hast, kennst mich wohl eher nicht. Find' ich aber besser so." "Na dann. Beruhigt bin ich trotzdem noch nicht." Er grinste, schaltete den Fernseher ein, hatte nicht einmal gefragt, ob ich zocken wolle, mir einfach nur einen Controler in die Hand gedrückt und entschieden, dass ich jetzt ein Ballerspiel spielen sollte. "Wo ist Ardian eigentlich?", fragte ich, während Thaddeus die Einstellungen des Spiels anpasste. "Du nennst ihn wirklich Ardian?", lachte der Affe neben mir, woraufhin ich, gehässig grinsend, nickte: "Natürlich. Immerhin ist das sein Name." "Du willst aber auch Vive genannt werden, oder sollen wir dich Viviana nennen?", fragte er. "Naja, ihr solltet froh sein, das Privileg zu haben, dass ihr mich so nennen dürft. Seid nämlich die einzigen.", überlegen sah ich ihn an, als er zugeben musste, dass er diese Argumentation verloren hatte. "Also? Wo ist Ardian?", wiederholte ich meine Frage ein weiteres Mal. "Mit Limbo in der City, die wollten noch irgendwo hin.", meinte er, bereits leicht abwesend, da das Game schon begonnen hatte. "Wer ist denn Limbo?", verwirrt sah ich ihn an. Wie viele Mädchen hatte er am Start? "Limbo ist Lunas Spitzname.", erklärte Thaddeus, mittlerweile starrte er nur noch, wie gebannt, auf den Bildschirm, aber seine Antwort klärte einige Fragen in meinem Kopf auf. Erstens hatte er definitiv eine Freundin, zweitens gab es scheinbar keine Andere und drittens, ich würde auf Abstand gehen, wollte niemand sein, der Beziehungen zerstört.
Seufzend ließ ich mich nach hinten fallen, als mein 'bester' Freund neben mir, mich laut anschrie, dass ich doch gefälligst aufpassen solle und ihm helfen sollte, diese seltsamen Menschen abzuknallen. Wie konnte man nur so begeisterungsfähig für Ballerspiele sein? Ich konnte mich nichtmal für eine Minute durchgängig darauf konzentrieren, immer wieder wanderte mein Blick zum Fenster, ich starrte nach draußen, bis Thaddeus mich ermahnte aufmerksam zu bleiben.

Gerade hatte er mir fest gegen mein Schienbein getreten, um mich auf meiner Gedankenwelt zu reißen. "Mädel, du bist schlechter als Ardy und der ist schon grottig.", lachte er und drückte auf den Power-Knopf der Konsole. "Ich begeistere mich dafür nunmal nicht.", meinte ich trotzig, verschränkte die Arme vor der Brust und hob mein Kinn ein wenig. "War doch nicht böse gemeint.", er knuffte mich kurz in die Seite, als ich allerdings darauf nicht reagierte, umarmte er mich plötzlich von Seite, woraufhin ich so geschockt war, dass ich selbst das atmen vergaß. Er ging ein wenig unsicher auf Abstand, sah mich leicht verwirrt an, ich erwiderte seinen Blick entschuldigend. Mir war das wirklich unangenehm gewesen gerade, fragte mich aber warum, da ich sonst auch nicht so verklemmt war. Oder vielleicht doch?
"Du denkst über irgendwas nach.", stellte er plötzlich fest, riss mich damit mal wieder aus meinem Gedanken. "Nein, gar nicht.", eigentlich sollte das nicht ironisch kommen, aber leider schaffte ich es nicht ganz meine Dauerironie zu verbergen.
Er hatte gerade etwas erwidern wollen, als es an der Tür klingelte. Glück für mich, konnte ich meine absolut tiefgründigen Gedanken für mich behalten, musste die Themen, die mich beschäftigten nich mit diesem Jungen teilen. "Ja klar, komm rein.", hörte ich Thaddeus' Stimme im Flur, danach das Getrampel zweier Jungs. Woher ich wusste, dass es zwei männliche Wesen waren? So Trampeln, das konnten nur Männer sein, wir Frauen schweben förmlich durch die Welt. Seufzend winkelte ich meine Beine an, sodass ich eine gemütlichere Sitzposition einnehmen konnte, bevor die Drei ins Wohnzimmer traten. "Hey.", meinte ein Dunkelhaariger, der diesen Mainstream-Undercut-Haarschnitt trug, welcher größtenteils dafür sorgte, dass ich alle Jungs, bzw. Männer hier in Köln gleich fand. Sie sahen einfach alle so aus, wie der Andere, man konnte sie kaum unterscheiden, wenn man nur auf Frisuren achtete. Da stach so jemand, wie Ardian schon aus der Masse, jemand mit etwas gewöhnungsbedürftigen Haarfarben, anderen Frisuren oder gleich welchen, die gar nicht vorhanden waren, weil seine Haare jedesmal aussahen, als wäre er gerade aufgestanden.
Thaddeus piekte mich in die Rippen, woraufhin ich zusammen zuckte, hatte ich das gar nicht erwartet, hatte ich doch nichtmal mitbekommen, wie die Jungs sich zu mir gesetzt hatten.
Jetzt sah ich mich jedenfalls verwirrt um, wurde mir ihren starren Blicken bewusst. Hatte jemand etwas, an mich gerichtetes, gesagt? Mein Stolz verbot mir allerdings nachzufragen, weshalb ich einfach nur ihre Blicke erwiderte und darauf wartete, dass jemand die Frage wiederholte. "Du hast nicht zugehört worum es geht oder?", fragte Thaddeus, versuchte vergeblich sein Grinsen zu unterdrücken. "Doch klar. Ich bin absolut eurer Meinung.", behauptete ich, doch alle lachten, ich auch, hatten sie mich nunmal durchschaut. Na und? Weltuntergang sah anders aus. "Ich kenne eure Namen gar nicht.", stellte ich plötzlich fest, war von einem Moment auf den anderen wieder völlig ernst. Sie sahen mich verwirrt an, waren so perplex, dass sie gar nicht antworteten. "So, jetzt haben wir den Salat.", meinte ich belustigt, "Niemand redet mehr, weil keiner weiß, was der andere sagte." Thaddeus nickte, schien der Einzige zu sein, der noch wusste worum es geht. "Ok, nochmal ganz langsam.", fuhr ich fort, "Ich-habe-euch-nach-euren-Namen-gefragt." Sie starrten mich immernoch verwirrt an. "Man Thaddeus! Hab ich was im Gesicht? Spreche ich ausländisch? Sprechen die ausländisch?", fragte ich aufgebracht und fuchtelte irgendwie behindert mit meinen Händen in der Luft herum. Der Arsch begann zu lachen, es artete bei ihm in einen richtigen Lachflash aus, während ich nur dort saß und ihn ansah, als wäre er vollkommen bescheuert, war er auch, wenn man mich fragt. Thaddeus hörte nicht auf, stattdessen wurde es immer schlimmer, selbst die beiden Anderen, deren Namen ich, frustrierenderweise, immernoch nicht kannte, stimmten in sein Lachen mit ein. Beleidigt sah ich sie an, stand auf und verschwand. Die Jungs bekamen es nichtmal wirklich mit, was mich traurig machte, ich fühlte mich so unsichtbar, dumm und nutzlos. Laut knallte ich die Tür zu, in der Hoffnung sie würden es hören, ich blieb sogar für kurze Zeit davor stehen, wartete auf eine Reaktion, doch blieb sie aus.
Traurig wandte ich mich ab, trottete die Treppe nach unten und musste einsehen, dass es ein Scheißtag war, denn genau in dem Moment, als ich das Haus verlassen wollte, kamen Ardian und Luna zurück.
Ich sagte kein Wort, drängte mich an ihnen vorbei und lief schnellen Schrittes die Straße hinunter.
Ich würde nicht weinen. Warum auch? Was hatte ich erwartet? Große YouTuber, die mit einem kleinen, unscheinbaren Mädchen, wie mir befreundet sein wollten? Also bitte, ich konnte doch nicht ernsthaft so naiv gewesen sein, oder? Doch natürlich, ich war so doof, hatte es tief in mir wohl doch gehofft, jetzt wusste ich es besser. So etwas kann niemals gut gehen, sie stehen zu weit über mir und irgendwie, kannten sie mich auch überhaupt nicht. Ardian konnte sich warscheinlich nicht einmal mehr an die ältere Dame erinnern, die etwas von toter Mutter gefaselt hatte. Er wird diese Worte sicherlich verdrängt haben, wird niemals verstehen können, wer ich bin und warum ich so bin, wie ich nunmal bin.

Drugs ● Ardy (Reupload) Where stories live. Discover now