20. Kapitel

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Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, wie lang ich nun schon in Ardians Armen lag, doch tat es einfach gut. Er hielt mich fest.
Irgendwann löste er sich von mir, hob mein Gesicht und betrachtete mich. Ich hatte keine Wahl, versank tief in seinen wunderschönen Augen. "Vive...", begann er zu sprechen, ich hielt die Luft an, "Du bedeutest mir extrem viel, auch wenn wir uns noch nicht allzu lange kennen und ich echt viel nicht über dich weiß, aber du hast mich von Anfang an magisch angezogen, ich konnte dich nicht vergessen." Ich starrte ihn wortlos an. War das gerade ein indirektes Liebesgeständnis? "Warum sagst du nichts?", fragte er, klang dabei ängstlich, in seinen Augen flackerte leichte Unsicherheit auf. "Ich...Ardian...wir...", stotterte ich, spürte im nächsten Moment die Lippen des Jungen auf meinen. Völlig perplex stand ich verkrampft da, begann dann aber langsam zu realisieren, was hier gerade geschah. Ardian Bora, der schönste Mensch auf Erden, küsste mich, ich erwiderte den Kuss endlich. Unsere Lippen bewegten sich, es passte, als wären wir füreinander bestimmt, doch, wie jeder schöne Moment im Leben musste auch dieser irgendwann zu Ende gehen. Als wir uns voneinander lösten, wurde mir schmerzlich bewusst, dass dieser Junge nicht nur mein Verderben wäre, sondern sich mit der Freundschaft zu mir auch selbst zerstören würde, doch konnte er dies ja nicht wissen. Er wusste gar nichts, war so unwissend. Mein schlechtes Gewissen drohte mich zu ersticken, Tränen stiegen in meine Augen. Warum hatte ich das zugelassen? Warum?
Ardian stand dort, lächelte selig vor sich hin, wirkte unheimlich glücklich, weshalb ich nur noch tiefer in mein Selbstmitleid sank. Ardian musste hier raus. Ich hatte keine Möglichkeit einen klaren Gedanken zu fassen. "Ich bin müde.", meinte ich, rieb mir die Augen, tat so, als müsste ich gähnen, woraufhin Ardian sogar ziemlich bereitwillig nach Hause ging.
Seufzend fiel ich auf mein Sofa, fühlte mich schrecklich, wusste nicht mehr, was ich machen sollte. Am liebsten würde ich unendlich weit weg laufen, in irgendein fremdes Land, wo Ardian mich nicht finden könnte.
Kurzerhand griff ich zu meinem Handy, wählte Thaddeus' Nummer und wartete, dass er abhob. Ich brauchte jemanden mit dem ich reden konnte, jemand dessen Meinung nicht beeinflusst werden konnte. "Hallo?", hörte ich die tiefe Stimme meines Kumpels und brach sofort in Tränen aus. "Vive?", er klang jetzt etwas panisch, meine Schluchzer wurden nur stärker, zu viel Frust, Wut und Selbsthass tobte in mir. "Vive, ich komme zu dir." Mit diesen Worten hatte er aufgelegt, mich mit meinen Leiden allein gelassen, zusammen gesunken auf meinem Sofa.
Kurze Zeit später klingelte es an meiner Tür, zwang mich zum Aufstehen, obwohl ich lieber so hocken geblieben wäre. Meine eigene Dummheit drohte mich unter sich zu begraben.
Thaddeus umarmte mich fest,das zweite Mal, dass mich jemand so umarmt, dich diesmal fühlte es sich nicht so liebevoll an, da er sich recht schnell wieder löste. Meine Tränen wolltennicht versiegen, weshalb ich meinem besten Freund unter Schluchzern berichtete, welche Dummheit ich begangen hatte. "Was ist daran so schlimm?", fragte der junge Mann, doch sah ich in seinem Blick ein kleines Stückchen Eifersucht. Halt, Thaddeus war eifersüchtig auf Ardian? Bitte nicht, bitte Augen, lasst euch getäuscht haben. "Ich habe Ardian geküsst, Thaddeus!", rief ich aufgeregt, fuhr mir durch die Haare, blieb mit den Fingern hängen und stöhnte frustriert auf. "Hey, ist doch in Ordnung. Er mag dich wirklich.", versuchte er mich zu besänftigen, doch wollte ich das gar nicht hören. "Das tut doch gar nichts zur Sache!", fauchte ich, mir war es egal, was Ardian für mich empfand. "Wo liegt dann dein Problem?", der beste Freund des Jungen den ich geküsst hatte, der gleichzeitig auch mein bester Freund war, wurde etwas lauter, woraufhin ich genervt seufzte. "Ich...", leicht gereizt wollte ich anfangen mich zu verteidigen, "er...ach man. Ich bin nicht die Richtige für ihn!" Er starrte mich an, schien zu überlegen, was er sagen sollte. "Wieso? Wie kommst du darauf?" "Du hast doch sowieso keine Ahnung.", murmelte ich erschöpft, ließ mich auf mein Sofa fallen und band meine Haare zu einem Zopf. "Ich würde es verstehen, wenn du mal dein Klappe aufmachen würdest! Ich weiß, dass deine Mutter tot ist, aber das auch nur von Ardy, ansonsten weiß ich nichts über dich. Ich weiß ja nichtmal, wie alt du bist!" Ich drängte die Tränen zurück, stellte mir dieser Junge wiedermal vor Augen, was mittlerweile schon so viele Menschen entdeckt hatten. Ich rede einfach mit niemandem über mich, egal ob Freund oder Fremder. "Ich bin 17.", meinte ich ausdruckslos und sah in seine blauen Augen, die mich traurig musterten. "Du verstehst es nicht oder?", fragte er enttäuscht. Warum war er nun so? Ich hatte nichts falsches getan, geschweige denn gesagt. "Ich habe eine Idee. Hast du Alkohol?", unterbrach er meine Gedanken und verschwand, ohne meine Antwort abzuwarten, in der Küche. Ich stemmte mich stöhnend hoch und folgte ihm. "Dort neben der Geschirrspülmaschine im Schrank ist Bier. Hochprozentiges ist im Wohnzimmer, aber was willst du damit?" Ohne Erklärungen sah er sich unseren kleinen Biervorrat an, schüttelte den Kopf und ging ins Wohnzimmer. Dort schien er fündig zu werden, zog zwei Flaschen Whiskey hervor, packte dann meine Hand und zog mich zur Tür. "Warte mal! Wo willst du hin?", fragte ich verwirrt und stemmte mich gegen ihn. "Nach draußen. Wir spielen jetzt ein Spiel im Rheinpark." Skeptisch beäugte ich ihn.

Letztendlich landeten wir in einem etwas abgeschiedeneren Teil des Parks auf einer alten Bank. Ich wollte gar nicht wissen, woher Thaddeus diesen Platz kannte, da er zielsicher hierher gelaufen war. "Und jetzt?", fragte ich leicht nervös. "Jetzt? Jetzt spielen wir.", erklärte er fröhlich und grinste über beide Ohren, "Wahrheit oder Lüge." Ich kannte dieses Spiel, zu gut, Partyspiel Nummer eins während meiner regelmäßigen Schulzeit. Ich seufzte theatralisch, wusste aber, dass ich keine andere Wahl hatte, wenn ich Thaddeus nicht verlieren wollte. Natürlich würde das alles auf einen Kater am nächsten Morgen, vielleicht sogar einen vollkommenen Blackout hinaus laufen. "Ich will aber anfangen.", bettelte ich grinsend, woraufhin der junge Mann mir gegenüber grinsen musste, nickend signalisierte er mir, dass ich beginnen sollte. "Fangen wir ganz easy an. Wie lautet dein kompletter Name, mit Doppelnamen und allem drum herum?" "Thaddeus Tjarks.", behauptete er vollkommen ernst. "Das ist doch 'ne Lüge, oder?" Grinsend schüttelte er den Kopf. "Jetzt ich. Rauchst du?" Ich schüttelte den Kopf, woraufhin er mich ungläubig an sah, in meine Jackentasche griff und eine 'alte' Schachtel heraus zog. "Lüge.", stellte er fest, öffnete die erste Whiskey-Flasche und drückte sie mir in die Hand. Ich nahm einen großen Schluck, hasste ich dieses Spiel doch so sehr. Thaddeus nahm sie mir leider wieder weg, bevor ich noch mehr trinken konnte. "Ok, gehst du gerne feiern? In Clubs oder so?" Er schüttelte den Kopf, diesmal glaubte ich ihm sogar, doch nahm er trotzdem einen Schluck. "War das jetzt 'ne Lüge?", fragte ich deshalb verwirrt und entriss ihm die Flasche, ich brauchte einfach noch ein wenig Alkohol. "Nö.", lachte Thaddeus, "Aber ich bin wieder. Wann ist deine Mutter gestorben?" Ich starrte ihn an, mir blieben die Worte im Hals stecken. Kurzerhand nahm ich mehr vom Whiskey, es rann mir die Kehle hinunter, erfüllte mich mit Wärme, auf nüchternen Magen fühlte es sich noch besser an. Langsam spürte ich sogar den Alkohol. "Ungefähr ein Viertel Jahr ist es her, dass wir auf dem Weg in die Schweiz einen Unfall hatten. Ja, ich war dabei, ehe du fragst.", erklärte ich ihm, ermutigt durch dieses Teufelszeug, er trank selbst noch mehr.
So ging es immer weiter, bis rgendwann total schreckliche Fragen heraus kamen. Mein Gehirn war mittlerweile so vernebelt, dass sich alles drehte.
Plötzlich sprang Thaddeus auf, zog mich mit sich und begann zu tanzen, wir wankten beide stark hin und her, konnten kaum noch aufrecht stehen, geschweige denn geradeaus laufen, doch versuchten wir irgendwie nach Hause zu kommen.

Drugs ● Ardy (Reupload) Where stories live. Discover now